SCHOTTLANDS GESCHICHTE
DIE BEWEGTE GESCHICHTE SCHOTTLANDS
Wir stellen hier, in Zusammenarbeit und mit freundlicher Genehmigung der VK Histomedia GmbH (Miroque Edition Keltika), die überaus bewegte Geschichte Schottlands dar.
Hier zunächst ein Überblick: Schottlands Geschichte in 10 Kapiteln Helden, schicksalhafte Schlachten, Intrigen: Die schottische Geschichte wirkt wie ein Puzzle aus folgenschweren Ereignissen. Sind jüngere Epochen meist gut dokumentiert, so umgibt das vormalige Geschehen noch immer ein Hauch von Mystik und Legenden.
Bei Schottland Rundreisen mit dem Schottlandtaxi können Sie den Hauch der Geschichte noch spüren.
KAPITEL 1: Der wilde Norden
Die Geschichte der schottischen Besiedlung reicht bis ins Jahr 3000 vor Christus zurück. Zwar weiß man von Nomaden und Jägern, die schon vorher auf der Suche nach Nahrung das Land durchstreiften, doch erst mit festen Dörfern und Siedlungen begann sich eine frühe Kultur zu etablieren. Um diese Zeit begannen die Menschen mit Viehzucht und Ackerbau. Mehrere Kulturen hinterließen ihre eigenen Zeugnisse – wie zum Beispiel Ritzzeichnungen oder gar steinzeitliche Stätten wie Skara Brae. Gegen 1500 vor Christus zerfielen die ersten Kulturen. Fünfhundert Jahre später waren sie durch bewaffnete Kelten komplett verdrängt. Diese brachten ihre eigene Kultur und Architektur mit, wovon die runden Steinhütten (Wheel Houses) und Hügelfestungen (Hill Forts) noch heute zeugen. Langsam breiteten sich die Stämme über das Land aus. Dennoch sollte es beinahe weitere drei Jahrtausende dauern, bis Zivilisationen vom europäischen Festland Kontakt mit ihnen aufnahmen.
KAPITEL 2: Hilfe, die Römer kommen!
Spätestens im Jahre 43 nach Christus war es mit der relativen Ruhe vorbei. Unter dem Kaiser Claudius fielen römische Legionen in die Länder Britanniens ein und stießen erstmals auf die Kelten im Norden. Sie drangen bis nahe der heutigen schottischen Grenze vor und wurden erst von den dort ansässigen Stämmen gestoppt. Diese wurden von den Invasoren als Pikten bezeichnet, da sie ihre Körper von Kopf bis Fuß mit Bildern schmückten. Selbst in heutiger Zeit finden sich noch Hinweise auf ihre Kultur. Steinblöcke mit fremdartigen Symbolen zeugen von ihrem Wirken. Den Römern gelang es nie, das raue Land, das sie Caledonia nannten, ganz unter ihre Kontrolle zu bringen.Sie entschlossen sich daher im Jahre 122 zum Bau einer riesigen Schutzmauer. Der sogenannte Hadrianswall erstreckte sich über rund 120 Kilometer. Letztendlich aber hielt auch er den gegnerischen Angriffen nicht immer stand.
KAPITEL 3: Religiöses Neuland
Im fünften Jahrhundert zogen sich die römischen Besatzer aus ganz Britannien zurück. Nun erwuchs den Pikten jedoch neue Konkurrenz: In zweihundert Jahren kamen Briten, Skoten und Angelsachsen ins Land. Diese vier größeren Stämme gerieten zusehends unter den Einfluss eines neuen Glaubens: Im Jahre 563 gründete der aus Irland geflohene heilige Columban auf der Insel Iona ein Kloster. Von diesem aus verbreitete er das Christentum relativ schnell, da die Stammesführer ihre Herrschaft nun als gottgegeben annehmen konnten. Auch unter der neuen Religion setzten sich Machtkämpfe und Fehden untereinander fort. Das Gerangel endete erst mit dem Ansturm der Wikinger, die im siebten Jahrhundert immer größere Teile des Landes bedrohten. Nun sahen sich die Ansässigen gezwungen, gemeinsam zu agieren. Mit dem Bündnis von 843 und der Gründung des Königreiches Scotia war Schottland das erste Mal unter einem Banner vereint. Kenneth MacAlpine von den Skoten wurde auch von den Pikten akzeptiert und als erster König anerkannt.
KAPITEL 4: Dynastische Klüngeleien
Die MacAlpines regierten Schottland für eine lange Zeit. Sie besiegten die aus Northumbria stammenden Angeln und verleibten sich Edinborough und Lothian ein. So dehnten sie ihr Einflussgebiet weiter nach Süden hin aus. Malcolm III. heiratete eine sächsische Prinzessin und gründete mit ihr eine Dynastie fähiger Herrscher. Sie führten moderne Verwaltung ein und reformierten die religiösen Sitten des Landes. So errichteten sie etwa die großen Abteien im Grenzland. Den adligen Normannenfamilien wurde im Gegenzug zu deren militärischer Unterstützung Land zugeteilt. Doch trotz all dieser modernen Staatskunst blieben die Clans der Highlands weitestgehend autark und unabhängig. Das romantische Bild dieser Hochlandkrieger prägt die Betrachtung Schottlands noch heute.
Die Periode des Friedens wurde jäh beendet, als sich Robert the Bruce und John Balliol um den Thron stritten. Diese Querelen nutzte Englands König Edward I., um seinen Einfluss im Norden auszudehnen. Mit seiner Hilfe erlangte Balliol die Macht, doch verriet der seinen Verbündeten. Er verband sich mit Frankreich und griff den ehemaligen Partner an. Allerdings unterlag er seinem Gegner, der ihn zum Abdanken zwang und das Land besetzte. Edwards Beamte beherrschten nun den schottischen Adel.
KAPITEL 5: Wallace, Bruce und Stuarts
Ein einfacher Mann aus den Lowlands war der Auslöser für den Widerstand gegen England: William Wallace führte einen Guerillakrieg gegen die Besatzer. Mit jedem Sieg wuchs seine Anhängerschaft, die es im Jahre 1297 sogar schaffte, in der Schlacht bei Stirlingbridge siegreich hervorzugehen. Edward hingegen konnte Wallaces Truppe im folgenden Jahr erneut stellen und vernichtete sie in der Schlacht bei Falkirk.
Robert the Bruce, der Enkel des Rivalen John Balliols, hatte sich 1306 zum König von Schottland krönen lassen. Er führte Wallaces Kampf weiter, der 1314 mit dem Sieg in der Schlacht von Bannockburn endete. Nachdem weitere 14 Jahre später ein Friedensvertrag unterzeichnet wurde, begann eine unruhige Zeit der Selbständigkeit. Roberts Familie konnte nun das erbliche Amt des High Stewards für sich beanspruchen. Um ihren Stand deutlich zu machen, änderte sie ihren Namen sogar von FitzAllan in Steward, später Stuart.
KAPITEL 6: ...mit einem Mädchen wird es enden
In der Folgezeit bestimmten die Stuarts weiterhin die Geschicke des Landes- mit wechselndem Erfolg. Sie versuchten, sich gegen einen starken Adel durchzusetzen, verloren sich dabei allerdings oftmals in Intrigen. Die letzte Herrscherin aus diesem Geschlecht war Mary. Sie war die Tochter von James V., der von den Engländern bei Solway Moss geschlagen wurde. Noch auf dem Sterbebett soll er das Ende seines Hauses vorhergesehen haben. Er bezog sich auf das Kind Roberts und sein eigen Fleisch und Blut, als er verlauten ließ: „Mit einem Mädchen hat es angefangen, mit einem Mädchen wird es enden.“ Das Kind wurde nach Frankreich geschickt, während Regenten an seiner statt herrschten.
Da Mary katholisch erzogen wurde, war eine Feindschaft seitens der protestantischen Briten quasi vorprogrammiert. Die Ehe mit zwei als leichtlebig bekannten Männern waren ein Skandal, der sie letztendlich zur Abdankung zwang. Sie wurde genötigt, nach England zu fliehen. Dort wurde sie von ihrer Cousine Elizabeth I. gefangengesetzt und schließlich hingerichtet. Ironischerweise gelang es ihrem Sohn, James VI., durch geschicktes Taktieren und die Stärkung der Gerichtsbarkeit auch die englische Krone zu ergattern. Allerdings verloren seine Nachkommen bald darauf das schottische Äquivalent.
KAPITEL 7: Union und Rebellion
Im Jahre 1707 schlossen England und Schottland den Unionsvertrag, der einen einheitlichen Wirtschaftsraum schuf. Vorarbeit dazu leistete eine beispiellose Bestechungsaktion. Diese sah nicht nur Geldgeschenke, sondern auch den Schutz schottischer Interessen durch die Royal Navy vor. Der Vertrag beendete auch endlich den Zwist zwischen High- und Lowlands. Forts und Befestigungen wurden an wichtigen Stellen errichtet, um jeglichen Widerstand der katholischen Jakobiten niederzuschlagen. 1754 kehrte der letzte lebende Sproß des Stuart-Geschlechts, Charles Edward, aus Frankreich zurück, um Schottlands Thron für sich zu beanspruchen. Militärisch unerfahren, dafür jedoch ungemein gutaussehend: „Bonnie Prince Charlie“ wurde schon zu Lebzeiten als Nationalheld verehrt. Ihm gelangen einige spektakuläre Siege, doch letztlich wurde er in der Schlacht von Culloden vernichtend geschlagen. Später starb er kinderlos als gewalttätiger Trunkenbold in Frankreich. Dieser letzte Aufstand war zudem für die anschließende Säuberung der Highlands verantwortlich, welche die Engländer mit grausamer Härte vorantrieben. Im Zuge dieser Clearances wurde den dortigen Bewohnern untersagt, ihre Tartans zu tragen oder Waffen zu besitzen. Selbst Dudelsackspielen war verboten. Da es keine Privatarmeen mehr gab, wurden einige Schäfer, andere zogen in die Städte auf der Suche nach Arbeit. Die meisten jedoch wanderten aus und siedelten in Nordamerika, Australien oder Neuseeland.
KAPITEL 8: Aufklärung und schnelles Geld
Schottland hatte mit harten Zeiten zu kämpfen: Durch den Unionsvertrag war das Parlament aufgelöst, die Menschen wurden unterdrückt. Dennoch tat es der regen Kultur keinen Abbruch. Gerade jetzt besann man sich auf seine intellektuellen Wurzeln. In Edinborough traten Philosophen wie David Hume und Adam Smith, Soziologen wie Adam Ferguson und Mediziner wie William Cullen ins Licht der Öffentlichkeit. Althergebrachte Glaubensgrundsätze wurden durch neue, bahnbrechende Theorien erschüttert. Gleichermaßen gab es jedoch auch eine Neuerung auf ganz anderem Gebiet: Die Dampfmaschine machte zum Beispiel die Carron-Eisenhütte zur größten Waffenschmiede Großbritanniens. Gigantische Webereien entstanden, und die ersten Dampfschiffe der Welt liefen in schottischen Werften vom Stapel. Glasgow wurde zu einem der bedeutendsten Industriezentren. Bergwerke, Chemiebetriebe, Spinnereien und Metallhütten reihten sich aneinander.
KAPITEL 9: Weg in die Moderne
Durch seine industrielle Größe und gute geographische Lage brachte es Schottland in den beiden Weltkriegen zu großem Wohlstand. Werften und Maschinenbau erhielten viele militärische Aufträge. Das Land wurde von gegnerischen Angriffen weitestgehend verschont. Nach dem zweiten globalen Krieg jedoch brach die Wirtschaft rasch zusammen. Auch die Ölvorkommen in der Nordsee, die hauptsächlich von englischen Firmen genutzt wurden, brachten keine Verbesserung. Schließlich wurden viele Betriebe von der Konkurrenz aus dem Süden übernommen und geschlossen. Dies führte zu einem zunehmend nationalistischen Klima.
Ein 1979 gestelltes Referendum, welches die Wiedereinführung des Parlamentes zum Ziel hatte, scheiterte. Von diesem Zeitpunkt an bis 1997 regierten die Konservativen, obwohl die Mehrheit der Schotten sie nicht gewählt hatte. Erst als die Labour Party schlussendlich gewann, wurde die Idee zur Wirklichkeit. Ein Erster Minister regierte von 1999 an selbständig das Land.
KAPITEL 10: Stolz und Haggis: Schottland heute
Wie kaum ein anderes Volk machten die Schotten aus den Nöten der Vergangenheit Tugenden von heute. Der Widerstand gegen alles Englische gehört zum Nationalgefühl einfach dazu. Die Begeisterung für das Kriegerische ging auf in den Sportarten Fußball und Rugby. Es ist wichtiger als der Gesamtsieg, dass die Mannschaft gegen England gewinnt. In allen Teilen Schottlands ist der Gemeinschaftssinn stark verwurzelt. Ein großer Teil des sozialen Lebens spielt sich nach wie vor in den Pubs ab. Auch wenn das Klischee von kleinen Bergdörfern und Burgen in wilder Landschaft durchaus seine Richtigkeit hat, lebt doch der Großteil der Bevölkerung in den Städten. Durch das teils selbst erzeugte Klischee – sowie durch die unbestreitbare Qualität des schottischen Whiskys – ist das Land heute ein Touristenmagnet. Das Gros der Finanzen wird hierdurch generiert. Ein unbestätigter Spruch besagt, dass sich im Sommer die Zahl der Highland-Bewohner verdoppelt. Bei einer Schottland Reise lässt sich dies und vieles mehr hautnah erleben.
HISTORISCHE DATEN
Historische Daten der schottischen Geschichte
Beginnen wir mit einigen Historischen Daten im chronologischen Überblick.
Ab circa 8.500 v. Chr. (Nacheiszeit ) Besiedlung durch verschiedene
nomadische Stämme
Ab circa 4.000 v. Chr. (Jungsteinzeit) entstehende Steinsiedlungen, etwa auf Orkney
Ab circa 600 v. Chr. (Bronzezeit) werden erste Dörfer befestigt
Ab 55 v. Chr. kommt es im Rahmen der Eroberungsfeldzüge zum ersten Kontakt mit den Römern (auf ganz Großbritannien bezogen)
122 n. Chr. Bau des Hadrianswalls
138 n. Chr. Eroberung der schottischen Lowlands durch die Römer; Versuch, eine neue Grenze zu etablieren: Bau des Antoniuswalls
183 n. Chr. Rückzug der Römer aus Schottland; Hadrianswall wird wieder zur Grenze
Ab circa 300 n. Chr. Invasion Schottlands durch irische Stämme; Besiedlungen im Westen entstehen
Ab circa 400 n. Chr. Christianisierung durch den Heiligen Ninnian; Abzug der Römer
Um 600 n. Chr. wird das Königreich Dal Riata von irischstämmigen Siedlern gegründet
843 n. Chr. wird das vereinigte schottische Königreich Alba gegründet; Cinead mac Alpin wird König
8. bis 9. Jahrhundert n. Chr. nehmen die Überfälle durch Wikinger zu, erste Stützpunkte der Invasoren entstehen
1034 n. Chr. entstand, mit Ausnahme der Inseln, ein größeres Königreich Schottland, das in etwa den heutigen Landesgrenzen entspricht
1292 n. Chr. ernennt ein Schiedsgericht John Balliol zum neuen schottischen König
1296 n. Chr. Schlacht bei Dunbar, England marschiert in Schottland ein, John Balliol wird gefangen genommen und der
englische König Edward wird Herrscher von Schottland
1297 n. Chr. gelingt William Wallace bei der Schlacht um Stirling Bridge ein überraschender Sieg
1298 n. Chr. besiegen die Engländer die Aufständischen bei der Schlacht von Falkirk
1305 n. Chr. wird William Wallace gefangen genommen und in London hingerichtet
1306 n. Chr. wird Robert „the Bruce“ zum König der Schotten gekrönt
1314 n. Chr. schlagen die Schotten England in der Schlacht von Bannockburn
1328 n. Chr. wird die Unabhängigkeit Schottlands im Abkommen von Edinburgh und Northampton besiegelt
1371 n. Chr. Robert II. wird schottischer König, Beginn der Dynastie des Hauses Stewart
1542 n. Chr. wird Mary, bekannt als Mary Stuart, im Alter von wenigen Tagen schottische Königin
1567 n. Chr. wird Mary zur Abdankung gezwungen, ihr Sohn James VI. wird König
1587 n. Chr. wird Mary dann in England wegen des Vorwurfs eines Komplotts gegen die Krone hingerichtet
1603 n. Chr. besteigt James VI. nach dem Tod Elisabeths den Thron
1650/51: Oliver Cromwell beginnt mit Feldzügen in Schottland, der schottische König Charles flieht ins Ausland
1658 n. Chr. endet nach dem Tod Cromwells die schottische Besetzung, Charles II. wird König von Schottland und England
1692 n. Chr. Massaker von Glencoe unter Angehörigen des Clans MacDonald
1706/1707: Unionsverhandlungen mit England: Schottland erhält Zugang zu wichtigen Märkten, England setzt den Act of Settlement durch,
nach dem nur Protestanten den Thron besteigen dürfen
1715, 1719 und 1745: Aufstände der Jakobiten, Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken
1746: Niederschlagung der Aufstände; Bonnie Prince Charlie, der letzte katholische Stuart, muss fliehen;
der Disarming Act verbietet es den Highlandern ihre Waffen zu tragen, der Dress Act regelt das Verbot von Kilts
Ab Ende 18. Jahrhundert: Highland Clearances; gewaltsame Vertreibung der Hochlandbewohner um Raum für Schafzucht zu gewinnen
Ab 18. Jahrhundert: Beginn der schottischen Aufklärung mit Gelehrten und Künstlern wie Robert Burns, Walter Scott, Adam Smith,
James Watt und anderen
1840er Jahre: Einwanderungswelle aus Irland; Beginn der Industrialisierung der großen Städte.
STEINKREISE
Neolithische Steinsetzungen
Neolithische Steinsetzungen in Schottland (Steinkreise) Monumente aus der Steinzeit beflügeln seit jeher die Fantasie der Menschen. Die Erschaffer bekannter Steinkreise wie etwa Stonehenge sind uns nicht bekannt, auch ihre Intention wird sich nie mit Sicherheit feststellen lassen. Dennoch sorgen das schiere Alter der steinernen Denkmäler sowie die großen Mühen bei ihrer Errichtung auch bei uns für ein Schaudern. Auch Schottland hat auf Orkney entsprechende Relikte aus der Vergangenheit zu bieten. Bei einer Schottlandreise mit dem Schottlandtaxi führen wir Sie gerne hin.
Die Vergangenheit ist an zahlreichen Stellen immer noch sichtbar
Einige der steinernen Monumente des Neolithikums in Schottlands haben es dabei zu ähnlicher Berühmtheit gebracht wie Stonehenge, ohne jedoch gleich so touristisch frequentiert zu sein wie ihr südenglisches Pendant. Über die ursprüngliche Funktion der Steinkreise und Monolithen gibt es eine Vielzahl von Theorien. Zumindest in Bezug auf die Stones of Stenness bzw. den Ring of Brodgar auf den Orkneys scheint sich aber die Annahme durchgesetzt zu haben, sie seien als Mondobservatorien gedacht gewesen. Diese beiden Steinkreise liegen auf der Insel Mainland (Orkneys) und sind nur rund anderthalb Kilometer entfernt voneinander. Beide Steinkreise sind von Erdwerken umgeben, die jeweils den frühesten Teil beider Monumente repräsentieren. Um das Jahr 3000 v. Chr. dürften die ersten Teile errichtet worden sein, beim Ring of Brodgar war dies der umgebende Graben (neun Meter breit, drei Meter tief), dessen Ausheben rund 80000 Arbeitsstunden bedurfte. Der um 2700 v. Chr. errichtete Steinkreis, den er umgibt, misst 109 Meter im Durchmesser. Ursprünglich waren dort 60 Megalithen aufgestellt, 27 befinden sich noch an Ort und Stelle. In einen Stein hat ein früherer Besucher seinen Namen (der Mann hieß Björn) in Runen geritzt: Die Orkneys waren jahrhundertelang skandinavisches Siedlungsgebiet. Diese Wikinger-Graffiti blieben bis 1907 unentdeckt, bis der auf der Seite liegende Stein aufgerichtet wurde.
Nicht weit davon entfernt ist der (wesentlich kleinere) Steinkreis Stones of Stenness (ursprünglich zwölf, jetzt noch vier Megalithen). Der höchste Stein ist 5,7 m hoch. Stenness ist älter als Brodgar, die Steine dürften um 3100 v. Chr. aufgerichtet worden sein. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts war das Monument „Tatort“ einer Art von Fruchtbarkeitskult: Paare aus der Gegend machten ihre Runden zwischen den Stones und reichten sich am Stone of Odin ihre Hände (bis der 1814 durch einen Schwachkopf zertrümmert wurde). Einige einzelstehende Megalithen außerhalb der beiden Steinkreise legen die Vermutung nahe, dass es einst entlang der optischen Achse zwischen beiden Steinkreisen eine Art megalithgesäumter Allee gegeben haben könnte. Seit prähistorischer Zeit hat sich aber die Topographie der Umgebung verändert; heute trennt der Ausläufer einer Bucht den Ring of Brodgar von den Stones of Stenness. Zur Gesamtanlage gehörte jahrtausendelang der eigenartige Stone of Odin, der ein Loch hatte. Um 1814 erwarb ein Captain W. Mackay vom schottischen Festland das Gelände um die Stones of Stennes. Ihn ärgerten die vielen Besucher maßlos, die über seine Felder marschierten, und er gedachte, der Angelegenheit mit radikalen Methoden Herr zu werden. Er stürzte den Stone of Odin um und wollte den ganzen Steinkreis zerstören. Die empörten Orkadier zahlten es ihm heim, indem sie Brandanschläge auf sein Haus unternahmen; dann schritt das Gesetz ein, und weitere Verwüstungen des vorgeschichtlichen Monuments unterblieben. Unzweifelhaft gehören die Steinsetzungen neben der steinzeitlichen Siedlung Skara Brae, der Grabanlage Maes Howe und dem rätselhaften Dwarfie Stane (Damian Noonan: „It might be the work of a single neolithic eccentric“) zu den sehenswerten steinzeitlichen Bauten auf den Orkneys.
Standing Stones Of Callanish (Calanais)
Sehr interessant sind auch die Standing Stones of Callanish, Insel Lewis. Manchmal „Schottlands Stonehenge“ genannt, hat die Anlage einen recht komplexen, annähernd kreuzförmigen Bauplan: In der Mitte steht der größte Megalith (4,8 m hoch) mit einem Steinkreis drumherum. Nach Norden geht eine doppelte Steinreihe von diesem Kreis ab (19 Megalithen in einer 83 Meter langen Doppelreihe), in die anderen Himmelsrichtungen jeweils eine einfache. Die Anlage wurde um 3000 v. Chr. errichtet, rund 100 Jahre danach wurde in den Steinkreis ein Kammergrab gesetzt. Bei der Tag-und-Nacht-Gleiche fällt der Schatten des zentralen Megalithen genau in den Eingang des Kammergrabes. Die Steine sind aus einem grauen Material, das „Lewisian Gneiss“ heißt und zu einer einzigartigen Form verwittert, die an Holzmaserung erinnert. Die umgebende Landschaft ist phantastisch.
Bis 1857 waren die Megalithen von einer rund anderthalb Meter tiefen Torfschicht umgeben. Die Sagenwelt verbindet eine geisterhafte Erscheinung mit dem Steinkreis: den „Shining One“, der gemäß einer uralten Legende zur Mittsommernacht hier auftaucht. Auch andere Überlieferungen hielten sich hartnäckig, obwohl die gerade auf den Western Isle beheimatete besonders rigide Ausprägung der presbyterianischen Free Church gegen solchen Aberglauben ankämpfte.
Zweck der vermutlich während der beginnenden Bronzezeit aufgegebenen Anlage war die Mondobservation, alle 18,6 Jahre steht der Mond so über den die Anlage umgebenden Bergen, dass es aussieht, als würde sein Lauf der Silhouette des Gebirges folgen. Callanish ist umgeben von weiteren Megalithanlagen, zwölf sind bekannt, vermutet werden weitere. Vermutlich hatten die Priester, die von Callanish aus den Lauf der Gestirne beobachteten, auch weltliche Macht. Zur Zeit der Erbauung war das Klima im Norden Schottlands günstiger, der Meeresspiegel lag niedriger, die Gegend um Callanish eignete sich zum Anbau von Gerste. Der Zeitpunkt der Aufgabe der Anlage fällt zusammen mit einer Klimaverschlechterung. Das Interesse an dem steinernen Monument wuchs im 17. Jahrhundert, die örtliche Folklore nannte die Steine „fir bhreige“ (falsche Männer): Druiden hätten hier ihre Feinde in Steinsäulen verwandelt.
Andere bemerkenswerte Steinkreise befinden sich auf North Uist (Poball an Finn), Arran (Machrie Moor), in den Grampians (Loanhead of Daviot and Recumbent Stone Circles) und im Kilmartin Valley (Temple Wood). Neben kreisförmigen Anordnungen von Megalithen gibt es noch die X-Form (Nether Largie Standing Stones, Kilmartin) und die eines unterbrochenen Trapezes (Ballymeanoch Standing Stones, Kilmartin). Megalithen müssen aber nicht in Rudeln auftreten, um zu beeindrucken. An der Westseite der Insel Islay stehen die Stones of Ballinaby; der größere von beiden ist ungefähr fünf Meter hoch und nadelförmig. Er könnte der Mondbeobachtung gedient haben. Viele schottische Inseln lassen sich bei Schottland Rundreisen erkunden.
DIE RÖMER
Die Römer
am Rande der Totenwelt
Das Weltreich begegnet gefährlichen Feinden. Ihre Totenwelt imaginierten die Römer im Atlantik. Kaledonien lag im finsteren Meer, dem Mare Tenebrosum, dem Mahlstrom zur Unterwelt. Hier lebten die ‚Bemalten’, die Picti. Claudius hatte 43 die Orcades, die heutigen Orkneys, unterworfen. Die Highlands waren für die Eroberer ein Orkus aus Stürmen und Nebel, dort wohnten ‚Barbaren’. Der Feldherr Julius Agricola (40-93) schlug 81 sein Lager im heutigen Stirling auf, um den Norden zu erkunden. Einheimische erlitten den Terror der Besatzer, ohne an den Errungenschaften der römischen Zivilisation teilzuhaben.
Riesen, Feen und Zwerge
Sie müssen auf die Römer einen merkwürdigen Eindruck gemacht haben, jene fremden Einheimischen. Selbst die Wikinger hielten die Pikten für Trolle oder Elfen, die unter Hünengräbern lebten. Historiker warfen Steinzeitrelikte mit den ‚Bemalten’ in einen Topf – zuverlässig wie Mel Gibson, der in Braveheart die Schotten des Mittelalters als blau bemalte Naturburschen präsentierte. Die Pikten lebten ebenso unter der Erde wie wir auf Friedhöfen und bevorzugten ‚wheelhouses’, kreisförmige Steinbauten. Die ‚Bemalten’ gehörten zu den frühen Kelten. Die Indigenen im Norden Schottlands fischten, jagten, züchteten Pferde, hinterließen Handwerk und Kunstwerke. Eber und Wolf, Tiere der Krieger markieren eine ‚heroic society’. Hochkönige beauftragten Warlords, die Kriegerbünde befehligten.
Die Ureinwohner Schottlands kennen wir fast nur aus der Sicht von Fremden. Tacitus beschrieb sie als rothaarige Riesen, hoch von Gestalt. Historiker hingegen sahen sie als Zwerge an, klein gewachsene Menschen, weil sie archaische Bauten mit kleinen Öffnungen als Wohnhäuser der Pikten betrachteten – zu Unrecht. Die Pixies, eine schottische Unterart kleiner Feenwesen, leiten sich vielleicht noch aus dieser Vorstellung ab. Picti bezeichnet 208 die Einheimischen, die die Besatzer angriffen; es handelte sich dabei aber nicht um eine homogene Kultur. Römische Schriftsteller berichten von Barbaren, die mit Kindern und Tieren unter einem Dach lebten, sich in Tierfelle hüllten oder nackt umherliefen, die sich den Körper bemalten und tätowierten. Solche Beschreibungen mögen vielleicht einen wahren Kern haben, dienten aber der politischen Propaganda und wiederholten Stereotype. Die ‚Bemalten’ leiten sich womöglich einfach von Steinstelen ab, die die Einheimischen verzierten und denen wir die Kenntnis über sie verdanken.
Die Pikten führten mit den Römern nicht nur Krieg, sondern trieben auch Handel. Das belegen römische Münzfunde bis zu den Shetlands. Die Pikten entstanden als Bündnis der kaledonischen Stämme gegen die Römer, daraus formten sich die Kulturen bis in das frühe Mittelalter. Ihre Spuren hinterließen sie von Caithness bis zum Firth of Fort. Wie sich die so genannten Pikten selbst bezeichneten, ist unbekannt. Sie stammten von den Stämmen der Eisenzeit auf den britischen Inseln ab. Im dritten Jahrhundert trennten sich zwei Völkerbünde, bekannt als Caledonii und Maeatae; beide nannten die Römer Picti. Berichte über Piktenkönige beginnen erst im sechsten Jahrhundert. Männer drehten ihre Haare zu Locken, Frauen nahmen eine wichtige Stellung in der Gemeinschaft ein und kämpften als Kriegerinnen. Tacitus schreibt jedoch, dass die Kaledonier die Kinder und Frauen beim Kampf in Sicherheit brachten. Ob die Gesellschaft matrilinear organisiert war, bleibt umstritten. Cassius Dio berichtet von der Lüsternheit der Piktinnen, die ‚offenen Umgang mit den Besten’ hätten, im Gegenteil zur römischen Gattin, die unter die Herrschaft des Dominus gezwungen war. Neue Forschungen lassen die Frage zu, ob die Ureinwohner eine Schriftsprache kannten: Meißelarbeiten in Aberlemno oder Cadboll sind, laut Rob Lee von der Exeter University als Alphabet zu verstehen.
Langschwerter gegen Legionäre
Agricola erkundete mit Rückendeckung des Kaiser Domitian (51-96) den wilden Norden. Er rückte 79 mit 25.000 Mann bis zur Höhe von Aberdeen vor. Die Kaledonier warfen sich mit Streitwagen und Langschwertern in die Schlacht gegen Metallrüstungen. Die Pikten kannten die römische Kriegsführung nicht, die Römer die keltische jedoch sehr wohl, denn Gallier kämpften für das Imperium. Diese Söldner wehrten mit Buckelschilden zwar die weiten Hiebe der Pikten ab, verloren in ihrer Berserkerwut aber die Kontrolle. Calgacus, der Piktenführer, schickte seine Scharen von den Hügeln, und die Pikten umzingelten die Feinde. Agricola warf daraufhin die Kavallerie ins Feld, doch die ‚Bemalten’ stießen die Reiter von den Pferden. Nur die Unterstützung von vier weiteren Reitergeschwadern brachte den Römern den Sieg. „Überall lagen Waffen, Leichen, verstümmelte Glieder, rötete Blut die Erde. Bisweilen erwiesen die Besiegten erbitterte Tapferkeit“, so Tacitus. Agricolas neunte Legion zerschmetterte die Pikten im Jahre 83 beim heute unbekannten Ort Graupius, nahe Stonehaven. 10.000 Einheimische und 360 Legionäre fanden angeblich den Tod – die Söldner nicht mitgezählt.
Kaledonien lag dem Imperium nun offen. Warum Agricola es nicht einnahm, bleibt bis heute unklar. Die Römer errichteten ihr Winterlager bei Perth mit Unterkünften für zehntausend Mann, einem Hospital und gut ausgebauten Straßen. Der Feldherr schickte von dort Expeditionen die Küste hinauf. Kastelle im Norden boten die Basis für die römischen Feldzüge des zweiten Jahrhunderts. 84 musste der Feldherr nach Rom zurückkehren. „In den kargen Tälern des Hochlands konnte der Traum von einer barbarischen Verschwörung lebendig bleiben“, so Gerhard Herrn.
Der Hadrianswall
Kaiser Hadrian brach schließlich mit der „Sinnlosigkeit, jeglichen Territorialbesitz zu verteidigen, weil dafür irgendwann einmal römisches Blut vergossen worden war“, so Herrn. In Hadrians Regierungszeit (117-138) schlugen die Kaledonier der Highlands wieder los. Der Kaiser befahl, sich zu der Linie zurückzuziehen, an der Agricola sein Amt angetreten hatte, und errichtete ab dem Jahr 120 den Hadrianswall von Carlisle bis Newcastle. Stein, Torf und Lehm nutzten die Pikten eigentlich für ihre Häuser; Stein, Torf und Lehm trennten die Highländer jetzt von ihren Verwandten. Der Wall erreichte eine Dicke von drei Metern, passte sich der Landschaft an und lag hinter einem Graben.
Statthalter Lollius Urbicus ließ 142-144 für Kaiser Antoninus Pius den Antoniuswall weiter im Norden errichten, eine günstigere Variante aus Torf, Erde und Hütten aus Holz. Der ‚vallum Antonini’ verkürzte die Grenze auf sechzig Kilometer, gesichert durch neunzehn Kastelle. Legionäre aus Germanien, Spanien und Ägypten errichteten Altäre für Isis, Mars und Mithras. Römische Soldaten des Urbicus waren die ersten christlichen Missionare; Tertullian berichtet, dass im Jahr 208 so auch Briten von der Heiligen Schrift überzeugt waren.
Lollius Urbicus scheiterte. Die Pikten hatten die Natur als Verbündeten. Die Berge der Grampains boten Terrain für Partisanen, die Stämme zermürbten die Stellungen, 163 zogen sich die Römer hinter den Hadrianswall zurück. Unter Kaiser Commodus (180-192) griffen die Kaledonier die Römer ständig an. Lupus, der Statthalter, schloss mit ihnen Waffenstillstand. 196 fielen keltische Scharen sogar nach England ein.
Kaiser Septimius Severus gründete 208 einen Stützpunkt an der Küste und schickte seine Prätorianer gegen die Indigenen. Die Römer überließen den Antoniuswall den Naturgewalten. Kaiser Caracalla ersetzte 211-217 die Garnisonen durch ‚exploratores’: „Halbbanditen kämpften gegen Halbwilde. Überläufer gab es auf beiden Seiten, Regeln keine“, so Herrn.
Die Scots drangen aus Irland ein; sie waren Kelten, sprachen aber andere Dialekte und sahen die Kaledonier nicht als Verwandte an. ‚Scoti’ könnte Seeräuber heißen, bezeichnet aber auch die Region, in der sie sesshaft wurden. Sie selbst nannten sich Goidil, Gälen. Die Neusiedler bauten Dörfer auf Arran und Islay, verdrängten die Pikten zwischen Oban und Lochgilphead. Argyll, ihr Kernland, heißt Küste der Gälen. Pikten, Gälen, Angeln, Sachsen und Jüten waren Vorfahren der Schotten. Die Pikten unterwarfen sich in Perthshire und den Lowlands der Militärverwaltung. Der Norden wurde aber nie römische Provinz.
Der Hadrianswall war nicht dem ‚Heldenmut’ der Pikten geschuldet. Kaiser Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.) hatte der Eroberung Britanniens mit gemischten Gefühlen gegenüber gestanden. Die Römer unterwarfen die Inselkelten, um Gallien den Nachschub abzuschneiden. Sie unterwarfen Länder, um sie auszubeuten oder wegen ihrer strategischen Funktion. Dichte Wälder und schroffe Berge, bewohnt von Kriegern, hätten die Eroberung Kaledoniens zäh werden lassen; eine dauerhafte Besatzung erschien widersinnig.
Heute ist von dieser wilden Zeit nur noch wenig übrig. Der Hadrianswall ist zumindest noch abschnittsweise zu besichtigen, und auch heute noch führt er eindrucksvoll vor Augen, wie die Römer ihre Herrschaft sicherten. Seit 1987 ist er Unesco-Weltkulturerbe und ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Da er größtenteils erhöht liegt, bieten sich vom Wall aus schöne Ausblicke über die Landschaft. Der Handrianswall bietet sich zum Beispiel als Ausflugsziel an, wenn man in Newcastle mit der Fähre übersetzen möchte, aber noch ein wenig Zeit bis zur Abfahrt hat. Verschiedene Punkte am Wall sind touristisch erschlossen, hier gibt es zum Beispiel das „Roman Army Museum“, einige begehbare Wachtürme und Kastelle. Wer hingegen ein intensiveres Erlebnis sucht, kann auch den „Hadrian Wall Path“ per Pedes erkunden; dafür bedarf es dann allerdings rund einer Woche Zeit.
Kaiser Hadrian
Der Erschaffer des Hadrianswalls. Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus (76 -138) ging als Erfinder des Hadrianwalls in die Geschichte ein. Er regierte das Römische Reich von 117 bis zu seinem Tod. Hadrian stammte ursprünglich aus Hispanien. Als Herrscher beendete er die zügellose Expansion des Weltreichs, stabilisierte die bestehende Struktur und sicherte die Grenzen. Der Hadrianswall diente der Reichsverteidigung. Seine Politik der Grenzsicherung war umstritten; die Römer hatten ihren Herrschaftsbereich schließlich seit Cäsars Zeiten kontinuierlich ausgedehnt, und militärischer Erfolg war notwendig, um gesellschaftlich aufzusteigen – zumindest für ‚Quereinsteiger’, die nicht aus Patrizierfamilien kamen. Hadrian förderte hingegen den Handel in den Provinzen, organisierte den Straßenbau und erließ allgemein verbindliche Gesetze. In den unterworfenen Gebieten war er durch diese Friedenspolitik beliebt; im Senat schaffte er sich damit jedoch Feinde. Bereits zu Beginn seiner Regierung räumte er das frisch eroberte Persien und gab die von Trajan eroberten Länder Mesopotamien, Assyrien und Armenien auf. Hadrians konsequente Verwaltung des Bestehenden erscheint uns heutzutage klug – Kriegern jedoch, die mit Wölfin und Adler demonstrierten, wie ein Raubtier die Völker zu erbeuten, galt sie als Schwäche.
Der Kaiser bewunderte die Philosophen Athens. Hadrian bewies sich als keinesfalls schwach; den Bellizisten stahl er die Show, indem er sich in die Fußstapfen von Kaiser Augustus stellte, eine neue Zeit des Friedens ausrief und Münzen stanzte mit den Worten Eintracht, Gerechtigkeit und Frieden. Er investierte in Kulturzentren, Hafen- und Brückenbau. Hadrian war der erste Kaiser, der das gesamte Reich auf eigenen Reisen kennen lernte. Er ließ den Limes in Germanien 121 neu befestigen, vom Militärposten zur Außengrenze und demonstrierte mit dem Hadrianswall das Ende der Expansion. Wo Licht ist, fällt Schatten. 132 erhoben sich Juden gegen Hadrians Hellenen-Römertum. Die Legionäre töteten 500000 Aufständische, zerstörten den Tempel und verbrannten die Tora. 136 starb der Kaiser mit sechzig Jahren.
Die Piktenkriege
General Constantius führte seit 305 Krieg gegen die Pikten und erhielt dafür den Titel ‚Britannicus Maximus’. Sein Sohn Constans brach 343 erneut über die Einheimischen herein, scheint aber Waffenstillstand geschlossen zu haben, denn aus dem Jahr 360 erfahren wir, dass die Pikten den Frieden brachen. Valentian I. (321-375) errichtete im Norden Britannias 369 die Provinz Valentia, regiert von Flavius Theodosius. Manche Historiker vermuten, dass Valentia das Piktenland nördlich des Hadrianwalls umfasste, wahrscheinlicher ist aber das heutige Cumbrien. Scots kämpften gegen Pikten, Pikten gegen ‚Schotten’,und gemeinsam bekriegten sie die Römer. In einer ‚Verschwörung der Barbaren’ überrannten sie den Hadrianswall. Magnis Maximus´ Truppen besiegten 382-390 die vereinten Stämme. Kurz danach griffen die Einheimischen wieder an. Dieses Mal, von 396-98, schlugen Soldaten Stilichos sie nieder. Die Ursachen der Piktenkriege bleiben im Nebel. Eine Klimakatastrophe im 4. Jahrhundert mag der Auslöser gewesen sein. Regen zerstörte die Ernten, und die Scots blockierten wichtiges fruchtbares Ackerland.
Die römische Wölfin stand auf wackligen Beinen. Scots und Sachsen, Angeln und Jüten fielen von Westen und Osten über das Meer ein, die Pikten von Norden und zerstörten die Römerdörfer; nur wenige Festungen hielten länger stand. Noch 450 verloren die Pikten gegen Agitius Thrice Consul, aber schon Ende des 4. Jahrhunderts gab das Imperium Schottland auf; die Scots, Sachsen und Pikten konnten die Militärverwaltung der Besatzer zwar nicht überwältigen, die Dauerüberfälle machten ein ziviles Leben aber unmöglich. Rom kämpfte auch auf dem Kontinent an zu vielen Fronten und räumte schließlich die britischen Inseln.
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DIE PIKTEN
Die Pikten
Rätselhaftes Volk am Rande Europas
Wenn der Name der Pikten tatsächlich auf das lateinische „picti“ zurückgeht, so sei dies ein kolossales Missverständnis. So vermerkte es einst der schottischer Publizist Nigel Tranter. Denn wer sich unter den klimatischen Bedingungen Schottlands so kleide, dass man Körperbemalungen oder Tätowierungen sehen könne, der laufe von alleine blau an…
Tatsächlich stehen archäologisch bzw. quellenkundlich nachweisbare Fakten bei dem rätselhaften Volk der Pikten in einem krassen Missverhältnis zu der überreichen sagenhaften Überlieferung. Was man von ihrer Frühzeit weiß, stammt zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus römischen Quellen oder aus den Schriften mittelalterlicher Kleriker.
Ob die Pikten eine indigene frühkeltische Bevölkerung Schottlands waren oder ein Zweig der britannischen Kelten, ist ungewiss. Ob sie überhaupt zu der Völkerfamilie der Kelten gehörten, ist ebenfalls nicht eindeutig. Immerhin konnte sich der irische Missionar St. Columba im 6. Jahrhundert mit den skotischen Bewohnern der westlichen Highlands (die kamen wie er aus Irland) mühelos verständigen, mit den britannischen Stämmen des schottischen Südwestens auch, aber nicht mit den Pikten. Vermutlich ist der Genpool der späteren Schotten hauptsächlich auf piktische Vorfahren zurückzuführen. Das kulturelle Erbe der Pikten ist aber durch spätere Einflüsse derart überlagert worden, dass es nur noch schemenhaft (wenn überhaupt) zu erkennen ist. Während Ihrem Schottland Urlaub aber werden Sie keinem dieser Artgenossen mehr begegnen. Heutzutage ist man deutlich friedlicher.
Um die Zeitenwende gab es in Schottland zwei kulturell differente Bevölkerungsgruppen: Im Süden und in den zentralen Highlands siedelten verschiedene Stämme. Die von den Römern in der Schlacht am Mons Graupius besiegten Kaledonier gehörten dazu, die auf Bergkämmen so genannte „Hillforts“ bauten. Das waren Befestigungsanlagen, die aus Steinschichten mit Balkenlagen dazwischen bestanden. Auf den Orkneys, Shetlands, in Sutherland und Caithness, auch auf der Isle of Skye entstanden von 200 v. Chr. bis 100 n. Chr. die so genannten „Brochs“. Das waren (kühlturmähnliche) Wohn- und Befestigungsanlagen. Der besterhaltene ist der Broch of Mousa auf den Shetlands. Während die Kaledonier und andere mit den Römern in ständiger Auseinandersetzung lebten, schienen die Bewohner der Brochs eine friedliche Koexistenz angestrebt zu haben. So berichten römische Quellen, die Bewohner der Orkneys hätten bei Rom um ein Abkommen nachgesucht. Zerstörungen von Brochs durch die Römer – in Reichweite der römischen Flotte lagen die allermeisten – sind nicht nachweisbar. Einige dieser Bauten blieben bis in die Wikingerzeit in Benutzung.
Zur Sicherung ihrer Kolonie Britannia gegen den wilden Norden bauten die Römer, in diesem Fall Kaiser Hadrian, den nach ihm benannten Wall, sein Nachfolger Antoninus Pius dann einen weiteren. Im Glacis der Wälle unternahmen die Römer Offensivoperationen gegen die Kaledonier und andere Stämme. Die größte derartige Strafexpedition unternahm im Jahre 208 n. Chr. Kaiser Septimus Severus, der einen regelrechten Vernichtungsfeldzug führte und die Wohngebiete der Kaledonier systematisch verheerte. Die „Hill-Forts“ wurden zu einem beträchtlichen Teil niedergebrannt. Dabei sorgte die große Hitze für ein eigenartiges Phänomen: Die Steine schmolzen an, die Wälle glasierten („vitrified forts“).
Für ein knappes Jahrhundert war danach nördlich des römischen Britanniens Ruhe, dann tauchten 297 furchterregende Krieger auf: die picti, wie sie in römischen Quellen heißen. Welche demographischen und militärischen Verwerfungen die Feldzüge gegen die Kaledonier ausgelöst hatten, ist nicht klar. Aber nach ihrem erstmaligen Auftreten in den römischen Annalen wurden die Pikten zu einer beherrschenden Größe. Die Jahre 305 und 306 sahen großangelegte Operationen römischer Legionen gegen die Pikten, das Jahr 343 brachte dann einen Waffenstillstand. Gefährlich waren die Pikten, weil sie auch als Reiterkrieger auftraten und weil sie die Seefahrt beherrschten. Ihre so genannten „Currachs“ waren bis zu 15 Meter lange Schiffe, die aus Holzrahmen bestanden, über die Tierhäute gespannt waren. Mit solchen Schiffen war es leicht, Krieger im Süden des Hadrianswalles anzulanden. Im 4. Jahrhundert verfolgte eine römische Flotte piktische Schiffe bis in isländische Gewässer. Das war 368, als die Pikten gleichzeitig mit Skoten (aus Irland) und den germanischen Sachsen Angriffe auf Britannien unternahmen. 382 und 383 erfolgten weitere piktische Angriffe, 396 erneut. 449 attackierten seefahrende Sachsen, von den romanisierten Britanniern angeheuert, die Orkney-Inseln. Um 450 begann dann St. Ninian mit der Missionierung der südlichen Pikten.
Um diese Zeit hatte sich aus den Stämmen, die zwischen den römischen Wällen siedelten und den Römern als foederati (Verbündete) zur Seite gestanden hatten, das Reich Goddodin gebildet. Sein König Coel Hen griff um 455 Pikten und Skoten an. Um 460 landete der König des irischen Dalriada, Fergus Mor MacErc, in Argyll und bildete eine Allianz mit den Pikten. Gemeinsam schlugen sie Coel Hen bei Coilsfield. Um 500 landeten neue Einwandererwellen von Skoten in Argyll. Die ein Jahrzehnt später einsetzende Epoche von König Artus sah die langsame Verdrängung der Pikten aus den südlicheren Regionen Schottlands. In den wechselvollen Kämpfen mit den Skoten aber konnten die Pikten einige Erfolge verbuchen. Um 561 landete St. Columba in Schottland und begann die Missionsarbeit, in dessen Folge auch die nördlichen Pikten langsam zum christlichen Glauben bekehrt wurden.
Nun entstand mit dem sich in der heutigen Region Northumberland bildenden Königreich der Angelsachsen eine neue Herausforderung. Unter ihrem König Ecgfrith zogen die Angelsachsen die Nordseeküste hinauf bis nach Dunnottar (unweit Aberdeen), 672 besiegten sie eine piktische Armee bei Carron. 685 gelang den Pikten unter ihrem König Bruide MacBili bei Dunnichen ein großer Sieg über die Angelsachsen, der deren kurzlebige Vorherrschaft in der Region zerstörte 698 gab es eine neue Invasion der Angelsachsen, die Bruide MacBili zurückschlug.
Es geschah im Zusammenhang mit diesen Kämpfen, dass Abt Adomnan von Iona ein sehr weitreichendes Gesetz initiierte, welches ein bezeichnendes Licht auf die piktische Gesellschaft wirft. Frauen herrschten bei den Pikten, sie erbten die Königswürde und kämpften selbst als Kriegerinnen. In den altirischen Sagenkreisen wimmelt es nur so von martialischen Feen und Göttinnen. Als Abt Adomnan und seine Mutter den Schauplatz eines Kampfes zwischen Pikten und Angelsachsen betraten, sahen sie eine erschlagene Kriegerin, deren kleines Kind schreiend vor Kummer an der Brust der toten Mutter hing. Adomnan schlug ein Gesetz vor, in der englischen Überlieferung heißt es „Law of the Innocents“, dass es den Frauen verbot, selbst zu kämpfen oder Krieger zu kommandieren. Auf einer Synode im irischen Birr 697 wurde das Gesetz von 40 hochrangigen Klerikern und 51 keltischen Kleinkönigen angenommen. Ganz ausgemerzt war die kriegerische Tradition piktischer Frauen damit aber nicht. Bei den Pikten galt nicht die Primogenitur, das heißt, der älteste Sohn des Königs erbte nicht notwendigerweise die Herrschaft. Es gab hingegen das so genannte Tanistry-System: Der König baute einen Nachfolger, der sich durch Erfahrung, Charisma und weitere Tugenden auszeichnen musste, auf. Dieser Tanister war mit dem regierenden Herrscher verwandt, musste aber die erwähnten Qualitäten mitbringen, um von den Kriegern und hochrangigen Persönlichkeiten bestätigt zu werden. Daher galt die Verwandtschaft mit der alten Königsfamilie als gutes Vorzeichen – ähnlich dem germanischen „Königsheil“, nur war bei den Pikten diese mythische Qualität an die mütterliche Linie geknüpft. Das Resultat dieser Praxis konnte durchaus höllisch sein: 724 brach bei den südlichen Pikten ein Bürgerkrieg um die Herrschaft aus. Es setzte sich nach fünf Jahren und neun Schlachten gegen drei andere Thronkandidaten Oengus MacFergus durch. Oengus nahm einige Jahre später den König der nördlichen Pikten gefangen und ertränkte ihn. 736 eroberte er das Reich der Skoten, deren König er enthauptete. Dann proklamierte er sich selbst zum König der Pikten und Skoten. Gegen aufsässige Stämme im hohen Norden schickte er eine gewaltige Flotte von 1500 Schiffen, die allerdings durch einen Sturm zerstört wurde. 740 wehrte er einen Angriff der Angelsachsen ab, 744 besiegte er das britische Reich von Strathclyde (der „Nachfolgestaat“ des legendären Reiches Goddodin). Als der Gewaltherrscher Oengus 761 starb, machten sich die Skoten aber sofort von der piktischen Herrschaft frei. Ihr König Causantin wurde 789 erster skotischer König über Pikten und Skoten. Dann brachte die Ankunft der Wikinger in Schottland eine neue Welle der Gewalt. Die piktischen Siedlungsgebiete waren stärker betroffen als die der Skoten. Der Skote Kenneth MacAlpin verbündete sich mit den Nordmännern, die 739 einen großen Sieg über die Pikten errangen. Kenneth MacAlpin rief sich zum „Rex Pictorum“ aus. Der Sage nach lud er die Thronaspiranten aller sieben piktischen Kleinkönigreiche zu einem Bankett. Dort wurden sie von skotischen Kriegern massakriert, und die Dynastie der MacAlpins übernahm die Herrschaft. 858 proklamierte König Domnall I., alle seine skotischen und piktischen Untertanen sollten nach denselben (skotischen) Gesetzen leben. Danach setzte eine kulturelle Assimilation ein, die das piktische Erbe verdrängte. Was übrig blieb, sind unter anderem piktische Bildsteine, die eigentümliche Krieger mit H-förmigen Schilden und Armbrüsten zeigen.
In der Grafschaft Perthshire, ungefähr in der Mitte von Schottland, existiert noch heute der St. Fillian’s Hill, auf dem sich die Routen trafen, die einst ins Land der Pikten führten. Die Terrassen im Fels sind ein idealer Standort für den Aufbau eines Forts und bieten auch heute noch einen guten Rundumblick. Wer sich darüber hinaus auf die Spuren der Pikten begeben möchte, der sollte die Regionen Perthshire und Dundee ins Auge fassen, denn dort sind heute die meisten steinernen Zeugen des mystischen Volkes zu finden. Im kleinen Örtchen Aberlemno beispielsweise gibt es gleich vier davon zu sehen, der schönste steht auf dem Friedhof und stammt aus dem 8. Jahrhundert. Der Ort Meigle besitzt hingegen ein Museum, das sich gleich ganz den mysteriösen Steinen verschrieben hat. Viele davon wurden im Laufe der Jahrhunderte in dem Örtchen gefunden. Der Dunfallandy Stone hingegen, heute südlich des Ortes Pitlochry zu finden, ist eine seltene Kombination aus christlichen und heidnisch-piktischen Motiven. Einen guten thematischen Überblick über die Pikten und ihre steinernen Zeugen gibt auch das Museum Pictavia in Brechin.
Die Schlacht von Dunnichen
Wäre da nicht der Gelehrte Beda Venerabilis mit seiner Historia Brittonum gewesen, ein Theologe und Geschichtsschreiber aus Northumberland, man wüsste wenig von der epischen Schlacht von Dunnichen (oder Nechtansmere). In einigen irischen Annalen spielt sie ebenfalls, oft allegorisch ausgeschmückt, eine Rolle. Auch auf der Rückseite des Kreuzes von Aberlemno befindet sich eine Schlachtszene, möglicherweise die von Dunnichen.
Was war passiert? Am 20. Mai 685 schlugen piktische Krieger unter ihrem König Bridei angelsächsische Krieger unter König Ecgfrith. Mitte des 7. Jahrhunderts existierten in Schottland mehrere Königreiche: Im Südwesten siedelten britische Kelten. Etwas nördlich davon gab es das gälische Königreich Dalriada mit engen Verbindungen nach Irland. Der Nordwestteil des Landes wurde von den Pikten beherrscht. Im Südosten hatte sich das Königreich Bernicia etabliert, ein angelsächsisches Kleinkönigreich mit Hauptstadt Bamburgh (Bebbanburh), das sich ab und an mit dem südlicheren Kleinkönigreich Deira zusammenschloss: Das Ganze hieß dann Northumbria. Um die Mitte des 7. Jahrhunderts hatte sich Bernicia bis an den Firth of Forth vorgeschoben. Um diese Zeit war König Oswiu Herrscher über Northumbria, sein Sohn Ecgfrith wurde subregulus von Bernicia. Als Ecgfrith dann um 670 die Nachfolge seines Vaters als König Northumbrias antrat, setzte er sich militärisch gegen konkurrierende angelsächsische Reiche durch, griff aktiv in die Belange der Kirche ein und erweiterte das Einflussgebiet Northumbrias weit nach Norden.
Dort herrschte im piktischen Königreich Fortriu König Bridei mac Beli. Er war wesentlich älter als der um 645 geborenen Ecgfrith. Beide waren, wenn man den Quellen glauben darf, fratrueles, also Cousins. Beider Großvater mütterlicherseits war Eadwini of Deira. Nun gelang es Ecgfrith, auch über das gälische Königreich Dalraida Einfluss auszuüben, die Briten im Südwesten des heutigen Schottlands bedrängte er militärisch. Diese suchten Hilfe beim König der südlichen Ui Neill, Finsnechtae Fledach von Tara. Ecgfrith schickte seinen dux Berct über die Irische See zu einer Strafexpedition. Das war im Jahre 684, und bald blieben die Tribute des piktischen Königreiches Fortriu aus.
Ob es die engen religiösen Kontakte der piktischen Klöster zu den irischen waren, ob Bridie Angst vor der Hegemonie Ecgfriths bekam, ob einfach piktische Bewohner in Ecgfriths Reich rebellierten – wir wissen es nicht. Jedenfalls sah sich Ecgfrith zu einer Strafexpedition gegen Bridei genötigt. Ecgfrith brachte 600 bis 800 Krieger aus seinem engeren Gefolge zusammen – nicht viele, aber gut trainierte und bewaffnete junge Reiterkrieger, mit denen er nach Norden aufbrach. In der Nähe der alten piktischen Höhenfestung Dun Nechtain stießen sie auf den Gegner: Die Pikten, 1000 bis 2000 Mann (großteils abgesessen) erwarteten in erhöhter Position den Angriff der Angelsachsen, den sie mit einem vehementen Gegenangriff konterten. Dabei trieben sie die Angelsachsen in mooriges Gelände (dem namensgebenden „mere“), und um die „neunte Stunde des Tages“ wurde Ecgfrith getötet. Sein Leichnam wurde vermutlich auf der Forthinsel Inchcolm bestattet. Mit der Schlacht von Dunnichen endete die kurze Epoche der angelsächsischen Dominanz über Schottland.
Die Pikten waren den Römern gefährliche Gegner, weil sie als Reiterkrieger auftraten und sie die Seefahrt beherrschten. Frauen herrschten bei den Pikten, sie erbten die Königswürde und kämpften selbst als Kriegerinnen.
Die Pikten in der populären Literatur
Von der Bildfläche Schottlands verschwinden die Pikten spätestens mit der Gründung des Königreichs Alba durch Kenneth MacAlpine im 9. Jahrhundert. Im Gegensatz zu vielen anderen, zum Teil deutlich größeren und bedeutenderen Völkern, haben die Pikten aber eine Vielzahl moderner Autoren inspiriert. Eine möglichst historisch korrekte Schilderung war das Ziel des britischen Autors Rudyard Kipling, der vor allem durch sein „Dschungelbuch“ zu Weltruhm gelangte. In der Geschichtensammlung „Puck of Pook’s Hill“ erzählt der Waldgeist Puck (den Beleseneren als Gestalt aus Shakespeares „Sommernachtstraum“ bekannt) zwei Kindern verschiedene Episoden aus der britischen Geschichte. Für die Erzählungen „A centurion of the Thirtieth“, „On the great wall“ und “The Winged Hats” erweckt Puck den römischen Centurio Parnesius zum Leben, der von seinen Einsätzen am Hadrianswall und seinen Begegnungen mit den Pikten berichtet. Inspiriert von Kipling wurde zweifelsohne auch die britische Autorin Rosemary Sutcliff, die in dem historischen Roman „Der Adler der 9. Legion“ dem Schicksal einer jenseits des Hadrianswalls verschollenen römischen Legion nachgeht. Auch hier sind die Pikten die Hauptgegner der Römer, auch wenn der „Robbenclan“, dem Sutcliffs Helden sich im großen Showdown stellen müssen, wenig mit den historischen Beschreibungen der Pikten gemein hat. Trotzdem ist gerade die Hollywood-Verfilmung des Buches aus dem Jahr 2011 für alle Fans der Frühgeschichte Schottlands ein „must see“. Schon im Ansatz unauthentisch kommt die Schilderung der amerikanischen Horrorautorin Anne Rice daher. In ihrer Reihe um die Dynastie der „Mayfair-Hexen“ beschreibt sie u.a. das uralte Geschlecht der „Taltos“, denen der Dämon Lasher angehörte, und das sich während der späten Antike und im frühen Mittelalter – als Stamm der Pikten getarnt – in Schottland versteckte. Bei Anne Rice spielen die Pikten dabei aber nur eine der vielen historischen Nebenrollen – weitere geschichtliche Personen, die Rice in ihren Büchern vereinnahmt, sind Henrys VIII. Frau Anne Boleyn, die Hexenjäger Jakob Sprenger und Heinrich Institoris sowie verschiedene mehr. Ohne jeglichen Anspruch auf historische Authentizität ist freilich auch die Beschreibung von Terry Pratchett. Kleine, mit blauen Tätowierungen versehene Männer in Kilts und mit Dudelsack bevölkern Pratchetts Buch „Kleine freie Männer“. Zwar sprachen die Pikten kein „Hochland-Schottisch“, kannten keine Dudelsäcke und trugen ganz sicher keine Kilts – das historische Vorbild für Pratchetts „Nac Mac Feegle“ ist trotzdem unverkennbar.
DALRIADA
DAS GÄLISCHE KÖNIGREICH DER SCOTI
Über kaum eine Epoche wissen so viele Leute so wenig wie über die Zeit zwischen 500 und 1.000 nach Christus. Dabei sind die wesentlichen Bevölkerungsgruppen im Europa dieser Zeit in aller Munde – jeder hat seine eigene Vorstellung, wer und was die Wikinger, die Germanen und die Kelten waren. Vor allem Letztere umweht dabei stets ein mystischer Hauch, ist doch von dieser schriftlosen Hochkultur wenig mehr erhalten geblieben als archäologische Funde, Ortsnamen und isolierte Inseln keltischer Sprache. Wo wir wenig wissen, ist viel Raum für Phantasie, weshalb heute das Attribut „keltisch“ für eine Vielzahl von unzusammenhängenden Traditionen gebraucht wird: von der „keltischen“ Religion der Druiden bis zum „keltischen“ Christentum, von der „keltischen“ Bardentradition der Spätantike bis zum „keltischen“ Folk des 20. Jahrhunderts, von den „keltischen“ Stämmen des frühen Europas bis zu den „keltischen“ Ländern der heutigen Welt.
Wie keltisch genau ist Schottland aber wirklich? Beantworten wird uns diese Frage das Volk, das Schottland seinen Namen gab: die Scoti, die von 400 bis 900 nach Christus die Westküste Schottlands im Gebiet des heutigen Argyll besiedelten.
Für die ersten Römer, die kurz nach Christi Geburt die britischen Inseln ihrem Weltreich einverleibten, waren die Einwohner schlicht „picti“ – „Bemalte“, erschien den Römern die Tradition der Tätowierungen und Körperbemalung der indigenen britischen Völker doch als das verbindende Element. Die Römer blieben und lernten in den folgenden Jahrhunderten die Völker, mit denen sie sich die Insel teilten, besser kennen und unterscheiden – auch diejenigen, die das Gebiet des heutigen Schottlands besiedelten. Um das Jahr 150 herum beschrieben sie die Caledonii, die die heutigen Highlands bewohnten, die Votadini in Lothian, die Selgovae in Dumfries, Novantae in Galloway, Vacomagi in Moray und andere mehr – der gesamte Norden wurde unter dem Begriff „Caledonia“ zusammengefasst. Anders als im Süden der Insel konnten die Römer in Caledonia jedoch nie Fuß fassen – zu unwirtlich war die Gegend, zu groß der Widerstand der „Barbaren“. Die Römer reagierten auf ihre Weise und bauten eine Mauer – den Antoniuswall um 150 n. Chr. – und wenig später noch eine zweite – den Hadrianswall – die die römischen Provinzen im Süden der Insel vor Überfällen der Stämme aus dem Norden schützen sollten.
Kaum ein Römer, geschweige denn ein Chronist vom Kontinent wagte sich fortan hinter die Mauern – mit dem Ergebnis, dass wir wieder kaum etwas wissen über die Geschehnisse im Norden. Erst um das Jahr 500 herum haben wir wieder detailiertere Berichte, die drei Volksgruppen beschreiben, die das Land unter sich aufteilen: zum einen die britonischen Reiche der Gododdin, die hauptsächlich das Gebiet zwischen den beiden Wällen besiedelten und ihr Zentrum in „Din Eidyn“, dem heutigen Edinburgh hatten, der Rheged in Cumbria und des Königreichs Ystrad Clud in Strathclyde. Nordwestlich des Antoninuswalls breiteten sich die Pikten aus, die den größten Teil Schottlands beherrschten. Und die Ostküste, vornehmlich das Gebiet des heutigen Argyll, wurde dominiert vom Königreich der Scoti, Dalriada.
Wer von diesen Völkern aber waren nun Kelten? Klar ist, dass die britonischen Stämme Nordenglands und des südlichen Schottlands allesamt Kelten waren. Sie sprachen eine Sprache, die zum P-keltischen Sprachzweig gehört, und konnten sich mit den Völkern des britischen Südens mühelos verständigen. Ob dies auch auf die Pikten zutraf, wissen wir nicht – Ortsnamen weisen darauf hin, dass auch die Pikten eine P-keltische Sprache gesprochen haben könnten, weitere Nachweise dafür gibt es aber nicht. Die Frage, ob die Pikten Kelten waren, kann also heute nicht zweifelsfrei beantwortet werden, weisen doch archäologische Funde zu viele Unterschiede zu anderen, eindeutig keltischen Volkgruppen auf. Anders die Scoti, die zweifelsfrei keltischen Ursprungs waren. Eindeutiges Indiz ist die Sprache, die jedoch im Gegensatz zu den Dialekten der anderen schottischen Volksstämme ähnlich dem irischen Gälisch dem Q-keltischen Zweig entstammte.
„Scoti“ leitet sich vom lateinischen „Scotas“ ab, mit dem die Römer die Einwohner Irlands bezeichneten. Waren die Scoti also eigentlich Iren? Die Sprache spräche dafür, denn wir wissen, dass der irische Mönch St. Columba, der im 6. Jahrhundert das Christentum aus Irland nach Schottland brachte, sich mit den Scoti von Dalriada problemlos verständigen konnte, während er für seine Reisen zu den Pikten im Osten des Landes einen Dolmetscher benötigte. Ein Beweis für die Gründungslegende Schottlands? Beruft diese sich doch auf eine Quelle aus dem 10. Jahrhundert, die beschreibt, wie Fergus Mór, ein Stammesfürst der Dál Riata in Antrim im Nordosten Irlands, mit Teilen seines Volks über die nur 12 Meilen breite Meerenge nach Westschottland übersiedelte und hier das scotische Königreich Dalriada gründete. Obwohl weit verbreitet und jahrhundertelang als Tatsache anerkannt, ziehen Archäologen diese Annahme allerdings mittlerweile in Zweifel, da sich archäologische Funde von keltischer Kunst und Gebäuden deutlich von denen in Irland unterscheiden. Auch ist um den Zeitraum der vermuteten Besiedlung herum keine sichtbare Veränderung in Bauformen und Ahnlichem erkennbar, was zwangsläufig mit einer Invasion durch ein anderes Volk einhergehen würde. Glaubhafter erscheint, dass sowohl Irland als auch der Westen Schottlands zur gleichen Zeit durch wandernde Volksgruppen Q-keltischen Ursprungs besiedelt wurden – Belege für diese Theorie fehlen aber freilich auch.
Im 6. Jahrhundert jedenfalls ist Dalriada ein blühendes Königreich. Sein Zentrum, Dunadd, ist eine der eindrucksvollsten Befestigungsanlagen des frühmittelalterlichen Großbritannien. Auf einem Felsen im Kilmartin Glen errichtet, erscheinen die Überbleibsel der Festung noch heute uneinnehmbar. Obwohl nur einzelne Reste der Mauern, die einst die natürlichen Strukturen des Felsens krönten, erhalten geblieben sind, ist der Aufstieg selbst für den modernen Touristen nur unter Schwierigkeiten möglich – auch ohne das mächtige hölzerne Tor, von dem Archäologen annehmen, dass es vor 1.500 Jahren die Festung gesichert hat. Archäologische Funde berichten von einer regen Handelstätigkeit und vielbeschäftigten Handwerkern – so wurden neben Gussformen für Gold- und Silberschmuck unter anderem Farbpigmente aus dem fernen Osten gefunden, wie sie zur Illustration prachtvoller Bücher wie dem ganz in der Nähe auf der Insel Iona entstandenen Book of Kells benötigt wurden.
Seine größte Ausdehnung erreichte Dalriada unter Aedan mac Gabrann (574 – 608), der dem Königreich die gesamte Westküste von den Orkney Inseln bis zu Isle of Man einverleibte. In erfolgreichen Kampagnen kämpfte er nicht nur gegen die Pikten im Osten und die britonischen Stämme im Süden, sondern auch gegen die keltischen Verwandten in Irland. Nach Aedans Tod nahm die Macht Dalriadas stetig ab: Aedans Enkel, Donald Brecc (629 – 642), verlor große Teile des Reichs an seine Nachbarn, und ein Bürgerkrieg nach seinem Tod führte zu einer Destabilisierung im Inneren. Ab dem frühen 8. Jahrhundert sahen sich die Scoti stetigen Angriffen durch die Pikten gegenüber, die 736 erstmals Dunadd einnahmen und Dalriada zu einem Anhängsel des piktischen Reichs machten.
Parallel scheint jedoch eine „Gälisierung“ der westlichen Teile des Piktenreiches eingesetzt zu haben, verbreitete sich die keltische Kultur Dalriadas doch unter der Herrschaft der Pikten immer weiter gen Westen. Es ist deshalb auch nicht eindeutig zu klären, ob sich die Quellen irren, die dem mystischen Gründer Schottlands, Kenneth MacAlpine, scotische bzw. gälische Abstammung bescheinigen. Tatsächlich mag dies mehr eine kulturelle Abstammung als eine genealogische gewesen sein. Seinen Ursprung mag dieser Mythos in den Wirren der schottischen Unabhängigkeitskriege gehabt haben, als es wichtig schien, dem schottischen Königshaus eine möglichst lange zurückreichende Linie bescheinigen zu können. Ein Manuskript aus dem 12. Jahrhundert beschreibt nämlich:
„Cináed son of Alpín son of Eochaid son of Áed Find son of Domangart son of Domnall Brecc son of Eochaid Buide son of Áedán son of Gabrán son of Domangart son of Fergus Mór”
Ersterer ist Kenneth MacAlpine, dessen gälischer Name „Cináed mac Ailpín“ lautet, Letzterer der vermeintliche irische Eroberer Fergus Mór. Wissenschaftlich belegbar ist diese Abstammungslinie jedoch alleine schon deshalb nicht, da zwischen Áed Find, der 778 starb, und Domangart, der 673 getötet wurde, noch mindestens zwei Generationen gelebt haben müssen. Fakt ist aber, dass Kenneth MacAlpine nach seiner Thronbesteigung 848 der erste König war, der die Reiche von Dalriada und des piktischen Westens unter einem Namen regierte: Alba; und somit kann er als der erste König eines „vereinigten“ Schottlands gesehen werden.
Zumindest in Teilen unbeantwortet bleibt also unsere Frage, wie viel von Schottland ursprünglich keltisch ist. Der Süden mit seinen britonischen und der Westen mit seinen gälischen Wurzeln auf jeden Fall, für den vornehmlich piktischen Osten ist die Antwort jedoch unklar. Ob unter Kenneth MacAlpine und seinen Vorgängern verschiedene keltische Völker zusammengewachsen waren oder die piktische Kultur schrittweise von der gälisch-keltischen Kultur Dalriadas verdrängt worden waren – wir wissen es nicht. Kenneth MacAlpine selbst sah sich aber jedenfalls als Herrscher eines gälischen Königreichs Alba an.
Die keltische Sprache
Der indogermanischen Sprachfamilie entstammend, waren keltische Sprachen einst beherrschend in großen Teilen Westeuropas. Auf dem Kontinent sind heute jedoch nur vier keltische Sprachen noch in Spuren nachweisbar: das Gallische, das Keltiberische, das Lepontische und das Galatische. Während hier das Keltische durch die Ausbreitung des Römischen Reichs und die dortige Vorherrschaft von Latein sowie die Expansion der germanischen Sprachen fast vollständig verdrängt wurde, finden wir auf den Britischen Inseln noch heute eine lebendige keltische Sprachkultur.
Diese so genannten inselkeltischen Sprachen können in zwei Gruppen unterteilt werden: die britannischen Sprachen, auch als P-Keltisch bezeichnet, und die goidelischen Sprachen, das Q-Keltische. Letztere Gruppe umfasst das irische und schottische Gälisch sowie Manx, das auf der Isle of Man gesprochen wird. Zum P-Keltischen zählen Cornisch, Walisisch (auch Cymrish genannt) sowie das nur in wenigen Wörtern überlieferte Cumbrisch. Auch die Pikten in Nordost-Schottland haben wie die meisten Stämme des südlichen Britanniens einst möglicherweise eine P-keltische Sprache gesprochen. Ein Sonderfall ist das ebenfalls P-keltische Bretonisch. Obwohl auf dem Festland gesprochen, handelt es sich hierbei trotzdem um eine inselkeltische Sprache, kam sie doch erst mit cornischen Einwanderern wieder zurück auf den Kontinent.
Heute sprechen rund 3.000 Menschen in Cornwall cornisch, rund 500.000 Waliser walisisch und rund 250.000 Menschen bretonisch. In Wales steigt diese Zahl mittlerweile sogar wieder an, da Walisisch nicht nur ein Pflichtfach an allen Schulen ist, sondern auch andere Fächer in Walisisch unterrichtet werden. Ähnlich ist die Situation in Irland, wo Gälisch als zweite Amtssprache von rund 33% der Bevölkerung gesprochen wird. Erst jüngst steigen die Zahlen der Sprecher schottischen Gälischs wieder sehr deutlich an.
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Einige (insel-)keltische Begriffe haben es sogar in den deutschen Wortschatz geschafft: Relativ nahe liegend beim „Clan“, ist der gälische Ursprung des Wortes „Slogan“, das im Keltischen einen Schlachtruf bezeichnet, schon überraschender. Und auch der Begriff „Flanell“ entstammt dem Keltischen – er leitet sich von einer bestimmten Form des walisischen Wortes für Wolle ab.
Kenneth MacAlpine
810 – 858
Als Begründer eines vereinten Schottlands und Sieger über die Wikinger-Invasoren aus dem Norden ist Kenneth MacAlpine eine der bedeutendsten Figuren der schottischen Geschichte. Die Legende besagt, dass Kenneth oder Cináed mac Ailpín, wie sein gälischer Name lautet, gegen 810 im gälischen Königreich Dalriada geboren wurde, das damals bereits unter der Oberherrschaft der Pikten stand. Sein Vater Ailpín wurde enthauptet, da ihm das Volk übelnahm, für einen piktischen König gekämpft zu haben; seine Mutter scheint eine piktische Prinzessin gewesen zu sein. Ob diese Geschichte war ist oder ob Kenneth nicht rein piktischer Abstammung war und nur unter dem Einfluss der gälischen Kultur aufgewachsen war, die sich im piktischen Gebiet zu dieser Zeit immer mehr ausbreitete, ist heute nicht genau zu sagen.
Was wir sicher wissen, ist, dass sich Kenneth das Machtvakuum zunutze machte, das entstanden war, als die gesamte piktische Königsdynastie 839 im Kampf gegen in das Land eindringende Wikinger gefallen war. Kenneth machte berechtigte Ansprüche sowohl auf den piktischen Thron als auch auf den von Dalriada geltend und wurde spätestens 848 zum König der nun vereinten Reiche, das fortan unter dem Namen „Alba“ bekannt war, gekrönt. Schnell sah sich das Reich erneut der Bedrohung durch die Wikinger gegenüber, vor allem Dalriada war aufgrund seiner Küstenlage besonders gefährdet. Kenneth gab Dunadd, den Königssitz von Dalriada, daraufhin auf und siedelte einen Großteil der Scoti, der gälischen Bevölkerung Dalriadas, in den Osten des Landes um, während er Shetland, Orkney, Caithness, Sutherland und die Western Isles den Norwegern überließ.
Obwohl genug Land sowohl für Scoti wie für Pikten vorhanden war, kam es schnell zu Spannungen zwischen den einstigen Feinden. Um ein gemeinsames Ziel zu schaffen, dass die Volksgruppen vereinen sollte, erkor sich Kenneth die Angeln zum neuen Feind aus und fiel in der Folge mehrfach in Northumbria ein. Am 13. Februar 858 starb Kenneth MacAlpine in Cinnbelachoir nahe Scone an einem Tumor und hinterließ ein vereintes Reich, das den Ursprung des heutigen Schottland bildete. Sein Nachruf liest sich in den fragmentarisch erhaltenen Annalen von Irland wie folgt:
„Because Cináed with many troops lives no longer
there is weeping in every house;
there is no king of his worth under heaven
as far as the borders of Rome.”
WIKINGER IN SCHOTTLAND
Wikinger in Schottland
Plünderer und Pioniere, die Nordmänner
Thurso, Fluss des Thor, heißt eine Stadt im äußersten Norden Schottlands, und ihrem Gott, dessen Hammerschlag den Donner auslöst, machten die Wikinger alle Ehre, als sie im achten Jahrhundert auf den britischen Inseln einfielen. Die Seeräuber plünderten 793 das Kloster Lidisfane, überfielen die Dörfer der Kelten, drangen mit Drachenschiffen in die Flüsse vor und brannten eine Kirche nach der anderen nieder, getrieben von der Gier nach Gold. Die Entwicklung der schottischen Nation forcierten die Meereskrieger: Gälen und Angeln, Sachsen, Scots und Pikten formten sich im Kampf gegen die Nordmänner zu einer Einheit. Ihre Schottland Rundreise kann Sie auch zu Zeitzeugen führen.
Kolonien von Kriegern
Ruhm, Land und Handel lockten die Norweger nach Schottland. Frieden brachte keine Heldentaten. Selbst ihre Götter, Thor und Odin, lebten und starben im Krieg, die Inseln ‚west-over-sea’- reich und ungeschützt – luden ein, wiederzukommen. Die Christen säumten die Küste mit Klöstern und Kirchen auf isolierten Inseln, predigten Gottes Wort und huldigten ihm mit Ornamenten aus Gold. Sie boten sich Odins Jüngern zum Festmahl an: 795 zerstörten die Nordmänner das keltische Kloster auf Iona, 795, 802 und 806 kamen sie erneut, 825 ermordeten sie den Saint Columba. Der letzte Abt gab das Gotteshaus auf und siedelte mit seiner Gemeinde nach Kells in Irland um. ‚Von der Wut der Nordmänner, erlöse uns, o Herr!’ wurde zur schottischen Variante des Vaterunser. 875 töteten die Wikinger den Missionar Adrian auf der Isle of May. Die Piraten hatten wenig zu fürchten, die Einheimischen wussten nie, wann die Räuber kamen, und bei Widerstand segelten sie einfach davon.
Das Wort Vikings stammt von Vik, Fjord. Vikingár heißt aber auch Räuber. Sie lebten an den Meeresmündungen als Ackerbauern, segelten an den Küsten mit ihren Langschiffen, entdeckten den Atlantik. Die Skandinavier gossen in die an Massakern reiche Geschichte Schottlands nicht nur frisches Blut; die Seepioniere waren den Einheimischen als Händler und Handwerker überlegen und führten auf den Orkneys die Geldwirtschaft ein.
Die ersten Wikinger kamen 780. Es waren hungernde Bauern aus Norwegen ohne Erbrecht auf der Suche nach Land. Die Meereskrieger auf der Suche nach Ruhm und Reichtum folgten ihnen, siedelten auf den Shetlands, Orkneys, in Caithness, Sutherland und den Western Isles. Auf den Orkneys und Shetlands sprachen sie norwegisch, auf den Western Isles lernten sie Gälisch und wurden schließlich Teil der lokalen Gesellschaften. In Dingwall, Ross-Shire hielten sie ihre Versammlung, den Thing, ab. Ortsnamen wie Inverness tragen das nordische Wort für Landspitze in sich, Sund bedeutet Meerenge.
Kriege zwischen den Königen und Häuptlingen in Dänemark, Schweden und Norwegen trieben die Verlierer aus dem Land. Dazu gab es zu viele Menschen in Skandinavien für zu wenig Land. Um 800 gründeten Norweger den Jarlshof in Shetland. Händler brachten Schiffsladungen aus Skandinavien mit Pelzen, Holz und Kleidern und tauschten sie ein. Auch Plündergut verkauften sie weiter; die Wikinger waren die größten Sklavenhändler ihrer Zeit. Die Wikinger fuhren weniger zur Hochsee wie die Polynesier, sondern segelten wie Amphibien – zu Wasser und zu Land zu Hause – von Küste zu Küste, von Insel zu Insel – Hebriden, Island, Grönland. Die Shetlands sind von Norwegen nur 250 Kilometer, die Orkneys einen Segeltrip von zwei Tagen entfernt – der erste Sprungstein für die Drakkars, die Drachenboote. Der Erfolg der Wikinger liegt in der ungewöhnlichen Synthese des Lebens von Bauern und Seefahrern: Bauern sind an das Land gebunden, Seefahrer, die handeln oder rauben, bewegen sich, sind aber abhängig von denen, die Nahrung produzieren. Die Nordmänner beherrschten beides: Die Wikinger der Orkneys züchteten Vieh, betrieben Ackerbau und plünderten die Küstengemeinden Irlands, Englands und Schottlands.
Schafzüchter der Shetlands
Bauern besiedelten die Shetlands, züchteten Schafe und Pferde, fischten und jagten, produzierten Wolle und Leder. Die Norweger gründeten dort zunächst eine Siedlerkolonie, so belegen DNA-Untersuchungen: Sara Goodacre von der Universität East Anglia entdeckte norwegische Abstammung mit einer gleichen Anzahl von Männer und Frauen. Die Wikinger nannten die Inseln Hjatland. Ihre Sprache, das Norn, findet sich in Relikten noch heute. Die Shetlands waren den Jarls der Orkneys unterstellt. Die Inseln haben ein sehr feuchtes Klima; die Tage sind im äußersten Norden Schottlands kurz. Regen, Sturm und nackter Fels machten Ackerbau fast unmöglich. Pferde – das beliebte Shetland-Pony- und Schafe entwickelten sich zu zähen Rassen, klein, mit dicken Bäuchen und kurzen Beinen. Die Norweger, die sogar Grönland besiedelten, kannten sich mit solchen Naturwidrigkeiten aus.
Odins Jarls auf den Orkneys
Die Orkneys sind mit mildem Klima gesegnet. Diese südlichste Kolonie der Wikinger im Atlantik liegt am Golfstrom. Schwere Böden halten der Erosion stand. Alles Nötige ließ sich leicht aus Britannien und Norwegen importieren. Die ersten Wikinger auf den Orkneys waren Krieger. Haralds Mannen hatten im Sommer die Küste Norwegens geplündert und einen Stützpunkt angelegt. Inseln voll Buchten, Meerengen und Süßwasser boten ein gemachtes Piratennnest. Es sollte zum wichtigsten Jarlstum in Schottland werden. Rognwald, der Jarl, (was einem Graf entspricht) erhielt die Orkneys von König Harald Schönhaar von Norwegen. 880 n. Chr. trat Rognwald das Land an seinen Bruder Sigurd, den Mächtigen, ab. Danach regierte Torf-Einar. Die Herren der Orkneys – wie Thorfinn, genannt der Schädelzerschmetterer – terrorisierten den Norden der britischen Inseln. Vom Reichtum der Orkneys zeugt um 950 ein Schatz von acht Kilo Silber. Sigurd, Sohn Harald Schönhaars, und seine Nachfahren regierten hier über 300 Jahre. Olaf Tyggvason, der König von Norwegen, zwang Sigurd von Orkney im Jahre 995, zum Christentum überzutreten. Sigurd starb 1014 in der Schlacht von Clontarf bei Dublin gegen den irischen König Brian Boru. Sein Sohn Thorfinn wurde Jarl, baute die Kirche von Birsay und setzte den ersten Bischof der Orkneys ein. Unter Harald Schönhaar (863-933) siedelten ganze Dorfgemeinschaften nach Schottland um. Thorfinn starb 1065. Er hatte die Orkneys sechs Jahrzehnte regiert. In Galloway vermischten sie sich mit den Einheimischen und entwickelten als ‚Gallgaels’ eine eigene Kultur, regiert von einem König auf der Isle of Man; sie hielt bis 1075.
Haakan und Magnus, zwei Cousins, kämpften 50 Jahre nach Thorfinns Tod um die Herrschaft der Orkneys. 1116 trafen sie sich auf der Insel Egilsay, um ihren Streit zu schlichten. Sie hatten verabredet, mit zwei Booten und unbewaffneten Begleitern zu kommen; Magnus hielt das Versprechen, Haakan hingegen kam mit acht Booten und schwer bewaffneten Kriegern, griff an und erschlug seinen Vetter mit einer Axt. Der Betrogene soll in der Kirche von Birsay begraben liegen und bekam schon bald mystische Eigenschaften zugeschrieben: Kranke beteten an seinem Grab und gesundeten, Lichter erhellten die See, wenn sein Geist erschien. Sein Neffe widmete ihm 1137 die Kathedrale von Kirkwall. Die Siedler der Orkneys führten ein für Wikingerverhältnisse friedliches Leben; die für die Nordmänner typischen Fehden blieben aus. Die Dichtung der Inselbewohner handelt von Liebe und Lebensgenuss, nicht von Schlachten und Tod. Über das Verhältnis zwischen Pikten und Wikingern wissen wir wenig, denn die Nordmänner setzten sich zumindest sprachlich durch; das Norwegisch trat an die Stelle der einheimischen Sprache. Vermischten sich Pikten und Skandinavier? Das vermutete die Archäologin Anna Ritchie. Rotteten die Wikinger die Ureinwohner aus? Das schließt Brian Smith aus dem Löschen der piktischen Namen. Der letzte König der Pikten starb 839 durch die Hände der Wikinger. Der letzte Jarl der Orkneys, Jon Haraldsson, fiel 1231 in Thurso einem Mörder zum Opfer. Die Orkneys kamen fast hundert Jahre in die Hoheit schottischer Herrscher, der Sinclairs. Die Norweger nahmen die Inseln erneut ein. Wikinger und Kelten vereinten sich undramatisch: Durch die Heirat Margarets von Norwegen wurden die Orkneys schottisch.
Von der Wut der Nordmänner, erlöse uns, o Herr!’ wurde zur schottischen Variante des Vaterunsers. DNA-Untersuchungen belegen: Die Wikinger gründeten auf den Shetlands eine Bauernkolonie.
Heute leiden die Orkneys mehr unter den Massen von Tagestouristen die bei Schottland Busreisen für wenige Stunden einfallen.
Up Helly Aa
Up Helly Aa feiert die Geschichte Shetlands. Am letzten Dienstag des Januars werden die heutigen Shetländer zu ihren Wikinger-Vorfahren. Die Shetländer verbrennen auf dem Höhepunkt des Festes ein Drachenboot im Meer nach der Sitte, wie die Nordmänner ihre Jarls in die Totenwelt geleiteten. Ein Fackelmarsch leitet das Feuer ein, dazu spielt die ‚Lerwick Brass Band’. ‚Wikinger’ ziehen zu hunderten das Schiff zum Meer. Der Häuptlingsdarsteller hält der Obrigkeit dabei den Spiegel vor, die ‚Wikinger’ unterhalten mit Tanz, Schaukämpfen, Spiel und Gesang.
Up Helly Aa wurzelt in skandinavischen Feiern, um den Winter zu vertreiben. Das Einäschern der Herrscher symbolisiert die Wiederauferstehung der Sonne in der Dunkelheit, Verkleidungen gehörten zu alten Fruchtbarkeitsriten. Die nächtlichen Feiern stehen in der Tradition der Trinkhallen nordischer Krieger, und die Kritik an der Obrigkeit erinnert an die Spottlieder nordgermanischer Skalden. Das heutige Fest entstand erst im 19. Jahrhundert. Die Nordschotten feierten zwar am gleichen Tag den heiligen Antonius, von den Shetlands ist das jedoch nicht bekannt. Wilde Silvesterfeiern kamen nach den Napoleonischen Kriegen auf die Inseln, als Soldaten mit Gewehren schossen und Verkleidete im Winter durch die Straßen zogen; die Shetländer hingegen feierten privat. 1870 erscheint der Begriff Up Helly Aa zum ersten Mal – allerdings nicht für eine Wikingerfeier, sondern für randalierende Jugendliche, die Lerwick unsicher machten. Die offizielle Fete diente dazu, die ‚wilden Kerle’ zu integrieren. Die Ausschreitungen der jungen Männer kamen der Wirklichkeit der Wikinger jedoch näher, als eine zivilisierte Gesellschaft es zulassen wollte. Frauen nehmen heute – im Gegensatz zum Mittelalter – selbstverständlich an den Feiern teil und sitzen auch im Festkomitee. Das Junior Up Helly Aa bereitet Schüler auf die Organisation vor; die dauert ganze Jahre. Up Helly Aa ist kein ‚Living history’-Klamauk, sondern selbst Teil der Kulturgeschichte Shetlands, in dem sich mittelalterliche Tradition und Entwicklung der letzten 150 Jahre ausdrücken.
CHRISTIANISIERUNG IN SCHOTTLAND
Ein neuer Gott auf dem Vormarsch
Schottland gilt als bergiges und unzugängliches Land, dessen raues Klima mehr zu Alkohol und Depression verführt denn zu unerschütterlichem Glauben und Hoffnung. Dennoch müssen gerade Letztere zahlreiche glaubensstarke Männer dazu angetrieben haben, sich wieder und wieder dem kargen Land zuzuwenden und die Menschen dort von ihrem christlichen Glauben zu überzeugen. Ursprünglich waren die Bewohner Schottlands Heiden, doch im Frühmittelalter breitete sich das Christentum auch in ihren Landen aus. Dies geschah vor allem durch die Missionstätigkeiten Einzelner. Schottland Rundreisen mit dem Schottlandtaxi führen auf Wunsch auch an solche Orte.
Der größte Missionar Schottlands stammt eigentlich aus Irland: Der heilige Columban wurde 521 oder 522 auf der grünen Insel geboren. Er wird auch „Columban der Ältere“ genannt, um ihn von „Columban von Luxeuil“, dem „Jüngeren“, zu unterscheiden. Er gründete nicht nur in Irland, sondern auch in Schottland Kirchen und Klöster. Als Spross einer herrschaftlichen Familie aus Nordirland wurde der Mönch ab 561 in die Familienzwistigkeiten seiner Heimat verstrickt. Doch offenbar hatte der überzeugte Christ keine Lust auf Politik, denn im Jahr 563 machte er sich einfach aus dem Staub und ging nach Schottland, um dort das Wort Gottes zu verbreiten. Es ist durchaus denkbar, dass seine Zuhörer die Botschaft jedoch bereits kannten, als er dort ankam: Den ersten Kontakt mit dem Christentum erhielten die Schotten durch ihre Beziehungen zu den Römern, von denen einige mit ziemlicher Sicherheit bereits Christen waren. Vielleicht gab es auch schon einzelne Christen in Schottland, die sich über die wortgewandte Verstärkung freuten. Bald entstanden die ersten Klöster, und mit ihnen blühte das kulturelle Leben auf. Vor allem die erste Gründung des heiligen Columban, Iona, machte von sich reden. Die Mönche waren auf vielen Bereichen sehr aktiv und in den verschiedensten Handwerken bewandert. Schon bald genoss das Kloster auf der kleinen Insel in ganz Europa großes Ansehen.
Seine Schreibstube brachte ein Zeugnis hervor, das noch heute Weltruhm genießt: Das legendäre Book of Kells soll zu großen Teilen auf Iona entstanden sein. Doch die Harmonie war nicht von Dauer: Aufgrund seiner Lage war die Insel seit 795 einer der bevorzugten Orte für Wikingerüberfälle. Immer wieder suchten sie das Eiland heim. Die meisten der Mönche begaben sich aus Angst vor den wilden Nordmännern schließlich ins irische Kells, nach dem ihr Buch dann auch benannt wurde. Doch einige besonders standhafte Mönche ließen sich nicht einschüchtern, sie blieben auf der Insel. Als schließlich im Laufe der Jahrhunderte auch die Wikinger zu Christen geworden waren, fand auch so manch einer ihrer Könige seine letzte Ruhe auf Iona. Die unscheinbare kleine Insel bildete jahrhundertelang das geistige Zentrum Schottlands. Noch heute lassen sich dort Kreuze aus dem 8. und 9. Jahrhundert bewundern, viele der steinernen Zeugen sind aber im Laufe der Zeit verschwunden. Die ursprüngliche Klosteranlage bestand trotz der Zerstörungen bis ins 11. Jahrhundert, das belegen Ausgrabungen, die dort stattfanden. Im 12. Jahrhundert drängten dann jedoch die Anhänger der römisch-katholischen Kirche mit Macht auch auf die Inseln. Infolgedessen entstand 1203 ein neues Kloster, diesmal als Heimat für Benediktinermönche. Es hatte bis in die Reformationszeit hinein lokale Bedeutung. Heute lassen sich allerdings nur noch dessen Überreste besichtigen. Weitere Reste frühchristlicher Kirchen fand man bei Ausgrabungen in Whithorn, Tayside, Restenneth und auf einigen anderen Inseln der Westküste. Auffällig ist dabei, dass man in den hohen Kirchtürmen kaum Fenster und ungewöhnlich hoch gelegene Eingänge fand. Das lässt darauf schließen, dass diese Gebäude auch als Wehrbauten gedient haben. Einige dieser Kirchtürme werden als Zufluchtsort bei Wikingerangriffen gedient haben.
Neben Columban ist auch noch der Hl. Ninian von Bedeutung für die Kirchengeschichte des Landes am Rande Europas. Bei diesem Missionar ist sich die Forschung uneins, ob er im 4., 5. oder im 6. Jahrhundert in Schottland aktiv war. Leider bleibt auch sein sonstiges Wirken nebulös: Er wird in Quellen des 8. Jahrhunderts als Bekehrer der Pikten erwähnt, aber sämtliche Daten und Fakten der damaligen Geschichtsschreibung bleiben widersprüchlich. Auch seine Lehren sind nicht überliefert. Angeblich geht das frühe Kloster bei Whithorn auf seine Initiative zurück.
Den Schotten sagt man noch heute nach, ein stures Völkchen zu sein. Kein Wunder, dass es der christlichen Kirche nicht von heute auf morgen gelang, den neuen Glauben zu verbreiten. Immer wieder zogen Missionare durchs Land, um der Bevölkerung den Glauben an ihre Naturgötter auszutreiben. Aber gerade im Alltag hielt man noch lange an den vertrauten Riten fest, auch wenn die Anrufungen bereits offiziell einen anderen Namen trugen. Lebendiges Zeugnis von der Vermischung der Glaubensarten legen noch heute Kunstgegenstände ab, die zur damaligen Zeit entstanden. Auf ihnen vermischen sich in friedlicher Eintracht heidnisch-keltische, heidnisch-piktische und christliche Motive. Diese Entwicklung lässt sich zum Beispiel an den steinernen Reliefstelen der Pikten ablesen, die vor dem Eindringen der Wikinger vielfach naturnahe Darstellungen von Tieren und Fabelwesen zeigen, ebenso Bilder aus dem Alltag. Mit dem 8. Jahrhundert entwickelt sich daraus jene ausdrucksvolle Reliefdarstellung, die noch heute an vielen Hochkreuzen aus Stein zu sehen ist. Hier vermischen sich dann schmückende Ornamente der Pikten mit dem christlichen Kreuz als Opfersymbol. Vermutlich wurde die Kunst von den hiesigen Gründervätern der christlichen Kirche beeinflusst, die aber ihrerseits größtenteils noch heidnisch aufgewachsen waren. Diese Mischung sowie die Lage beider Länder am Rande Europas führte dazu, dass in Irland und Schottland schon bald eine Sonderform des christlichen Glaubens herrschte, die nur hier anzutreffen war. Die so genannte „keltische Kirche“ unterschied sich in verschiedenen Punkten von der römischen, denn ein direkter Kontakt mit der auf dem Kontinent so mächtigen Institution hatte nie stattgefunden. Unter anderem konnten die keltischen Christen mit der bischöflichen Autorität nichts anfangen, besaßen aber auch abweichende Ansichten über die Tonsur der Mönche oder das Osterdatum. Noch heute heißt es: „Die keltische Kirche gab die Liebe, die römische Kirche gab das Gesetz.“
Es kam, wie es kommen musste: Rom beklagte diese Abweichungen als sündig und gotteslästerlich, und Mitte des 7. Jahrhunderts wurde die keltische als eigenständige Kirche von der römischen verdrängt, die mächtiger und besser organisiert war. Nur auf Iona dauerte es noch rund 100 Jahre, bis man auch dort der neuen Variante des Glaubens folgte. Auch heute noch lässt sich in Irland und Schottland eine in Teilen für die Festlandchristen ungewohnte Glaubensauslegung beobachten, wenn zum Beispiel irische Mönche sich gleichzeitig auch als keltische Druiden bezeichnen – und das von den örtlichen Kirchenoberen schweigend hingenommen wird. Mit der Zeit wurde die römisch-katholische Kirche auch in Schottland eine mächtige Organisation, die die Herrscher des Landes begleitete. Die Bündnisse zwischen Kirche und Monarchie waren mächtig, aber natürlich nicht ohne Konfliktpotential. Heute, nach den Wirren der Reformation, gibt es, wie in den anderen europäischen Ländern auch nicht nur eine, sondern zahlreiche Kirchen in Schottland. Neben der großen Roman Catholic Church seien hier beispielsweise die Church of Scotland, die Free Church of Scotland oder die Scottish Episcopal Church genannt.
St. Columban
Der Bekehrer der Schotten , 521-5978
Man sagt ihm nach, intelligent und sportlich gewesen zu sein; außerdem voller Selbstbewusstsein und vom Glauben erfüllt. Ganz erklärt das zwar nicht, warum der irische Adelige im 6. Jahrhundert seine Heimat verließ und sich mit einigen Getreuen in Richtung Schottland aufmachte, aber vielleicht besaß der Mönch auch einfach jenen Entdeckergeist, der schon so viele Menschen zu ungewöhnlichen Taten bewegt hat.
Zusammen mit zwölf sagenhaften Begleitern reiste er zu den Inseln an der Westküste Schottlands. Es lag für ihn auf der Hand, dass er sich nach Westschottland wandte, denn diese Gegend stand, genau wie seine Heimat, unter der Herrschaft der Skoten. Auf der kleinen Insel Iona ließ er noch im selben Jahr ein Kloster errichten. Von dort aus strengte er sich an, die Einheimischen zu bekehren. Um die Skoten vom neuen Glauben zu überzeugen, mischte sich der Redegewandte in ihre Politik ein. Das Volk hatte gerade eine herbe Niederlage durch die Pikten erlitten, ihr König war getötet, der Kampfesmut erloschen, und nun drohte auch noch der Verlust der Unabhängigkeit. Columban predigte nicht nur die Lehren Jesu, sondern verhalf ihnen mit seinem politischen Rat auch noch zu einem neuen Anführer. Dieser wiederum, Adrian „the false“ (der Falsche), erwies sich als ideenreicher Herrscher, der für sein Volk die Unabhängigkeit bewahren konnte. Er war der Erste einer Reihe von umsichtigen und klugen skotischen Königen.
Eine bemerkenswerte Episode von Columbans Arbeit beschreibt der Verfasser seiner Biografie. Im 27. Kapitel der „Vita Columbae“ heißt es, dass der Heilige den Fluss Ness durchquerte, als ein nicht näher beschriebenes Wassertier einen seiner Gefolgsleute angriff. Der Mönch befahl dem Tier, den Mann loszulassen, was prompt geschah. Nicht nur Verschwörungstheoretiker sehen hier die erste Erwähnung des Monsters von Loch Ness.
Doch Columban hat in Schottland nicht nur missioniert, auch in die örtliche Politik wurde er verwickelt. Der Christ versuchte wiederholt, zwischen den einzelnen Stämmen zu vermitteln. Seine Heimat ließ den Umtriebigen nicht los: Mehrmals kehrte er nach Irland zurück und kam dort schließlich auch um die hiesige Politik nicht herum. Als ein Nachfolger für den irischen König gefunden werden musste, mischte er sich in die Erbfolge ein und verhalf auch dort einem der Kandidaten zur Thronfolge. Außerdem verhinderte er erfolgreich die Vertreibung der Dichterkaste, den filid, aus dem Land. Einige Geschichtsschreiber vermuten daher, dass er selbst auch zu den dichtenden Menschen gehörte. Sein Biograf berichtet, dass er im Jahr 597 auf Iona starb. Doch er hatte in Schottland etwas verändert. Iona wurde zum Wallfahrtsort und bildete schon bald das Zentrum der keltischen Kirche in Schottland.
The Book of Kells
Es ist das bekannteste und eindrucksvollste Beispiel für die Kunst der frühen Christen in Irland und Schottland: Das legendäre Book of Kells entstand vermutlich zwischen dem 6.-8. Jahrhundert (zumindest in Teilen) auf der schottischen Insel Iona, wo es von Mönchen der klösterlichen Schreibstuben in kunstvoller Handarbeit gefertigt wurde. Vermutlich gelangte es zur Zeit der Wikigerüberfälle aus Sicherheitsgründen nach Irland, wo es auch heute noch aufbewahrt wird.
Es ist ein kunstvolles Meisterwerk, dessen christlich-religiöser Text mit Abertausenden von kostbaren Miniaturen und wunderbar verzierten Versalien in mühevoller Handarbeit ausgestattet wurde. Die Abschrift der Evangelien gilt als „das schönste Buch der Welt“. Jede Seite ist mit sehr feinen Mustern und in leuchtenden Farben ausgeführt. Was auf den Seiten golden leuchtet, ist allerdings nicht direkt das begehrenswerte Element, sondern Orpiment (ein Arsen-Schwefel-Mineral). Das Blau allerdings stammt vom Lapislazuli – der Schmuckstein ist jedoch für jene Zeit eigentlich nur aus dem heutigen Afghanistan (!) belegt.
Neben dem Book of Kells haben sich noch weitere imposante Zeugen für die Kunstfertigkeit der frühen keltischen Kirche erhalten, zum Beispiel das Book of Deer (10. Jahrhundert), das Book of Lindisfarne (7./8. Jahrhundert) oder das Book of Durrow (7. Jahrhundert). Gleichzeitig sind diese Kunstwerke auch eindrucksvolle Zeichen der keltischen Kultur, die das entstehende Christentum vor allem in Irland nahezu nahtlos in sich aufgenommen hat. Viele Elemente des keltischen Glaubens sind dem christlichen verwandt, so dass es den Einheimischen leicht gefallen sein muss, sich auf den neuen Glauben einzustellen. Im Book of Kells finden sich daher auch zahlreiche der typisch keltischen Spiral- und Flechtwerkmuster sowie ornamentale Tiermotive. Heute befindet sich das Book of Kells im Trinity College in Dublin.
BORDER REIVERS
Die Zeit verklärt vieles: Aus dem grausamen Feldherrn wird der politisch geschickte Gründer eines Weltreichs; aus der Invasion ganzer Länder wird eine kulturelle Befruchtung; Raubritter längs des Rheins erhalten die romantisch verklärte Aura deutscher Robin Hoods. Wer die volksfestartigen Spektakel besucht, die unter dem Namen „Common Riding“ in vielen Städten der Border Region, der alten Grenzregion zwischen England und Schottland, alljährlich abgehalten werden, könnte einen ähnlichen Eindruck bekommen. Feste wie das Hawick Common Riding, das Reiseführer als beste Party der Welt nach dem Münchener Oktoberfest und der Fiesta in Pamplona bezeichnen, erinnern an eine Zeit, in der „bewaffnete Reiter ihr Leben riskierten, um Ort und Familie zu schützen“: die Zeit der Border Reivers.
Waren die Border Reivers, die über drei Jahrhunderte lang zwischen dem späten 13. und dem frühen 17. Jahrhundert die wahre Macht entlang der schottisch-englischen Grenze innehatten, wirklich die Lowland-Version von Volkshelden à la William Wallace? Oder waren sie schlicht Räuber und Viehdiebe, die sich die gesetzlosen Zeiten zunutze machten, um ihren persönlichen Profit zu mehren? Schauen wir uns an, wo die Border Reivers ihren Ursprung nahmen.
Die Border Region
In vorderster Front.
Spätestens seit der Invasion Schottlands durch Edward I. von England waren die Borders der schottische Landstrich, der unter der vollen Wucht des Krieges am meisten litt: Während die Highlands jenseits der großen Schlachten außer einigen englischen Vorposten von der Armee der Eroberer wenig mitbekamen, lebten die Bewohner der Lowlands mitten im Frontverlauf. 1286 von den englischen Truppen besetzt, brachte bereits 1315 der Versuch Robert Bruce´, Carlisle zu erobern, die nächste Welle der Zerstörung über die Borders. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Region immer wieder Schauplatz einiger der blutigsten Auseinandersetzungen auf den Britischen Inseln: Die Schlachten von Otterburn 1388, Flodden 1513 und Solway Moss 1542 fanden allesamt in der Nähe der anglo-schottischen Grenze statt.
Solchermaßen unbeschützt von ihren jeweiligen Herrschern nördlich und südlich der Grenze, zählte für die ähnlich den Highland-Clans traditionell im engen Familienverbund lebenden Lowlander bald wenig mehr als das Überleben der eigenen Familie. Den beiden Kriegsparteien war dies nur recht, ließen sich die schwer bewaffneten Reiter doch hervorragend als Grenzpatrouillen und Guerillatruppen einsetzen. Relativ schnell entwickelte sich so eine Tradition quasi gesetzloser Raubritter: Oft mit der Legitimation der jeweiligen Landesherren ausgestattet, selten für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen, verdiente sich bald der Großteil der Border-Familien seinen Lebensunterhalt mit Viehdiebstahl, Raub und Brandschatzung. Dass die Opfer dabei nicht immer jenseits der Grenze zu finden waren, sondern schottische Reiver auch Ziele nördlich der Grenze überfielen und auch englische Siedlungen nicht vor englischen Reivern geschützt waren, überrascht dabei wohl niemanden mehr.
Die Reiver-Familien
Anglo-schottische Warlords.
Schon ab dem 15. Jahrhundert spielte schließlich die Nationalität keine Rolle mehr. Große Reiver-Familien wie die Armstrongs oder die Grahams hatten Familienzweige auf beiden Seiten der Grenze – loyal nur der eigenen Familie gegenüber, nicht ihrem jeweiligen Monarchen. Verstärkt wurde diese Situation noch durch die ständig wechselnden Bündnisse verschiedener Familien, die auf den Grenzverlauf keine Rücksicht nahmen.
Für die Könige von England und Schottland war das fatal, ließ sich doch ein tatsächlicher Grenzverlauf quasi nicht mehr genau bestimmen. Bereits vor der englischen Invasion Ende des 13. Jahrhunderts hatten sich England und Schottland 1249 über ein gemeinsames „Border Law“ verständigt. Dieses wurde im Zuge des anglo-schottischen Konfliktes immer mehr ausgebaut – u.a. durch die Einführung schottischer und englischer „March Wardens“. Deren Aufgabe war es, das in „East“, „Middle“ und „West March“ aufgeteilte Grenzgebiet auf ihrer Seite der Grenze zu verwalten und auf die Einhaltung der Gesetze zu achten. Hierzu gehörte unter anderem ein Verbot von Hochzeiten zwischen Engländern und Schotten, um eine Ausbreitung der Macht einzelner Familien über den Grenzverlauf hinaus zu verhindern.
Angesichts des Gewaltpotentials der großen Reiver-Familien standen die Wardens jedoch auf verlorenem Posten. Wenig hilfreich war dabei auch, dass die schottischen Wardens meist selbst einer der Reiver-Familien entstammten und ihrerseits in Allianzen und Fehden nicht nur mit englischen Familien, sondern auch mit schottischen Konkurrenten verstrickt waren. Die Wardens auf englischer Seite waren dagegen meist Beamte aus südlicheren Landesteilen, die zwar unbefangen waren, jedoch auch kaum Unterstützung bei den lokalen Familien fanden.
Wo die Loyalitäten der Reiver wirklich lagen, macht ein Beispiel aus der Schlacht von Pinkie Cleugh im Jahre 1547, bei der Reiver-Einheiten als Kavalleriesöldner auf beiden Seiten kämpften, auf eindrucksvolle Art und Weise deutlich. So beschreibt der englische Historiker William Patten, der den Duke of Somerset auf seiner Kampagne gegen Schottland begleitete, dass Reiver-Einheiten auf beiden Seiten mitten in der Schlacht die Kämpfe einstellten, sich besprachen und danach sichtbar mit Schaukämpfen fortfuhren – man wollte die Verwandten auf der Gegenseite nicht verletzten, auf seinen Sold aber möglichst auch nicht verzichten. Obwohl es die Reiver von ihren Fähigkeiten als leichte Kavallerie durchaus mit Elitesoldaten vom Kontinent aufnehmen konnten – deutsche Landsknechte und albanische Stradioti waren wie viele andere Söldner auch am schottisch-englischen Krieg beteiligt – wurden sie daher eher ungern eingesetzt, war ihre Loyalität letztlich doch zu ungewiss.
Das Leben in den Borders
Zwischen Feldarbeit und Raubmord.
Umso größer war die Zahl der Männer, die eine große Reiver-Familie für einen Überfall zusammenbringen konnte: Bestanden die meisten Reiver-Truppen aus wenig mehr als ein paar Dutzend Reitern, sind jedoch auch Überfälle mit Truppen von 3.000 Reitern und mehr überliefert. Dabei konzentrierten sich die Überfälle vornehmlich auf die Wintermonate, wenn das Vieh in den Ställen zusammengetrieben und nach den Sommermonaten gut gemästet war. Im Sommer führten die meisten Reiver – von einigen wenigen Kriegseinsätzen abgesehen – dagegen meist ein bäuerliches Leben.
Tatsächlich hätten sich viele Border-Familien damit auch begnügt, hätte nicht ein Überbleibsel prä-normannischen Rechts viele ihrer Lebensgrundlage beraubt. „Gavelkind“ bezeichnet ein Erbrecht, das sonst vor allem in Irland, Wales und Kent verbreitet war und bestimmte, dass der Besitz nach dem Tod des Familienoberhauptes unter allen Söhnen zu gleichen Teilen geteilt wird. Oftmals war der Besitz so schon nach wenigen Generationen so klein, dass er nicht mehr ausreichte, um den Lebensunterhalt zu bestreiten – viele Grenzbewohner waren so zu einem Leben als Reiver gezwungen.
Um sich vor den Gefahren eines Lebens als Gesetzloser unter gesetzlosen Nachbarn zu schützen, bauten viele Reiver-Familien so genannte „Pele Tower“, dreistöckige befestigte Türme von bis zu 20 Metern Höhe und mit bis zu 3 Meter dicken Steinwänden. Während das Vieh im Erdgeschoss untergebracht wurde, zogen sich die Bewohner im Fall eines Angriffs in die oberen Stockwerke zurück. Zusätzlich waren die Pele Tower durch eine „barmkin“ genannte zusätzliche Ringmauer gesichert. Wer sich den Bau eines Pele Towers nicht leisten konnte, bewohnte meist ein so genanntes „bastle“, ein zweigeschossiges befestigtes Farmhaus, das ebenfalls von einer „barmkin“ umgeben war. Diese Häuser waren mit Feuer nicht zu zerstören und wurden im Fall einer nötigen vorübergehenden Aufgabe komplett mit nassem Torf gefüllt, um eine Sprengung zu verhindern.
Von „Marches“ zu „Middle Shires“
Das Ende der Border Reivers.
Solchermaßen hatten sich die Reiver über 300 Jahre lang in ihrer Tradition zwischen bäuerlicher Idylle und Raubmord eingerichtet, bis sie es 1603 schließlich zu weit trieben. Am 24. März dieses Jahres starb Elizabeth I.. In der irrigen Annahme, in der Zeit zwischen dem Tod des alten und der Proklamation des neuen Monarchen seien alle Gesetze außer Kraft gesetzt, stieß eine große Gruppe von Reivern um die Familien Armstrong, Graham und Elliott tief in den Süden vor und raubte die unglaubliche Zahl von 4.000 Stück Vieh. Dies blieb jedoch nicht lange ungesühnt.
Während alle englischen Könige vor ihm durch den Konflikt mit Schottland daran gehindert worden waren, sich dem Problem der gesetzlosen Border Region effektiv zu widmen, befand sich Elizabeth´ Nachfolger James I. als James IV. von Schottland erstmals in der Position, beide Königreiche zusammen zu regieren und auf beiden Seiten der Grenze gleichzeitig durchgreifen zu können. Er nannte die Borders in „Middle Shires“ um und machte sich sogleich ans Aufräumen: Pele Tower wurden zerstört, pathologische Reiver hingerichtet oder enteignet. Gleichzeitig wurde das System der Marsh Wardens abgeschafft und durch eine spezielle Kommission ersetzt, die aus Schotten und Engländern gleichermaßen bestand und das Recht hatte, Beschuldigte erst hinzurichten und ihnen hinterher den Prozess zu machen – eine Praxis, die als „Jeddart Justice“ in die Geschichte einging.
Viele bekannte Reiver wurden jedoch vor die Wahl gestellt, hingerichtet zu werden oder in den Armeedienst einzutreten. Vornehmliches Einsatzgebiet war dabei vor allem Irland, wo die schottischen Border Reivers eine zentrale Rolle in der so genannten „Plantation of Ulster“, der Eroberung des irischen Nordostens, spielten. Noch heute sind hier Namen wie Elliot, Armstrong oder Bell weit verbreitet. Andere Reiver-Familien zog es in die Neue Welt – Border-Traditionen lassen sich heute vor allem an der nordamerikanischen Ostküste finden. Am weitesten von allen Border Reivers hat es allerdings ein Armstrong geschafft: Neil Armstrong war 1969 der erste Mensch auf dem Mond.
Clan Blackadder
1426 – 1518
Wir rekapitulieren kurz die dynastische Geschichte Englands: Richard III. gewinnt 1485 die Schlacht von Bosworth, wird aber nach der Schlacht versehentlich erschlagen. Richard IV., einer der zuvor im Tower eingesperrten Prinzen, wird König von England. Sein Sohn Edmund, genannt „Black Adder“, wird Duke of Edinburgh und begründet die Adelsdynastie der Blackadder. Quatsch? Stimmt – diese Geschichte Englands schrieben nicht die Historiker, sondern der britische Komiker Rowan Atkinson für die BBC-Serie „Blackadder“. In Wirklichkeit hat natürlich Richard III. die Schlacht verloren, und der Gewinner, Henry VI., folgte ihm auf den Thron.
Trotzdem gab es die Blackadders wirklich – und die meisten von ihnen waren Border Reivers. 1426 erstmals erwähnt, hatte der Clan Blackadder seinen Stammsitz am Fluss Blackadder Water nahe Berwick-upon-Tweed. 1450 erhielt die Familie das Land als Belohnung für ihren „Einsatz“ als Border Reiver gegen englische Siedlungen von James II. von Schottland. Das Oberhaupt des Clans, Andrew Blackadder, kämpfte 1513 an der Seite von Douglas für Schottland in der Schlacht von Flodden und wurde getötet. Neben einigen wenigen Angehörigen auf beiden Seiten der Grenze hinterließ er nur eine Witwe und zwei kleine Töchter, was die Begehrlichkeit seiner Nachbarn, der Homes of Nedderburn weckte. Sie ermordeten Robert Blackadder, Andrews nächsten männlichen Verwandten, der zu dieser Zeit Prior des Klosters von Coldingham war, sowie dessen Bruder, den Dean of Dunblane. Sodann zwangen sie Andrews Witwe, ihre Zustimmung zur Hochzeit ihrer 8 und 9 Jahre alten Töchter Beatrix und Margeret mit den jüngsten Home-Söhnen John und Robert zu geben. Ein entfernter Verwandter, Sir John Blackadder, versuchte die Hochzeit zu verhindern, indem er Einspruch beim schottischen Parlament einlegte – leider erfolgslos. In seinem Bemühen, den Familienbesitz der Blackadders zurückzugewinnen, ermordete er schließlich den Abt von Culross, der die Trauung vollzogen hatte, wofür Sir John hingerichtet wurde. Sein Bruder Patrick, der die Bemühungen fortsetzte, wurde von der Familie Home umgebracht, womit der letzte Angehörige des Clans Blackadder starb und den Clan damit zu einem raren Exemplar machte: Er ist einer der wenigen schottischen Clans, der vollständig ausgestorben ist. Die heutige Familie der Blackadders geht dagegen ausgerechnet auf einen Home zurück: Sir John Home, der 1671 den Titel Baronet of Blackadder erhielt. Ob die Border Region ein ideales Ziel einer Schottland Rundreise ist, sollten Sie aber überdenken. Die wirklichen Schönheiten des Landes finden sich in anderen Regionen Schottlands.
DIE UNABHÄNGIGKEITSKRIEGE
Geburt einer Nation aus der Gewalt
Schottland im Mittelalter war so bequem wie ein Bett aus Disteln. Kriege mit England überdachten Kämpfe des einheimischen Adels. Die Schlacht bei Stirling Bridge markierte 1297 den Weg in die nationale Unabhängigkeit: Die Schotten unter William Wallace (gestorben 1305) und Andrew von Moray (1265-1297) schlugen die Engländer. Ein Jahr später trugen die Engländer jedoch bei Falkirk den Sieg davon. Die Hinrichtung des Aufstandsführers Wallace 1305 demonstrierte, was die englische Krone von der schottischen Unabhängigkeit hielt. Der Adlige Robert the Bruce (1274-1329) ließ sich schließlich zum König der Schotten krönen. Sein Heer bezwang 1314 die ‚Sassunach’ bei Bannockburn. Aus Chaos und Kriegen formte Schottland sich zur Gestalt eines eigenständigen Königreichs. Die Schauplätze dieser turbulenten Zeit lassen sich auch heute noch besichtigen. In Stirling zum Beispiel, nordöstlich von Glasgow, erschließt sich aufgrund der strategisch günstigen Lage als Tor zu den Highlands den Besuchern schnell, warum es gerade hier immer wieder zu dramatischen Schlachtszenen gekommen ist. Stirling Castle ist die größte der schottischen Festungen und war als solche während der Unabhängigkeitskriege heftig umkämpft. Auch die legendäre Schlacht von Bannockburn fand vor den Toren Stirlings statt. Die gesamte über 1000-jährige Stadtgeschichte wird im Royal Burgh of Stirling Visitor Centre lebendig. In Falkirk, das südlich von Stirling zu finden ist, erinnert heute hingegen nicht mehr viel an die Niederlage gegen die Engländer. Größte Attraktion ist dort nun das Falkirk Wheel, ein gigantisches, routierendes Schiffshebewerk. So imposant dieses Bauwerk auch heute wirken mag – wir werfen lieber einen Blick zurück in die Geschichte… Eine Schottland Reise mit dem Schottlandtaxi lässt Sie auch in die Geschichte eintauchen.Chaos um die Thronfolge
Der schottische König Alexander II. (1198-1286) starb bei einem Unfall. Die Thronwächter wollten Margaret (1283-1290), der ‚Maid of Norway’, die Krone aufsetzen – im damaligen Europa ein ungewöhnliches Unterfangen, denn sie war noch ein Kind. Auch Königinnen kannte diese Zeit eigentlich nicht. Die Guardians trafen ihre Entscheidung mit Kalkül: Edward von Caernarforn, Prince of Wales und Sohn des englischen Königs Edward I. (1272-1307), war zum Bräutigam auserkoren. Die Bindung zu England blieb so erhalten, und das Mädchen stand unter Kontrolle. Der frühe Tod Margarets machte den Guardians dann jedoch einen Strich durch die Rechnung; das Chaos war perfekt.
Schottische Adlige und Herrscher im Ausland gierten, das Zepter an sich zu reißen. Die Magnaten versuchten, Schottland unter sich aufzuteilen. König Edward I. sollte schlichten. Das erwies sich jedoch als eine Zwickmühle: Jeder Anwärter auf die Krone wäre an England gebunden und hätte zugleich die Rückendeckung durch die englische Monarchie. Die Gefahr durch einzelne Magnaten schien ebenso gezähmt wie Kriege der Clanchefs.
Der Haken lag in der Frage nach der gewollten Doppelmonarchie in England und Schottland – oder war ein Schottland unter englischer Herrschaft nicht doch die bessere Lösung? England und Schottland waren seit 1237 getrennt. Ein englischer König als neutraler Vermittler bedeutete nicht notwendigerweise auch die englische Oberherrschaft. Die Bewerber mussten sich jedoch Edward I. als Herrscher unterwerfen. Die Parlamentarier in Schottland reagierten empört; die Kronanwärter akzeptieren seine Spitzenfunktion. Nationalbewusstsein gehörte nicht zum Selbstverständnis der Adligen: Sie besaßen Ländereien in England und verpflichteten sich ihrem Lehnsherrn; der konnte der englische wie der schottische König sein.
In die engere Auswahl fielen Robert the Bruce (der Ältere) und John Balliol (1249-1315). Die beiden Intimfeinde kamen aus Galloway. Edward I. ernannte 1292 Balliol zum König. Das schottische Parlament akzeptierte die Ernennung, und eine stabile Einigung des Landes schien in Aussicht.
John Balliol – Der zerbrochene König
Konflikte zwischen Edward I. und John Balliol störten die Perspektive einer friedlichen Entwicklung der schottischen Nation. Der englische König verhielt sich als Schiedsrichter wie ein Fuchs im Hühnerstall. Prestige verschaffte er sich durch militärische Eroberung; die blutige Unterwerfung von Wales zementierte seinen Ruf als Tyrann. Edward I. behandelte Balliol wie einen Vasallen, bestellte ihn an seinen Hof wie einen Provinzbeamten und riss rechtliche Entscheidungen an sich, die Schottland betrafen. Er forderte die finanzielle Unterstützung der Schotten für das englische Militär und sogar Waffenhilfe im Krieg gegen Frankreich. Solche Dienste entsprachen den Pflichten eines Vasallen, aber nicht denen eines unabhängigen Königs. John Balliol war verärgert, spielte aber mit – nicht so das schottische Parlament. 1295 forderte der englische König schottische Unterstützung in seinem Krieg gegen Frankreich. Das Parlament sagte nicht nur Nein, es blieb nicht einmal mehr neutral. Die Auld Alliance sicherte dem französischen König im Falle eines Angriffs Hilfe zu. Das Parlament erklärte König Edward I. damit den Krieg und entmachtete John Balliol. König war er nur noch auf dem Papier.
Edward I. ging als ‚Hammer der Schotten’ in die Geschichte ein, denn er schlug mit dem Hammer zu: Seine Soldaten richteten an der schottischen Grenze ein Blutbad an und massakrierten die Einwohner von Berwick-upon-Tweed. 7500 Menschen fielen der Machtdemonstration zum Opfer.
Die schottischen Clans waren zwar der Gewalt nicht grundsätzlich abgeneigt, aber die Jahrzehnte zuvor gelten in Schottland als goldene Zeit des Friedens. Seit 130 Jahren hatte es keinen ernsten Waffengang mit England mehr gegeben. Im Krieg waren die Schotten nicht mehr trainiert. Jetzt ging es nicht um Dorffehden, im Gegenteil: Ihnen stand die effizienteste Armee Europas gegenüber – eine Armee, die Wales im Handstreich genommen hatte. In der Schlacht von Dunbar im Jahr 1296 hatten die Schotten keine Chance. Die Soldaten von Edward I.besetzten die Festungen von Edinburgh, Stirlington und Dumbarton.
John Balliols Platz zwischen den Stühlen hätte das Vorbild für ein Drama Shakespeares geben können: Das Parlament entzog ihm die Königsmacht, weil er sich England unterwarf, Edward I. stieß ihn in den Dreck. John Balliol musste 1296 persönlich die Symbole des Königs, Zepter, Krone, Schwert und Ring abgeben, beendete seine Karriere in englischer Gefangenschaft und im französischen Exil.
Doch diese Demütigung reichte Edward I. nicht, er wollte Schottland ein für alle Mal unter das englische Joch zwingen. Der König brachte den Stein von Scone in seinen Herrschaftssitz nach Westminster. Dieser Stein war für die schottischen Könige wie das Taufbecken für die Christen: das Zentrum der Krönungszeremonie. Fortan sollte kein schottischer König mehr ohne Einwilligung der englischen Krone gekrönt werden. Er mauerte den Stein in Westminster in den King Edward´s Chair, an die Stelle eines eigenen Königs setzte Edward I. einen Statthalter.
Der schottische Widerstand
Die schottischen Hochadligen verhielten sich abwartend. Sie lehnten den Übergriff ab, waren aber dem Treueid an Edward I. verpflichtet. Die Zeit schrie förmlich nach einem Widerstandsführer, der quer zur etablierten Adelshierarchie stand: William Wallace. Dieser Ritter hatte Edward I. keinen Treueeid geleistet und sammelte Freischärler um sich. Seine Männer verbanden sich mit denen des Earl of Moray. Die Engländer befanden sich im Dilemma einer Besatzungsmacht: Das englische Militär kontrollierte zwar die Schlüsselstellen, die Städte und Festungen, hatte aber keinen Rückhalt auf dem flachen Land. Adel und Intellektuelle waren an London gebunden, nicht aber die Bauern. Ihre Loyalität galt den traditionellen Führern; Kollaborateure galten als Verräter. Der abwartende Hochadel büßte Vertrauen ein. Die Steuerlasten wurden unerträglich, schürten die Rebellion. Wallace führte Guerillakrieg und überfiel englische Posten da, wo sie schwach waren. Er griff englische Truppen an, wenn sie über Land zogen.
Der englische Statthalter Surrey rückte nach Norden vor, um die widerständigen Schotten unter die Knute zu bringen. Ein Nimbus der Unbesiegbarkeit verleitete den Sieger von Dunbar zur Waghalsigkeit. Bei Stirling überquerte sein Heer 1297 den Forth auf einer Holzbrücke – ein ideales Terrain für einen Überfall. Die Schotten ließen eine Anzahl Soldaten den Fluss überqueren und schlugen los, während sich das englische Heer am anderen Ufer ballte und die Panzerritter im Gewühl in den Fluss fielen. Das Gewicht des Metalls zog die Elitekämpfer unter Wasser; sie ertranken entweder oder die Schotten metzelten die Bewegungsunfähigen nieder.
Die 5.000 toten Soldaten von Stirling bedeuteten für Edward I. zwar keinen direkten Nadelstich, denn England konnte die Niederlage zwar verkraften, jedoch nicht unkommentiert stehen lassen. Die Revanche folgte ein Jahr darauf. Wieder marschierte ein englisches Heer in den Norden. Wallace schien vom Sieg betrunken. Erneut stellten sich die Freischärler Edwards I. Truppen, aber nicht an einem Flaschenhals wie der Brücke von Stirling. Das Feld bei Falkirk war offen. Die Schotten bildeten eine Wand aus Schilden und Speeren, um die Lanzenritter abzuwehren. Sie präsentierten sich so wie auf einem Silberteller. Der englische Langbogen war die entscheidende militärische Innovation des späteren Mittelalters und darauf angelegt, genau solche als Schiltron bezeichneten Formationen zu knacken, Pfeilhagel schlugen zwischen die Schotten ein, den Rest erledigte dann die schwere Kavallerie.
Der geschlagene Wallace floh zunächst nach Frankreich, führte aber später seinen Guerillakrieg in Schottland weiter. Verrat ließ ihn schließlich in die Hände der Engländer fallen. Edward I. statuierte ein Exempel und ließ den Widerstandskämpfer im Jahr 1305 öffentlich hinrichten.
Bannockburn
Robert the Bruce, Enkel des Mitbewerbers von John Balliol um die Krone, war Edward I. zu Treue verpflichtet; in Dunbar hatte er für die Engländer gekämpft. Erst nach dem Tod seines Vaters führte er den Widerstand der Schotten an.
Die Niederlage von Wallace bei Falkirk mag den Ausschlag dafür gegeben haben, das Vakuum als Führer des Widerstandes zu füllen. Bruce erstach kurzerhand seinen Rivalen um die schottische Krone, John Comyn, in einer Kirche in Dumfries. Er musste handeln oder untergehen, also besetzte er Dumfries mit seinen Soldaten und krönte sich in Scone (ohne den Stein). Der selbsternannte König der Schotten überfiel 1306 die Festung Perth, verlor die Schlacht jedoch, floh und führte anschließend einen Guerillakrieg wie Wallace zuvor.
Edward I. starb 1307. Er ließ sich in einem Sarg aus Blei beerdigen. Sein Leichnam sollte in einen Goldsarg gebettet werden, wenn Schottland Teil seines Königreichs geworden war. Dieser Wunsch hat sich bis heute nicht erfüllt.
Robert the Bruce nutzte die Schwäche Englands und überzog den Nordosten Schottlands mit Krieg. Er nahm eine Festung nach der anderen ein. Stirling, ein strategisch wichtiger Posten, blieb jedoch in englischer Hand. Bruce forderte den neuen englischen König Edward II. heraus und stellte ihm ein Ultimatum, um Stirling zu übergeben. Der jedoch machte dem Namen seines Vaters alle Ehre und schwang den Hammer: 15.000 Infanteristen und 2.000 Reiter fielen in Schottland ein. Die Schotten hatten lediglich ein Viertel der Reiter und die Hälfte der Fußsoldaten aufzubieten. Sie waren zwar keine blau bemalten Zottelbärte wie in Mel Gibsons Braveheart, aber von der Ausbildung und Bewaffnung her den Engländern dennoch nicht gewachsen.
Der größte Sieg der Schotten verlief nach der List, die auch schon Arminius den Sieg über die Legionen von Kaiser Augustus bescherte. Sie lautet: Locke den Feind in dir vertrautes Gebiet.
Die Schotten stellten die Engländer darum 1314 zwischen den Flüssen von Bannockburn, südlich von Stirling Castle.
Die Fehden ruhten. Die MacDonalds, mit Bruce verfeindet, kämpften gegen die Engländer mit ihm. Die Flüsse Bannock und Pelstream zwängten die englischen Soldaten ein. Ihre Überzahl erwies sich als Nachteil; es gelang nicht, die von Schotten attackierten Massen zu sammeln. Der Schilltron hielt. Schottische Reiter zersprengten die Langbogenschützen, der Pfeilhagel gegen die Mauer aus Spießen und Schilden blieb aus. Tausende von Engländern fanden den Tod.
Edward II. (1284-2327) verhielt sich nicht wie sein Vater, für den es nur Unterwerfung des Feindes oder Niederlage gegeben hatte, sondern ließ die Schotten ins Leere laufen. Roberts Bruder, Edward the Bruce, forderte den englischen König heraus: Er krönte sich zum König von Irland – es kam jedoch keine Reaktion. Die Schotten besetzten daraufhin Berwick. Sie rückten 1318 bis nach Yorkshire vor; Edward II. ignorierte sie noch immer. Die Niederlage bei Bannockburn gilt bis heute als größte militärische Katastrophe Englands seit der Schlacht von Hastings 1066, die William the Conqueror an die Macht gebracht hatte.
Das Manifest von Arbroath
Die Schotten befanden sich in einem Dilemma; denn ohne offizielle Anerkennung brachten ihnen ihre Siege nichts. Sie wendeten sich folgerichtig an die Kontinentalmächte statt an den englischen König. Die an den Papst geschriebene Erklärung von Arbroath von 1320 gilt als Manifest der schottischen Nation. Das in Latein verfasste Dokument nimmt Rechtsstaatlichkeit vorweg – die Trennung von König und Nation:
„Wenn (…) der Fürst (…) zustimmen sollte, dass wir oder unser Königreich dem König oder Volk von England unterworfen würden, werden wir ihn sofort als unseren Feind ausstoßen, als Umstürzer seiner und unserer Rechte, und wir werden einen anderen zum König machen, der unsere Freiheiten verteidigt. (…) Denn wir kämpfen nicht für Ruhm oder Reichtum noch Ehre, sondern für die Freiheit allein, welche kein tapferer Mann aufgibt, es sei denn mit seinem Leben.“
Das Manifest wurde zum Inbegriff des schottischen Nationalbewusstseins. Individuelle Freiheit und nationale Unabhängigkeit sowie die Abgrenzung von und der Widerstand gegen England prägen bis heute den schottischen Patriotismus weit mehr als Dudelsäcke oder Haggis. Es handelt sich dabei ja auch um eine historisch entstandene Selbstdefinition – im Unterschied zu konstruierten Nationalmythen anderer Länder (wie um Arminius, den Cherusker, der weder Deutscher war noch Hermann hieß). Kernsätze des Dokuments zitierten John Fourdon (1320-1384), Hector Boece (1465-1536), John Mair (1467-1550) und George Buchanan (1505-1582).
Frieden mit England
Die Kriege finanzierte Edward II. über neue Steuern und brachte so die Adligen gegen sich auf. Seine Feldzüge stürzten England ökonomisch in die Krise, während die Schotten triumphierten. Die Angriffe auf Yorkshire waren keine Grenzscharmützel, sondern trafen englisches Kernland. Thomas, Earl von Lancaster, Sprecher des Parlaments und Widersacher des Königs, gab Edward II. die Schuld am Fiasko von Bannockburn.
Isabella von Frankreich (1295-1338), die Tochter von Philip IV., schmiedete seit der Hochzeit mit Edward II. im Jahre 1308 Intrigen gegen ihren Gatten. Der ging die Ehe ein, um eine Allianz mit Frankreich zu schmieden, lehnte Isabella persönlich aber ab. Der homosexuelle König besetzte stattdessen Schlüsselstellen mit seinen Liebhabern. Der politisch schwache und militärisch erfolglose König erwies sich überdies als Tyrann und enteignete Adlige, die sich erhoben hatten. Die trugen den Konflikt schlussendlich mit Waffen aus. Edward II. siegte über die Aufständischen in der Schlacht von Boroughbridge im Jahr 1322. Thomas, der Earl of Lancaster, geriet in Gefangenschaft. Der König ließ ihn ebenso hinrichten wie dutzende andere Feudalherren.
Der bewaffnete Widerstand des Adels war so zwar gebrochen, der Hass auf Edward II. hingegen wuchs. Seine Willkür brüskierte Isabella. Sie hatte gegenüber den gemäßigten Adligen vermittelt; jetzt verbündete sie sich mit widerspenstigen Baronen unter Führung von Lord Roger Mortimer (1287-1330), die Edward II. durch seine Günstlingswirtschaft von der Macht fernhielt. 1324 brach Mortimer aus dem Gefängnis im Tower of London aus, und Isabella floh mit ihrem Liebhaber in die französische Heimat.
1325 beging Edward II. dann aber einen folgenschweren Fehler: Er sandte seinen Sohn nach Frankreich, statt selbst die Verhandlungen zu führen. Isabella und Mortimer behielten den legitimen Thronfolger einfach da und fielen im Jahr darauf mit einer Söldnerarmee in England ein. Englische Adlige beteiligten sich am Angriff, und im November 1326 fiel schließlich der König den Feinden in die Hände. Im Januar 1327 musste er den Königstitel abgeben.
Isabella und Mortimer hatten keinen Konflikt mit den Schotten und unterschrieben 1328 in Northampton einen Friedensvertrag. Dieser bestätigte den Status Schottlands als unabhängiges Land und erkannte Robert the Bruce als König an. Der Gründungsvater der schottischen Nation starb ein Jahr später.
Der Krieg kehrt zurück
David II. (1324-1371) trat im Jahr 1329 die Nachfolge von Robert the Bruce an – im zarten Alter von fünf Jahren. Ein Kind auf dem Thron lockte jedoch die aufsässigen Feudalherren wie ein Rehkitz die Wölfe, denn Robert the Bruce hatte schottische Kollaborateure und Günstlinge Edwards II. enteignet. Diese Adligen planten von Frankreich und England aus den Sturz des Königs. Sie überzeugten den Sohn John Balliols, Edward Balliol (1283-1364), vom Exil in der Picardie nach Schottland in den Krieg zu ziehen.
Edward III. von England (1312-1377) stützte Edward Balliol, um Schottland seinen imperialen Gelüsten einzuverleiben. Das Ziel, selbst König von Schottland zu werden, hatte für den englischen Regenten dabei oberste Priorität.
1332 besiegte die Armee die schottischen Truppen in Dublin Moor, nahe Perth. David beendete seine königliche Herrschaft mit neun Jahren und floh nach Frankreich; Edward Balliol ließ sich krönen. Er hatte allerdings keinen Rückhalt bei den Schotten, kaum Verbündete beim einheimischen Adel und keine Erfahrung mit der Machtbalance der Clans. Edward Balliol floh, suchte Hilfe in England und startete einen Feldzug mit englischen Soldaten. Bei Halidon Hill erlitten die Schotten 1333 eine Niederlage. Diesmal versanken die Schotten im Sumpf, während die englischen Langbogenschützen sie von den Hügeln erschossen. Der schottische Adel war so gut wie ausgelöscht. Die Schlacht markiert das Ende der Kriege um die schottische Unabhängigkeit.
Ein Konflikt um die Herrschaft des englischen Königs als Herzog von Aquitanien entfachte als Streit um die Kronfolge in Frankreich zwischen Edward III. und Philipp VI. aus dem Geschlecht Valois. Edward III. konzentrierte sich auf seine Interessen in Frankreich und rüstete zum Krieg auf dem Kontinent. 1334 setzte Edward III. Edward Balliol ab: 1335 wurde Balliol erneut König; 1336 trat er wieder zurück. Erst 1356 beendete er sein Streben nach der Krone und starb 1364 in Einsamkeit.
Schottische Hochadlige zogen 1340 auf den Kontinent, um in dem beginnenden Hundertjährigen Krieg auf der Seite Frankreichs gegen England zu kämpfen. David II. kehrte 1346 aus Frankreich zurück – mit der Rückendeckung der Auld Alliance. Er richtete ohne militärischen Sinn Massaker an Dörflern an. Bei Neville´s Cross schlugen die Engländer seine Truppen und nahmen den Wiederkehrer gefangen. Die nächsten 11 Jahre lebte er in englischer Obhut – nicht bei Wasser und Brot, sondern als gut versorgter Freigänger unter Kontrolle. Schottland kaufte ihn gegen hohes Lösegeld frei. Ein Patriot war David II. ebenso wenig wie Edward Balliol. Das Luxusleben in London behagte ihm mehr als die raue alte Heimat. Er schlug Edward III. als seinen Nachfolger vor. Auf den Thron gelangt, verhinderte David II. Aufstände schottischer Adliger gegen die englische Krone. 1371 starb er in Edinburgh. Die ruhmlosen Könige Edward Balliol und David II. hinterließen ein zerrissenes Land.
Robert the Bruce
Robert I. (1274-1329) regierte Schottland von 1306 bis 1329. Er wurde bekannt als Robert the Bruce, Robert de Brus oder auch Robert a Briuis. Er begründete seinen Thronanspruch mit der Nachfolge von David I. Seine Eltern, der Earl und die Countess von Carrick, vererbten ihm die Grafschaft Ayrshire. Robert wuchs am Hof Edwards I. auf und sah John Balliol als illegitim an.
Im schottischen Widerstand hielt Bruce sich anfangs zurück, weil er einen Treueid auf Edward I. geleistet hatte. Als der Earl von Carrick jedoch starb, ergriff er die Chance. Zunächst tötete er seinen Rivalen um die schottische Krone, John Comyn, in einer Kirche in Dumfries, dann nahm er mit seinen Soldaten die Stadt ein und krönte sich in Scone. Im Jahr 1306 überfiel er Perth, verlor aber die anschließende Schlacht. Seine Lage war schlecht: Die normannischen Adligen misstrauten ihm aufgrund seiner Erziehung am Londoner Hof, so dass er nicht auf ihre Unterstützung vertrauen konnte.
Robert Bruce floh zunächst auf die Hebriden, reiste im Februar 1307 aber wieder nach Schottland ein und führte einen Guerillakrieg. Nach ersten Erfolgen unterstützten ihn jetzt auch die schottischen Magnaten. Er besiegte die Engländer bei Glen Trool und Loudon Hill. Edward I. enteignete Robert the Bruce daraufhin. Er veröffentlichte auch den Bann, den der Papst über den Adligen gelegt hatte. Außerdem ließ er Roberts drei jüngere Brüder ermorden und sperrte seine Mutter und Schwester ein. Doch 1307 starb ‚Edward, the Hammer’, und sein Nachfolger,Edward II., verfügte zu Roberts Glück nicht über dessen brutale Stärke. Robert the Bruce führte nun Krieg gegen die Engländer und nahm dabei eine Festung nach der anderen ein.
Stirling, ein strategisch wichtiger Posten, blieb jedoch in englischer Hand. Bruce forderte den neuen englischen König Edward II. heraus und stellte ihm ein Ultimatum, Stirling zu übergeben. Der machte dem Namen seines Vaters aber schließlich doch noch alle Ehre und schwang den Hammer: 15.000 Infanteristen und 2.000 Reiter fielen in Schottland ein. Robert the Bruce stellte die Engländer 1314 in Bannockburn, südlich von Stirling Castle und siegte. Bannockburn gilt seither als Triumph der Schotten, als größte Niederlage der Engländer und Robert I. als einer der wichtigsten Herrscher Schottlands.
William Wallace
William Wallys von Elderslye (gestorben am 23. August 1305) kämpfte für die schottische Unabhängigkeit und ebnete den Weg für Robert, the Bruce. Wallys (oder modern: Wallace) kam in Elderslye oder Elderslie zur Welt, wann, ist unbekannt. Bei dem Geburtsort kann es sich um Elderslie in Renfreahire handeln, aber auch um Ellerslie in Ayrshire. Der wahrscheinliche Vater war der Ritter David Wallace aus Loudom.
William wuchs bei seinem Onkel in der Nähe von Stirling auf und sollte ursprünglich Priester werden. Er lernte lesen und schreiben. Warum Wallace Freiheitskämpfer wurde, wissen wir nicht.
1296 zwang König Edward I.von England John Balliol zum Abdanken. William Wallace war Edward im Unterschied zu den schottischen Adligen nicht verbunden und zog darum zusammen mit den Truppen des Earl of Moray in den Krieg. Seine Männer zerschlugen ein englisches Heer, und die Aufständischen drangen bis weit nach England vor. Wallace übernahm dabei die Regierungsfunktion. Das geht aus einem Dokument hervor, mit denen er den Hansestädten Lübeck und Hamburg 1297 freies Geleit zusicherte.
Bei Falkirk folgte jedoch die Revanche der Engländer. Militärische Erfahrung und technische Übermacht entschieden – die englische Armee zerrieb die Aufständischen, und Wallace floh nach Frankreich. Schließlich fiel er durch Verrat den Engländern in die Hände. Die Richter verurteilten ihn wegen Hochverrats zu Hängen, Ausweiden und Vierteilen, denn er weigerte sich, den Treueid auf England zu leisten. Bevor der Scharfrichter ihn auseinanderriss, musste er nackt durch London laufen und sich mit Unrat, Kot und Steinen bewerfen lassen. Der Henker hängte ihn, kastrierte ihn und verbrannte seine Eingeweide vor den Augen des Sterbenden. Mel Gibson brüllt im Film „Freiheit!“, von Wallace sind hingegen die Worte überliefert:
„Ihr englischen Straßenköter, verweichlichte Nutten seid ihr, küsst meinen schottischen Arsch und seid stolz darauf, dies tun zu können, denn etwas Besseres kann einem jämmerlichen Engländer nicht passieren.“
Der Leibrichter zerschnitt seinen Körper und spießte seinen Kopf auf die London Bridge.
Margaret, Maid of Norway
Kinder wurden nicht gefragt, wen sie später heiraten wollten; wenigstens darin waren sich Wikinger und Kelten einig. Alexander III., der letzte keltische König Schottlands, starb 1286, und die drei Jahre alte Enkelin Margaret, the ‚Maid of Norway’, sollte auf den Thron krabbeln.
Margaret war die einzige Überlebende der Royal Family, Sproß von Alexanders Tochter und Erich II., dem König von Norwegen. Alexander entschied, dass die Kleine die Nachfolge stellen sollte, und als er 1286 tödlich vom Pferd fiel, segelte eine Delegation aus Schottland nach Norwegen, um die Thronfolgerin zur Krönung zu geleiten. Sechs Truchsesse sollten regieren, bis Margaret erwachsen sei.
Die Herrscher handelten mit dem Mädchen wie mit einem Aktienpaket: Erich II. verhandelte mit Edward I. (1272-1307) über Margarets Heirat. Sollten die schottischen Adligen sich weigern, die ‘Maid of Norway’ zu akzeptieren, konnte Erich das Kind trotzdem mit dem Sohn von Edward I., Edward von Caernarforn, Prince of Wales, verheiraten und zur Königin von England machen. Die Minderjährige zur schottischen Königin zu ernennen, versprach den Clanoberhäuptern, die Fäden in der Hand zu behalten. Edward traf sich mit Robert, the Bruce, in Salisbury im Oktober 1289. Die Guardians unterzeichneten den Vertrag von Salisbury. Sie schrieben fest, dass Margaret zunächst vor dem 1.11.1290 nach Schottland kommen sollte und erst dann ihre Heirat geklärt werden würde.
1290 fuhr die angehende Königin also auf die Orkneys, um von dort nach Schottland zu reisen. Meeresstürme tobten, und Margaret wartete auf ihre Abfahrt in Kirkwall. Dort starb sie jedoch am 26.September, acht Jahre alt, an einer Krankheit – übrigens am gleichen Ort wie Jahrzehnte zuvor ihr Verwandter König Haakan IV. Historiker streiten bis heute darüber, ob Margaret nun Königin von Schottland war, weil sie vor der Krönung starb und nie nach Schottland gekommen war.
Alexander hatte das Kind als Nachfolgerin bestimmt, um einen Bürgerkrieg zu verhindern. Genau der brach nach ihrem Tode los. Die Magnaten kämpften um die Macht, die Verbindung zwischen Norwegen und Schottland zerbrach.
Thomas the Rymour
Thomas, der Wahre (etwa 1220-1298), hieß mit bürgerlichem Namen Thomas Learmounth und war ein Großgrundbesitzer aus Earlston an der englischen Grenze. Er galt als von Gott auserwählt, die Schotten in die Unabhängigkeit zu führen. Seine Prophezeiungen verschafften ihm den Nimbus eines schottischen Nostradamus. Der italienische Gelehrte konnte politisch denken, Thomas dichten. Angeblich sagte er den Tod von Alexander III. voraus.
Im Mittelalter wimmelte es von Figuren, die in ‚Gottes Auftrag’ handelten und Charismatiker posaunten, was das Volk erhoffte. Thomas goss seine ‚Visionen’ in schwammige, aber ästhetische Form, ein guter Trick, denn Analyse und Kritik entsprachen nicht dem Zeitgeist. Seine Anhänger fanden in ihm den Messias der Befreiung Schottlands, den sie ersehnten. ‚Der Wahre’ lautete sein Name, weil seine Aussagen vermeintlich zutrafen. Thomas verwendete einen Trick, den auch heutige Esoteriker beherrschen: Etwas trifft wahrscheinlich zu, wenn der Inhalt verschwommen bleibt.
So erkannte er:
‚On the morrow, afore noon, shall blow the greatest wind that ever was heard before in Scotland.’
Am nächsten Tag starb König Alexander III., wie aus der Prophezeiung treffsicher hervorgeht (und wenn er nicht gestorben wäre, hätte zumindest eine frische Brise geweht …).
Bereits zu seinen Lebzeiten besangen die Schotten ihren Magier in der Ballade ‚Thomas the Rhymer’, einem mystischen Epos, in dem neben Learmouth Feen auftreten: Der Prophet führt eine sexuelle Beziehung mit der Feenkönigin und bereist ihre Welt. Später erschien ein Roman über ‚Thomas of Erceldoune‘, der sich an der Ballade orientiert. Seine Anhänger glaubten, Thomas sei nach seinem Tod in das Feenreich gekommen. J.R.R.Tolkien wollte mit dem Herrn der Ringe einen britischen Mythos schaffen. Der Hobbit Frodo reist nach der Zerstörung des Ringes der Macht mit den Elfen nach Valinor ein klassisches Motiv, vielleicht von ‚Thomas, dem Wahren’ inspiriert.
Gallóglaigh
Schottische Söldner in Irland und Schottland
Unter dem Namen „Gallóglaigh“ („fremder Krieger“) waren schottische Söldner aus dem Nordwesten Schottlands bekannt, die vor in Irland eine zentrale Rolle in allen mittelalterlichen Konflikten spielten, aber auch auf beiden Seiten der schottischen Unabhängigkeitskriege kämpften. In den irischen Annalen des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnt, kamen die Galloglass – so ihr englischer Name – vor allem von den Hebrideninseln. Ihre Rüstung und Bewaffnung mit Kettenpanzer und einem offenen Helm ähnelten daher mehr denen der Wikinger als den üblichen mittelalterlichen Truppen. Die bevorzugte Waffe der Galloglass war eine lange Axt – auch das ein Erbe ihrer Wikingervorfahren.
Kriegerclans wie die MacCabes, die MacDonnels, MacDowells, MacRorys, MacSheehys oder MacSweeneys waren in ganz Irland berühmt und berüchtigt. Bis in das 17. Jahrhundert hinein bildeten Galloglass das Herz der irischen Infanterie. Doch auch auf dem Kontinent kämpften die legendären Söldner – eine Zeichnung von Dürer aus dem Jahr 1521 zeigt Galloglass Söldner unter dem Befehl eines kontinentaleuropäischen Führers.
DIE STUARTS
Die berühmte Dynastie der Schotten
Das Haus Stuart (ursprünglich eigentlich Stewart) war jene Herrscherdynastie, die seit 1371 Schottlands Könige stellte und (mit Unterbrechungen) von 1603 bis 1714 auch England regierte. Die Stuarts sind nicht umsonst bis heute weltbekannt, denn es passierte viel in Großbritannien und Europa zu ihrer Zeit: Die Stuarts etablierten eine Dynastie, Schottland wurde ein eigenständiger Staat, Bürger der Städte beteiligten sich im Parlament, die ‚Lords of the Articles’ übernahmen Regierungsaufgaben… Ein oberster Gerichtshof umriss die Unabhängigkeit der Justiz, und Universitäten markierten die Entwicklung der Nation: St. Andrews 1413, Glasgow 1453, Aberdeen 1495. Die Krone musste zwar ihre Souveränität verteidigen, dehnte ihren Einfluss dabei aber stetig aus. Die Hebriden, die Orkneys und Shetlandinseln wurden schließlich auch Teil des Königreichs. Aber neben diesen Erfolgen gab es auch viel Blutvergießen, Leid und den einen oder anderen Mord…
Aufstieg der Stuarts in Hunger und Pest
Der Beginn der Stuarts ließ ihren späteren Ruhm zunächst nicht ahnen. Die Landschaften Schottlands konnten die Clansmen so genießen wie ein Rikschafahrer die Traumstrände Sri Lankas. Die Clanführer waren Vollstrecker und Gesetzgeber, nicht aber die königlichen Beamten. Die Sippe prägte die Lebensstruktur. Das Traditionsrecht galt nicht nur für kleine Delikte wie Holzdiebstahl, und die Chieftains verhängten die entsprechenden Todesstrafen. Viehdiebstahl und Frauenraub gehörten zum Alltag, ebenso Grausamkeit gegenüber anderen Clans und die Hinrichtung von ‚Verrätern’. Die Blutrache machte Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern. Raub und Totschlag folgten den Jahreszeiten: Im Winter scharten sich die Clans mit ihren Tieren um Torffeuer im Gestank ihrer fensterlosen Steinhäuser; im Sommer überfielen sie die Nachbarn. Die Gesetze innerhalb der Clans gingen einher mit Widerstand gegenüber zentralen Autoritäten. Noch heute gilt Wildern in den Highlands als Volkssport.
Schottland entwickelte sich aus dem städtischem Feudalsystem in den Lowlands auf der einen und den Clans in den Highlands auf der anderen Seite. Die Zugehörigkeit zu den Campbells, MacDonalds und anderen definierte die soziale Stellung und ging von der Kernfamilie aus. Wie die Mafia wuchsen die Sippen in das staatliche System hinein. Könige setzten die Bischöfe ein, Geistliche arbeiteten als Juristen wie Diplomaten und formten den Staat der frühen Neuzeit gegen die Herrschaft der Clans. Kreuz und Thron verband der Horizont über die schottischen Moore hinweg – politisch bei den Monarchen, die sich mit den Großreichen verschwägerten, spirituell bei der Geistlichkeit, die das universale Wort Gottes predigte. Den Herren der Clans ging es um Blut und Boden.
Die schottische Natur erscheint uns heutzutage romantisch; die Einheimischen kämpften in ihr jedoch um das nackte Überleben. Moorböden ließen den Broterwerb zum Martyrium werden. Stürme zerstörten die Ernte. Erst die Kartoffel aus der Neuen Welt linderte die Not. Die mangelnde Hygiene bot Krankheitserregern einen Garten Eden. Nur Pest und Lepra machten Bauern und Adel gleich. Die Pest brach wie eine wiederkehrende Sturmflut ein; 1648, nach einem letzten Wüten, verschwand sie schließlich.
Die Städte emanzipierten sich im Laufe der Zeit von der Krone. Eigene Stadtverwaltungen machten das Sprichwort ‚Stadtluft macht frei’ zur Wirklichkeit. Die gesellschaftliche Oberschicht residierte dort in den oberen Stockwerken, unten hausten die kleinen Leute hingegen zwischen Exkrementen. Zahlreiche Intellektuelle diskutierten nun wie in London und Paris auch in Edinburgh, das sich zu einer europäischen Stadt entfaltete. Doch zuvor verabschiedete sich noch das Mittelalter auf schottische Art.
Die Stuarts, bis Maria noch in der ursprüglichen Schreibweise Stewart, gingen aus der einstmals bretonischen Familie FitzAlan hervor und hatten am schottischen Königshof das erbliche Amt des Truchsessen (englisch: steward) inne. Ein Sproß der Famile, Alan der Jüngere, verließ eines schönen Tages die Bretagne und begab sich an den Hof König Heinrichs I. von England.
Dessen dritter Sohn, Walter, ging schließlich nach Schottland und wurde dort 1. Steward des Königs David I. Walter erhielt für seinen Dienst unter anderem Ländereien in Renfrewshire.
James Stewart, der 5. Lord High Steward, wurde 1286 zu einem der sechs Regenten von Schottland gewählt. Sein Sohn wiederum, Walter III., kommandierte in der Schlacht von Bannockburn den linken Flügel und trug damit wesentlich zum Sieg über die Engländer bei. Er heiratete Marjorie, die Tochter des Königs Robert Bruce. Nach dessen Tod pilgerte James Douglas ins Heilige Land, um dort das Herz von Robert Bruce zu bestatten, während Walter Stewart das Reich verwaltete.
Der Zaudernde und der Krüppel
Robert II. (1316-1390) besetzte dann als Enkel von Robert the Bruce ab 1371 als erster Stewart schließlich den Thron. Er überließ die eigentliche Herrschaft jedoch seinen Söhnen John, Robert und Alexander, ja, er beteiligte sich nicht einmal an einem Krieg mit England 1378, in dem die Eindringlinge im Jahr 1380 sogar Edinburgh niederbrannten. Roberts Sohn John (1340-1406), nicht aber der König, führte die Schlachten.
Denn den Willen zur Gewalt, der Robert II. fehlte, besaßen seine Söhne im Übermaß: Alexander, Earl of Buchanan, brachte seine Raublust den Namen „Wolf von Badenoch“ ein. Beleidigungen zahlte er hundertfach zurück: Seine ‚wild wikked Hielandmen’ zerschlugen 1390 einfach die Kathedrale von Elgin, weil der Bischof ihm Ehebruch unterstellte. Die Ruinen stehen noch heute und sind genauso ein beliebtes Ausflugsziel wie Fotomotiv. Bei Ihrer Schottland Individualreise mit dem Schottlandtaxi bekommen Sie aber auch erheblich schönere Motive vor die Kameralinse.
An der englischen Grenze machten sich währenddessen die Maxwells, Johnstones und Elliots einen Namen; im Osten stiegen die Scotts, Kerrs und Humes auf; im Südwesten führten die Kennedys ihre Fehden. Das Parlament stärkte die Interessen der Clanchefs, und auch Robert arbeitete mit den gebildeten Schichten zusammen, weil er Geld brauchte. Die kleinen Landlords konnten sich Debatten nicht leisten. Das Parlament entwickelte sich zu einer Clique von Klerikern und Rentiers.
1390 trat John als Robert III. die Nachfolge seines Vaters an. Er lahmte (in Folge eines Pferdetritts) und war bei allem auf die Hilfe seines Bruders, des Dukes von Albany (1340-1420) angewiesen, der ebenfalls den Namen Robert trug. Robert III. versuchte, seinen Sohn Jakob (1394-1437) in Sicherheit vor den Engländern zu bringen. Piraten verkauften den Zwölfjährigen jedoch an die Engländer. Ob tatsächlich sein Onkel hinter der Entführung steckte, wie manche vermuten, bleibt unbewiesen. Der Thronfolger in spe landete im Tower von London. Robert III. starb 1406, der Legende nach an Verzweiflung.
Der Dichter und Henker
Der Duke von Albany regierte daraufhin bis 1420 als „father in law“ seines gefangenen Neffen. Magnaten agierten als Könige im Königreich, und die Grenze zwischen Feudalherren und Räuberbanden zerfloss endgültig. Die Earls von Douglas stellten den Lord von Galloway, ihr vierter Earl beanspruchte die Krone. Die Lords of the Isles hatten ein autonomes Reich gegründet.
Robert spekulierte darauf, dass sein Neffe auf immer verschwunden bliebe. Erfolgreich vereitelte er dessen Freikauf und besetzte stattdessen Regierungsämter mit seinen Söhnen. Während die Clans ihre Fehden führten, wies die neu gegründete Universität St. Andrews 1411 den Weg nach Europa. Eine Erziehung in Recht und Theologie ermöglichte den Zugang zu den Bildungszentren in Italien und Frankreich.
Schließlich betrat der richtige Herrscher für diese Entwicklung das politische Feld. Jakobs Gefangenschaft hatte die Vetternwirtschaft des Dukes von Albany ermöglicht und brachte nun ihre Nemesis nach Schottland. Der Duke von Albany starb 1420. Daraufhin kehrte ein junger Mann im Jahr 1424 als James I. zurück. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits erfahren in der Kriegsführung, gebildet in Literatur, wusste Bescheid über Recht und Staatswesen, und er war belesener als jeder schottische König zuvor.
Er ließ Roberts Söhne wegen Hochverrates exekutieren. Jakob, James I., trieb aber nicht Egomanie, sondern Idealismus zu dieser Tat. Joan Beaufort heiratete er aus Liebe und schrieb ihr Gedichte – ein Schöngeist unter Raubeinen.
Er schrieb:
„If God give me but the life of a dog, I will make the key keep the castle.”
James I. trieb nun Steuern auch von den Eliten ein, außerdem verbot er den Export von Gold. Als erster Monarch entwarf er Gesetze für jene Details, die die Clans nach Gewohnheit regelten. Er verbot Fußball und Wilderei, regelte die Ausrottung von Wölfen und Saatkrähen, schrieb eine Kleiderordnung vor und brachte mit all diesen Bestimmungen die einfachen Leute gegen sich auf, denn die persönliche Freiheit gehörte zu den Clansmen wie ihr Dolch. Zu ihren Freiheiten zählten sie Jagd, Fischerei und Garderobe. Jakob griff schließlich die Lords of the Ilses an, um sie unter das schottische Zepter zu zwingen.
Edinburgh entwickelte sich derweil zur Hauptstadt des Landes. Der Monarch baute dort seinen Hof auf und formte ein Parlament wie in London, mit einem Ober- und Unterhaus. Die Herren der Clans besetzten die eine Kammer, die kleinen Landlords die andere. Der König setzte ‚Lords of the articles’ ein, um die Verwaltung zu regeln. Diese Würdenträger wurden jedoch zu einer Schattenregierung, die das eigentliche Parlament an der Nase herumführte.
Kinderkönige
Ein Gefolgsmann des Dukes von Albany hatte überlebt und sorgte nun seinerseits dafür, dass James I. nicht überlebte. Robert Graham of Kincardine ermordete 1442 James I. und setzte mit seinem Sohn, Jakob II. (1437-1460), einen Sechsjährigen auf den Thron. Den interessierte zwar nicht die Bildung so wie seinen Vorgänger, er teilte mit ihm aber die Vorliebe für Waffentechnik. Er setzte als Erster im Land Kanonen ein. Doch wer die Feuerwaffe nimmt… Eine Kanone explodierte und beendete sein Leben, noch bevor es erblühen konnte.
Jakob III., der Sohn Jakobs II., folgte ihm im Jahr 1460. Die Expansion, die seine Vorgänger mit dem Schwert vergeblich versucht hatten, erreichte er durch Heirat: Mit Margaret, Tochter des Königs von Dänemark, Norwegen und Schweden fielen 1472 die Orkneys und Shetlands an Schottland.
Berwick-upon-Tweed war zu dieser Zeit in englischer Hand. Doch jetzt zerfleischten sich die Nachbarn in den Rosenkriegen. Die Schotten nutzten diese Schwäche und besetzten die Stadt 1461. Doch die Festung auszubauen, verschlang Geld, das die Schotten nicht hatten. 1483 fiel der Grenzposten endgültig an England zurück.
Das Kinderkönigtum hatte das Parlament gestärkt. Die Ausdehnung Schottland vergrößerte jetzt die Macht des Souveräns. Die Oligarchen wollten aber keinen König, der ihre Macht schmälerte. Die Herren von Coldringham warfen sich James Truppen bei Stirling entgegen; er starb in der Schlacht an einer Stichwunde, und der Spross des Königs bestieg den Thron.
Geist und Gewalt
James IV. (1488-1513) begeisterte sich für Militär, Musik, Kunst, Kleidung und Magie, sprach gälisch und hatte von Anfang an einen Vertrauensvorschuss. Sein Versuch, die Clanchefs einzusetzen, um seine Gesetze zu vollstrecken, schlug allerdings fehl. Die Barone der Lowlands führten dann die Arbeit als königliche Beamte aus, ohne Widerstand zu leisten. Die Führer im Norden pochten hingegen weiterhin auf ihre Autonomie. Lediglich die Gordons und Campbells arbeiteten als Offiziere des Königs.
James IV. heiratete im Jahre 1503 Margaret von Tudor, die Tochter von Heinrich VI. Damit band er Schottland an England und erneuerte auch das Bündnis mit Frankreich. Aus Feinden wurden Verbündete – nur England und Frankreich waren sich noch immer spinnefeind. James IV. residierte in Schlössern, nicht in Trutzburgen. Repräsentation, nicht das Schwert kennzeichnete seine Macht. 1507 ließ James IV. den Buchdruck zu. Literatur auf Schottisch, aber auch Gesetzestexte und Geschichtsschreibung erblühten.
Der Reformer zerbrach an der Brachialität seines Verbündeten. Heinrich VIII. fiel in Frankreich ein; James IV. war zur Loyalität verpflichtet, er kämpfte also mit den Schotten gegen England und starb 1513 auf dem Schlachtfeld von Flodden – in dem Krieg, den zu verhindern sein Lebensziel gewesen war.
Der Feuerkopf
James V. (1513-1542) entflammte wie ein Feuer aus Piniennadeln, verglühte aber auch ebenso schnell. Er setzte die Reihe der kids on the throne fort. Archibald Douglas hielt den Kleinen im Castle of Edinburgh gefangen und regierte derweil selbst. James Mutter befreite den Jungen 1528, und mit Sechzehn ergriff er dann Zepter und Schwert. Douglas floh nach England, die Heere des Youngsters zerschlugen derweil eine Magnatenarmee an der Südgrenze und metzelten die MacDonalds auf den Hebriden nieder.
James baute das oberste Gericht aus, indem er feste Stellen für die Richter schuf. Er erneuerte das Bündnis mit Frankreich und besiegelte es durch die Heirat mit Madeleine, der französischen Königstocher, und 1538 – nach deren Tod – durch eine zweite Ehe mit Marie de Guise (1515-1560), der Erbfolgerin von Lothringen. 1540 wurde seine Gemahlin Königin von Schottland. Heinrich VIII. (1491-1547), König von England und James Onkel, gründete derweil die anglikanische Kirche, um die Scheidungen von und die Morde an seinen Gattinnen zu legalisieren. Er bot dem Schotten ein Bündnis an, doch James IV. setzte auf Frankreich.
Der Onkel war nicht für Zugeständnisse berühmt, darin war er seinem Neffen gleich. Der Londoner Blaubart hatte schon James´ Vater zermalmt. Die schottische Wildkatze forderte jetzt den englischen Löwen heraus, und der wischte sie bei Solway Moss mit der Pranke weg. Die schottische Armee lag in Trümmern, ebenso die Psyche von James V..
Eine Nachricht versetzte ihm schließlich den Todesstoß: Kein Prinz würde die Schmach mit englischem Blut tilgen; denn die Königin hatte ein Mädchen zur Welt gebracht. James V. starb im Dezember 1542 wenige Tage nach der Geburt, angeblich aus gekränktem Männerstolz. Seine Tochter machte ihrem wilden Vater jedoch alle Ehre. Keine Kalkulation kühlte ihre Leidenschaften: Mary, Queen of Scots, ging in die Geschichte ein.
Maria Stuart – Das Martyrium einer Mörderin?
Maria Stuart (1542-1587) schillert in der Geschichte Europas wie ein Schmetterling – von Friedrich Schiller verewigt, zu Lebzeiten besungen, wurde Mary, Queen of Scots, zur Königin der Herzen von Edinburgh bis Inverness. Maria kam als Königin von Schottland auf die Welt, und kein halbes Jahr später wurde sie mit Edward, dem Sohn von Heinrich VIII., verheiratet. Doch die Schotten kündigten den Vertrag, der ihre kleine, aber unabhängige Heimat de facto zu einer englischen Provinz gemacht hätte. Marie von Lothringen, ihre Mutter, ließ das Kind in Frankreich erziehen und verheiratete sie mit dem Sohn von Katharina von Medici (1519-1589), Frank II. von Frankreich. Der starb aber nur wenig später. Maria war siebzehn, Witwe und französische Königin. Sie zog mit ihrer Mutter nach Edinburgh.
Katholiken befehdeten sich zu diesem Zeitpunkt mit Calvinisten. John Knox (1514-1572) versammelte die Protestanten, und Heinrichs VIII. anglikanische Kirche rührte in der religiösen Suppe kräftig mit. Schottland bebte, das Parlament erklärte den Calvinismus zur Staatsreligion, die Katholiken ergriffen die Waffen. Elisabeth I. (1533-1603) führte die Calvinisten, wohl wissend, dass die römische Kirche die Scheidung Heinrichs VIII. von seiner ersten Frau nicht anerkennen würde. Damit hätte sie, Tochter der ermordeten Anne Boleyn, auch nicht das Recht auf den Thron. Nur Maria Stuart in Schottland war der Katholiken legitime Thronfolgerin.
Mary, so der schottische Name, versprach derweil Religionsfreiheit. Sie zerbrach aber das Porzellan, das sie selbst gekittet hatte, durch die Heirat mit Danley. Der war Protestant, die Ehe aber katholisch. Mary entfachte 1565 mit ihrer Liebeslust Krieg zwischen Katholiken und Protestanten. Calvinistische Aufständische griffen Edinburgh an, und Lord Bothwell schlug sie mit 18.000 Soldaten nieder. Danley kochte derweil vor Eifersucht auf den Dichter Pierre de Chastelard, der die schöne Herrin umgarnte. Er brachte ihn schließlich um – mit Marias Einverständnis.
Danley arbeite mit den Calvinisten zusammen und brachte Mary dazu, ihm auf Lebenszeit den Königstitel zu geben. Ihr Vertrauter David Ricchio verteidigte seine Königin, der Gatte ließ auch ihn kurzerhand totschlagen. Die junge Herrscherin brachte den Doppelmörder aber nicht etwa in den Kerker, sondern floh mit ihm vor den Calvinisten. Bothwell, ihr Geliebter, schlug die Rebellen erneut.
‚Bis dass der Tod euch scheidet’, galt bei Maria Stuart wörtlich: Der Mörder Danley lag schließlich erdrosselt in einem Garten. Der Liebhaber stand zwar vor Gericht, wurde aber freigesprochen und heiratete die Königin. Mary zog ihren (noch von dem Erwürgten gezeugten) Sohn groß und ernannte Bothwell zum Herzog.
Dem Volk aber galt Bothwell als Mörder. Die zweite interkonfessionelle Ehe brüskierte überdies Katholiken wie Protestanten; Marys Liebesleben entfesselte einen zweiten Bürgerkrieg. Der Bräutigam ließ in dieser prekären Lage die Gattin allein, floh nach Skandinavien, und Maria landete im Kerker. Königstreue befreiten die Gefangene jedoch und stellten eine Truppe auf, um den Thron Schottlands wieder zu besetzen. Den hatte jetzt ihr Halbbruder Lord Murray eingenommen. Ihm fehlte zwar Marys sexuelle Ausstrahlung, dafür kannte er sich mit Kriegführung aus. Er zerschlug kurzerhand den Heerhaufen ihrer Anhänger.
Maria lief zur englischen Grenze. Ohne Liebhaber und ohne Land lieferte sie sich Elisabeth aus. Das Schloss Bolten in Yorkshire bezog sie zugleich als politische Asylantin und Gefangene. Ihr Charme wirkte erneut; der Lord von Norfolk, eigentlich ein Vertrauter von Elisabeth, verfiel der anmutigen Exilantin und rief katholische Landlords zur Rebellion auf. Der englischen Königin fehlten Marys weibliche Reize; sie verstand aber die Mechanismen der Politik. Die Intrige flog auf, der Treulose wurde hingerichtet, seine Verehrte wurde in Schloss Sheffield unter Hausarrest gesetzt. Ihr Leben hing nun vom Wohlwollen ihrer Konkurrentin ab, denn das englische Parlament und die Protestanten forderten Marys Kopf.
Maria Stuart hatte die 30 kaum überschritten, drei Gatten verbraucht, war Königin von Frankreich und Schottland gewesen, mit Liebhabern durchgebrannt, war vergöttlicht und in den Dreck gestoßen worden. Jetzt saß sie lebendig begraben hinter Festungsmauern und sollte das noch weitere neunzehn Jahre lang tun.
1581 versuchte sie, vergangene Glorie wiederzuerlangen. Katharina von Medici schlug ihr vor, Mary zu befreien, wenn sie sich mit ihrem Sohn die schottische Krone teilte. Elisabeth erfuhr jedoch davon, ebenso von Marias zweitem Plan: Anthony Babington, ein weiterer Verehrer der schönen Schottin, wollte die Rivalin ermorden. Die Queen ließ ihn kurzerhand exekutieren. Mary stand jetzt vor Gericht, angeklagt wegen Hochverrats und Verschwörung. 1586 erging das Todesurteil. Elisabeth zögerte, es zu unterschreiben, doch Marias Sohn, Jakob VI. von Schottland, ging seine Macht über Mutterliebe. Für die englische Krone – nach Elisabeth Tod – sollte Marys Kopf rollen.
Die Verurteilte nutzte im Jahr 1587 die letzte Gelegenheit, sich darzustellen, und sagte, sie stürbe als Märtyrerin des katholischen Glaubens. Der Henker schlug ihr den Kopf ab. Die Londoner triumphierten, nicht so Elisabeth, die den Tod aus strategischen Gründen nicht gewollt hatte.
Denn jetzt griffen die Katholiken zu den Waffen. Philipp II. schickte die Armada in den Seekrieg gegen England. Doch den Aufstieg Londons zur Weltmacht konnte niemand aufhalten, auch er nicht. Elisabeth´ Versprechen erfüllte sich: Marys Sohn setzte sich als Jakob I. 1603 die englische Krone auf.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte? Die Schotten hätten Elisabeth als Königin nicht akzeptiert, die Protestanten Mary nicht. Ohne Maß und ohne Rücksicht auf Leib und Leben anderer entsprach Maria Stuart einer Herrscherin; vor ihrer sexuellen Ausstrahlung und Erbfolge verblasste Elisabeth; ihr jedoch fehlte deren Selbstdisziplin.
Mary scheiterte nicht heldenhaft wie William Wallace, sie scheiterte auch nicht tragisch wie James IV.; sie scheiterte wie ein Teenager, dessen Allmachtsfantasie an der Realität abprallt allerdings in königlichem Ausmaß. Maria Stuart gelangte zum Gipfel der Macht und fiel auf das Schafott. Die beiden ungleichen Königinnen stellten jedoch die Weichen für die neue Zeit: Nicht schottische Passion, sondern englischer Sinn für Tatsachen begründete das größte Imperium der Geschichte. Die Bilanz der britischen Kaufleute führte zur Weltherrschaft, Maria Stuarts Überschwang aber formte sie zur Ikone der Dichter und zu einem Kunstwerk des Lebens.
Als Elisabeth im Jahre 1603 kinderlos starb, war Marys Sohn Jakob plötzlich nicht nur Regent von Schottland, sondern als nächster Verwandter des alten englischen Königshauses auch König von England und Irland. Nun waren die Stuarts auch in diesen Ländern an der Macht. Von Anfang an versuchte der König, seine Regierung, die so viele unterschiedliche Interessen vereinen musste, zu festigen. Er war der Erste, der den Begriff Großbritannien für sein Königreich auch politisch nutzte. In diesem Zusammhang führte er die „Union Jack“ als Flagge ein – sie ist eine Vermischung des englischen Georgskreuzes und des schottischen Andreaskreuzes.
Meist war er anderer Meinung als das Parlament, eine bewaffnete Auseinandersetzung konnte er aber zeitlebens verhindern. Im Jahre 1605 wurde ein Anschlag englischer Katholiken auf König und Parlament in letzter Minute vereitelt.
Seine Entscheidungen als englischer König werden unterschiedlich beurteilt, aber als schottischer König, der Staat und Gesellschaft umgestaltete, war er unzweifelhaft sehr erfolgreich.
Wer sich heute auf die Spuren der Stewarts begeben möchte, der ist vor allem in Edinburgh gut aufgehoben. Vor allem Edinburgh Castle als Schauplatz der schottischen Königsgeschichte lohnt immer einen Besuch. Hier, in der High Street, befindet sich übrigens auch das Haus, in dem der Reformator John Knox seine letzten Tage verbrachte. Heute beherbergt es ein Museum.
Lords of the Isles
Die „Lords of the Isles“ waren die Herrscher eines semiautonomen Reiches im Westen der schottischen Highlands. Der Chief des Clans der MacDonalds fungierte gleichzeitig als Lord of the Isles („dominus insularum“), dessen Machtzentrum auf der Insel Islay lag. Dort tagte eine Ratsversammlung der verschiedenen Zweige der MacDonalds und ihrer Vasallen (MacKinnons, MacLeods, MacNeills, MacLeans etc.).
Zurückzuführen ist das Lordship of the Isles auf Somerled, einen Kriegerfürsten halb keltischer, halb nordischer Herkunft, der sich zum Gebieter von Kintyre und einiger Hebrideninseln aufwarf. In einer Seeschlacht bei der Insel Colonsay konnte er seine Rivalen besiegen. Er fiel im Kampf gegen die schottische Krone im Jahre 1164 bei Renfrew. Seine Nachfahren begründeten verschiedene Clans: die MacDougalls, die MacRuaridhs, die MacDonalds. Während die MacRuaridhs später durch verschiedene Fehden aus Schottland verdrängt wurden (viele verdingten sich in Irland als „Galloglas“ genannte Söldner), nahmen die MacDougalls als Herren von Lorne eine beherrschende Stellung ein, bis sie im Schottischen Unabhängigkeitskrieg auf das falsche Pferd setzen und Robert the Bruce bekämpften. Auch aus der Familie der Chiefs der MacDonalds gab es Opposition: Alexander MacDonald stellte sich gegen den Schottenkönig, wurde aber von seinem jüngeren Bruder Angus Og (I.) entmachtet. Sein Sohn John war der erste Lord of the Isles, der diesen Titel auch offiziell führte. Er hatte aus zwei Ehen mehrere Söhne, die verschiedene Zweige der MacDonalds begründeten und sich auch in Nordirland (MacDonnells of Antrim) festsetzen konnten. Johns Erbe Donald erhob Ansprüche auf die Grafschaft Ross; in der Schlacht von Harlaw 1411 jedoch konnte der Earl of Mar aus dem Hause Stewart den Vormarsch der MacDonalds stoppen.
Der nächste Lord of the Isles war Donalds Sohn Alexander, der sich mächtig genug fühlte, offen den schottischen König herauszufordern. Deshalb saß er gleich zweimal in Festungshaft, konnte aber freikommen und seine politische Stellung behaupten. Er konnte sogar die Grafschaft Ross für das Lordship gewinnen. Sein Sohn John war der nächste Lord.
Hauptgrund für den Niedergang der MacDonalds war der interne Zwist zwischen John MacDonald, dem letzten offiziellen Lord of the Isles, und seinem Sohn Angus Og (II.). Die Auseinandersetzung kulminierte in der Seeschlacht von Bloody Bay (bei Tobermory auf der Insel Mull), in der die MacLeods of Dunvegan ihre berühmte Fairy Flag (Feenflagge) setzten. Daraufhin wechselten die mit Angus Og verbündeten MacLeods of Lewis die Seiten und retteten ihre Verwandten, die Schlacht gewann aber Angus Og. Nach dem gewaltsamen Tode von Angus Og zerfiel das Lordship, sein Sohn Donald Dhu konnte mit der Hilfe der loyal gebliebenen Clans zweimal den Versuch einer Rückeroberung unternehmen, bevor er in Irland verstarb. Danach kämpften verschiedene Zweige der MacDonalds um den Führungsanspruch, und es kam auch mit anderen Clans (besonders den MacLeans, Mackenzies und MacLeods) zu bitteren Kämpfen. Den letzten Versuch, das alte Lordship of the Isles wieder zu errichten, unternahmen in den 1640er Jahren der Earl of Antrim und sein entfernter Verwandter Alasdair MacColla MacDonald.
Der Titel „Lord of the Isles“ gehört zum royalen Inventar des britischen Königreiches und steht heute Prince Charles zu. Lord MacDonald, der Chief der MacDonalds of Sleat, der auf der Insel Skye ein erstklassiges Hotel betreibt, ist Nachfahre in direkter Linie von den Lords of the Isles.
Angus Og - MacDonald of the Isles
Angus Og war der illegitime Sohn des letzten „offiziellen” Lords of the Isles, John (oder gälisch: Iain). Er übertraf seinen Vater aber an Tatkraft, politischem Weitblick und historischer Bedeutung bei Weitem.
Er wurde um 1445 geboren und trat das erste Mal auf der politischen Bühne in Erscheinung, als er einen Angriff auf Inverness anführte. Dazu hatte er den Oberbefehl über alle Kämpfer des Lordships bekommen und war als Erbe seines Vaters anerkannt worden. Die Einnahme von Inverness glückte, aber die schottische Krone bekam Wind von den hochverräterischen Abmachungen Lord Johns mit dem englischen König und holte zum Gegenschlag aus. Angus Og wurde zum Sündenbock gemacht. Er eroberte die Halbinsel Trotternish auf der Isle of Skye von den MacLeods. 1479 entmachtete er seinen Vater, der wieder mit dem englischen König verhandelt hatte. Die schottische Krone versuchte, Angus Og aus der Grafschaft Ross zu vertreiben, was im ersten Anlauf 1483 misslang (Schlacht bei Laagebrad), im zweiten Versuch aber glückte. Angus Og war mit der Tochter des Earls of Argyll verheiratet, die Ehe war unglücklich, und sein Schwiegervater näherte sich politisch der schottischen Krone an. Mehrere Vasallen der Lords of the Isles stellten sich auf die Seite von Angus Ogs Vater John, so die MacLeans etc; die verschiedenen Zweige der MacDonalds hielten zu Angus Og, der seine Gegner in der Seeschlacht von „Bloody Bay“ besiegen konnte. Dann unternahm er einen großen Streifzug bis vor die Mauern von Blair Castle, geriet aber auf der Rückfahrt nach Islay in einen schweren Sturm.
1486 verhinderte er, dass Rory the Black MacLeod die Chiefswürde der MacLeods of Lewis an sich reißen konnte. 1487 formierte sich eine Oppositionsgruppe mächtiger Adliger gegen König James III. Angus Og sah seine Chance, die Grafschaft Ross wiederzugewinnen. Er konnte Inverness erobern. Ein irischer Harfenspieler, Diarmaid O’Cairbre, offenbar von Rory the Black gedungen, ermordete Abgus Og während des Feldzuges in Castle Dounie.
John Knox
(1514-1572)
Priester, Kämpfer, Reformator und Gründer der „Church of Scotland“
Mit noch jungen Jahren studierte Knox Theologie und Rechtswissenschaften an der Universität von St. Andrew. Später schloss er sich einem eifrigen Verfechter des Protestantismus mit Namen George Wishart an. Knox soll ein fanatischer Anhänger mit schwarzem Bart und finsterem Blick gewesen sein, der mit seinem beidhändig geführten Schwert über das Leben seines religiösen Führers wachte.
Einige Jahre später wurde Wishart wegen unterschiedlicher Vergehen angeklagt. Man beschuldigte ihn der Ketzerei sowie der Kollaboration mit den Engländern und befand ihn für schuldig. Anschließend verbrannte man ihn in Anwesenheit des Kardinals David Beaton. Knox, der Wishart nicht vor der Ermordung bewahren konnte, erstürmte daraufhin zusammen mit anderen Protestanten das Schloss in St. Andrews, wo sich der Kardinal aufhielt. Sie ermordeten den kirchlichen Würdenträger und sollen seinen Körper aus dem Fenster gestoßen haben, bevor sie sich in dem Schloss verschanzten. Dennoch eroberten es die Feinde der Protestanten zurück und ergriffen Knox, der die folgenden zwei Jahre in Haft auf einer Galeere zubringen musste.
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft wirkte Knox eine Zeit lang als Prediger, bis Mary Tudor 1553 den englischen Thron bestieg. Sie versuchte, das Land zum katholischen Glauben zurückzuführen. Knox ging nach Genf, wo er die folgenden zwei Jahre verbrachte, und begann, Johannes Calvin mit glühender Verehrung anzuhängen. Von dessen strengen Predigten überzeugt, kehrte er nach einer Weile nach Schottland zurück, wo ihn die Regentin ächtete. Doch große Teile der Bevölkerung jubelten ihm zu. Nach einer Predigt von Knox gegen die Bilderverehrung der Katholiken kam es zur Zerstörung von Kirchen, Gottesbildern und Reliquien durch den empörten Mob. Der Protestantismus fand mehr und mehr Zuspruch in der Bevölkerung und setzte sich nach dem Tod der schottischen Regentin im Jahre 1560 weiter durch.
Nachdem die Katholikin Maria Stuart die Macht in Schottland übernommen hatte, trat ihr Knox betont provokant gegenüber, woraufhin man ihn des Hochverrats bezichtigte. Die Anklage endete jedoch mit einem Freispruch. Maria Stuart gelang es nicht, die nachhaltigen Spannungen in ihrem Land beizulegen. So wurde sie im Jahr 1567 dazu gezwungen, zu Gunsten ihres Sohnes abzudanken. Auch hier war Knox zugegen, der zu diesem Anlass eine Predigt hielt. Schließlich ging Knox nach Edinburgh, wo er im Jahr 1572 starb.
Die Reformation in Schottland
Glaube, Politik und Krieg
Wie auch auf dem Kontinent und in England war in Schottland die Zeit der Reformation durch komplizierte politische Wirren und Querelen geprägt. Im 16. Jahrhundert setzte sich in Schottland immer stärker der Protestantismus durch. Dies verringerte naturgemäß den Einfluss der katholischen Obrigkeit.
Im Jahr 1637 versuchte der Erzbischof William Laud, in der schottischen Kirche ein anglikanisch geprägtes Gebetsbuch einzuführen. Viele der dort angeführten Artikel widersprachen aber der Überzeugung der schottischen Protestanten. Dies führte zur Unterzeichnung des „National Covenant“ („Bundesschluss“) durch einen großen Teil der adligen und bürgerlichen Schotten, die sich damit der Treue zum Presbyterianismus verschworen. Neben dem Ziel der religiösen Freiheit leitete sie dabei auch die Sehnsucht nach nationaler Unabhängigkeit.
Im Jahr 1560 kam es schließlich zum Wiedererstarken der Monarchie der Stuarts. Sie führten erneut eine bischöfliche Kirchenleitung in Schottland ein. Schottland war erneut katholisch. Fast 300 der geistlichen Würdenträger, die der neuen schottischen Kirchenverfassung anhingen, wurden von den Kanzeln vertrieben. Die Covenanters waren gezwungen, ihre Gottesdienste unter freiem Himmel abzuhalten. Einige Hundert von ihnen sind in der Zeit zwischen 1679-1688 verfolgt und ermordet worden. Erst mit der Revolution von 1688 in England wandte sich das Blatt. Ab 1690 hatten auch die Forderungen der Presbyterianer ihren festen Platz in der schottischen Kirchenverfassung.
STIRLING CASTLE
In seiner Bedeutung für Schottland wird Stirling Castle nur von Edinburgh Castle überschattet. 1110 erstmals erwähnt, war Stirling Castle immer im Besitz der schottischen Krone. Obwohl es auch in den Schottischen Unabhängigkeitskriegen eine zentrale Rolle spielte und während der Jacobite Risings von 1746 eine der letzten Belagerungen auf britischem Boden über sich ergehen lassen musste, ist es vor allem seine Bedeutung für die schottischen Herrscher aus der Stuart-Dynastie, die einen Besuch Stirling Castles für jeden geschichtlich interessierten Schottlandreisenden unverzichtbar macht. Vor allem die drei Monarchen James IV., James V. und James VI. haben ihre Spuren in Stirling Castle hinterlassen. Auf Wunsch beinhaltet eine Schottland Rundreise mit dem Schottlandtaxi auch Stirling und seine Sehenswürdigkeiten.
1503 fertiggestellt, war die große Halle, in Auftrag gegeben von James IV., zu dieser Zeit der größte nichtkirchliche Innenraum in ganz Schottland. Ausgestattet mit 5 Kaminen, einem System von unterirdischen Versorgungsgängen und vier spiralförmigen Treppenhäusern, über die man eine Galerie für Musiker und Chöre und eine Galerie für zeremonielle Trompeter erreicht, diente die Halle nicht nur zu Feiern, sondern wurde täglich als Speisesaal genutzt. Das größte Event, das die Great Hall in ihrer Geschichte gesehen hat, hat das Gebäude aber James VI. zu verdanken, der hier 1594 die Taufe seines Sohnes Henry feierte. Zu diesem Anlass wurde ein 5 Meter langes Schiff mit aufgetakelten Segeln und 36 Kanonen in den Saal gerollt, um auf diesem den Fischgang zu servieren. Ebenfalls auf James IV. geht die äußere Vorburg zurück, die jedoch heute leider durch eine Anfang des 18. Jahrhunderts erbaute zusätzliche äußere Befestigung verdeckt wird. Bedauerlicherweise wurden dabei auch die obersten beiden Stockwerke der Vorburg demontiert und zwei halbrunde Tortürme ganz abgerissen, die das nach französischem Vorbild errichtete Bauwerk an beiden Seiten flankierten. Noch heute gibt der erhalten gebliebene Teil jedoch ein eindrucksvolles Zeugnis für die zur Schau gestellte königliche Macht James´ IV. ab.
Auch sein Nachfolger James V. hatte ein Faible für französische Architektur, war seine Frau, Mary von Guise, doch französischer Abstammung. Ihre Mitgift nutzte James V. unter anderem dafür, einen neuen Palast zu erbauen, in dessen Inneren man heute die wiederhergestellten königlichen Gemächer besichtigen kann. Zwischen 1537 und 1543 erbaut, ist der Palast eine Kombination aus Renaissance und Spätgotik. Der Nordtrakt beherbergt die Gemächer des Königs, der Südtrakt den Bereich der Königin, wobei beide Gebäudeteile ähnlich aufgebaut sind: Von der Wachkammer gelangt man zuerst in den Audienzsaal und schließlich in die Privatgemächer. Während die drei Fassaden auf der Innenseite kunstvoll verziert sind, macht die dem Felsen zugewandte Westfassade einen unfertigen Eindruck, was daran liegt, dass sie nach dem Tod von James V. nie vollendet wurde.
Zu Zeiten James´ V. war die Decke seines Audienzsaals mit 41 aus Holz geschnitzten kreisrunden Portraits geschmückt, die jedoch 1777 entfernt wurden. Nach einem Zwischenaufenthalt im Edinburgh Castle befinden sich die originalen „Stirling Heads“ mittlerweile wieder in Stirling Castle – einige sind im Original in einem speziellen Ausstellungsbereich zu sehen, während die Decke des Audienzsaals heute mit Nachbildungen der einst kunstvoll bemalten Holzreliefs geschmückt ist. Dargestellt sind neben James I., James IV. und James V. selbst unter anderem andere europäische Herrscher wie Karl V. und Henry VIII., berühmte Führer der Geschichte wie Julius Caesar und Kaiser Titus sowie verschiedene Edelleute. Ein besonderer Fund wurde an Kopf Nr. 20 gemacht – dieser hat die Noten einer Harfenmelodie in seinen Rand geschnitzt.
Ein weiteres Highlight des Palastes sind die so genannten „Unicorn Tapestries“, kunstvoll gewebte Wandteppiche, die Mary von Guise in Auftrag gegeben hat. Die Originale befinden sich heute in einem New Yorker Museum, die gezeigten Teppiche wurden auf der Burg selbst nachgewebt. Auch die Weberwerkstatt ist übrigens auf dem Burggelände zu besichtigen – dort entstehen noch heute wunderschöne Wandbehänge im Renaissance-Stil. Den Abschluss der massiven Umbauarbeiten der Stuartkönige machte James VI. mit einer neuen Kapelle, die er 1594 anlässlich der Taufe seines ersten Sohnes Henry errichten ließ. 1603 außer Betrieb genommen, als der Hof nach London umzog, wurde die Kapelle 1633 anlässlich des Krönungsbesuches von Charles I. renoviert – viele der Wandgemälde aus dieser Zeit sind noch heute zu sehen.
DIE JAKOBITEN
Der Aufstand der Jakobiten
„Kein König außer Gott und James“
Das United Kingdom von 1707 widersprach zwar dem Selbstbild der Schotten, brachte aber Vorteile: Clankrieger stiegen nun zu Generälen des Weltreichs auf, statt sich im Moor zu bekriegen, und Bauern verdienten mit ihrem Fleisch in London ein Vermögen. Die Kultur wurde britisch; mit David Hume (1711-1776) prägten Schotten den Geist der Moderne, in Bonnie Prince Charlie (1720-1788) fanden die Schotten ihren Don Quichote. Nicht Ehre, sondern Mehrwert schuf das Empire.
Kein König außer Gott
George Mackenzie (1636-1691) besiegte die Presbyterianer im Jahr 1679 bei Bothwell Bridge. Er ließ danach 1200 von ihnen im ‚Covenanters Prison’ auf dem Greyfriar´s Graveyard in Edinburgh einsperren und elendig verhungern. Den Gründer der Advocates Library kennt der schottische Volksmund als ‚Bloody Mackenzie’ und Erfinder des Konzentrationslagers.
James VII. (1633-1701) bestieg 1685 den schottischen Thron. Er schwor, als Katholik die Protestanten zu achten, und erlaubte im Jahr 1687, Gott auf die eigene Art zu huldigen, wenn die Gläubigen nur der Krone die Treue hielten. Dieser König tolerierte die Presbyterianer. Er spaltete und herrschte, befriedete die Angepassten, aber er kriminalisierte die konsequenten Covenanters. Denn die ‚Society People’ erkannten keinen Herren außer Gott an – und kein Herr sie: Der König ließ die Führer der Demokraten hinrichten.
Der Sturz der Stuarts
Der Kalvinist Wilhelm von Oranien (1650-1702) rief daraufhin zum Sturz des ‚Tyrannen’ auf, und schottische Adlige schlugen den Holländer als König vor. Er landete mit 15.000 Mann auf den britischen Inseln. Die Volkssouveränität, definiert auf einer Convention in Edinburgh, gab der Volksversammlung das Recht, den König abzusetzen. James VII. verlor die Krone und zog gen Frankreich. Wilhelm regierte ab 1690 als King William England und Schottland.
Die Lowlanders standen England nahe; Highlander standen für die Stuarts Gewehr bei Fuß. Diese Jakobiten hatten bei Killecrankie 1689 gesiegt und ihren Führer, Viscount Dundee, verloren. Presbyterianer stützten William, und die Kaufleute profitierten von der Anbindung an England. Viele Jakobiten kämpften für die Autarkie der Highlands, aber nicht für die generelle Freiheit der Schotten. Denn auch Schotten genossen mit der neuen ‚bill of rights’ mehr bürgerliche Rechte als unter den Stuarts. Das Aufgebot von James Anhängern zerschlug Wilhelms Armee 1690 bei Cromdale, und er demonstrierte seine Macht mit dem Bau des Forts William.
Das Massaker an den Mac Donalds
Ganz Schottland war 1691 von den Soldaten des Königs besetzt. Doch die Besetzung war nicht ganz vollständig: Die Mac Donalds ignorierten das Fort William in ihrer Nachbarschaft und lebten in ihrer eigenen Zeit. Das lag vor allem an der Lage ihrer Heimat: Das Tal von Glencoe versteckt sich wie ein Feenreich in den schottischen Alpen, begrenzt durch das Rannoch Moor und den Loch Levenside.
Die MacDonalds von Glencoe verteidigten ihren Beinamen ,Galgenhorde’ mit Überfällen auf die Campbells. Die Männer beider Clans starben jung, wobei die Campbells den höheren Blutzoll leisteten. Die ‚Gallowherd’ griff die Patrouillen von King William an, wo sie konnte.
William setzte dagegen gleichzeitig auf Gewalt und Milde. Im August 1691 versprach er dem Abtrünnigen Amnestie, wenn die Rebellen bis zum 1.1. 1692 vor dem Sheriff von Argyllshire einen Eid auf ihn leisteten. Wenn sie dies nicht tun würden, versprach er „Punishment to the utmost extremity of the law“. Die Clanchefs fügten sich nur widerwillig im Laufe des Herbstes. Sie lebten verstreut und brachten die Ernte ein; aber einer nach dem anderen schwor – bis auf Alasdair McIain, dem Haupt der MacDonalds.
Freibeuter sind keine Märtyrer, Verachtung von Autoritäten und Aufopferung für Ideale zwei Paar Schuhe; sein Sohn John überzeugte Alasdair schließlich, den Eid abzulegen. Der Chief erschien mit einigen Reitern am 30.12. in Fort William, um zu schwören. Der Kommandant John Hill freute sich zwar darüber, formal musste Alasdair aber den Eid beim Campbell-Sheriff in Inventry leisten, fünfzig Meilen entfernt und unmöglich rechtzeitig zu erreichen.
Hill schrieb, die ‚lost sheep’ hätten sich pünktlich ergeben, und bat, den Eid abzunehmen. McIain steckte das Dokument ein und ritt in die Kälte; am 2.1. erreichte die halb erfrorene Schar Inventry, um zu erfahren, dass der Sheriff in sein Dorf gereist sei. Drei Tage später kam der Offizier zurück, Alasdair stürmte in das Courthouse und zeigte den Brief vor. Der Campbell lehnte jedoch ab, den Eid zu bestätigen: „Du bist fünf Tage zu spät und hattest doch zuvor fünf Monate Zeit.“ Beide wussten, dass dieses Versäumnis, das heute zwar saftige Mahngebühren zur Folge hätte, damals den Tod bedeutete. Alasdair weinte: „Ich verpfände meine Ehre für das gute Benehmen meiner Leute.“ Dem Sheriff war klar, dass die Ehre mehr galt als jedes Gesetz des Königs und dass ein MacDonald vor einem Campbell zu Kreuze kroch. Er sagte: „Ich schicke den Brief nach Edinburgh und bestätige deine Zustimmung.“ Alasdair dankte. Gedemütigt, aber voll Hoffnung reiste er in die Heimat und sagte seinen Clanmembers, dass sie in Sicherheit seien.
Der Brief kam an, er wanderte durch die Hände von Campbell-Beamten, und MacIains Name fehlte noch immer auf der Liste der Eidschwörer. Der Master of Stair, John Dalrymphe, zählte die Glenorchy Campbells zu seinen Freunden. Er verhielt sich in puncto einer friedlichen Lösung wie ein Frettchen im Kaninchenbau. Der Staatssekretär tobte, weil Alasdair sich ergeben hatte, und forderte: „Es ist ein großes Werk der Barmherzigkeit, diese verdammenswerte Pest vollständig auszurotten.“ Jetzt winkte die Chance, sich an den Mac Donalds zu rächen und die Glenorchys zum mächtigsten Zweig der Campbells zu erheben, abgesegnet von Williams Auftrag, den Widerstand zu bezwingen. Dalrymphe schrieb darum an Livingstone, den Befehlshaber des schottischen Heeres, und an John Hill: „Das Vieh beschlagnahmen und die Häuser abbrennen, ist nicht genug. Diese Diebesbande muss mit den Wurzeln ausgerissen und abgeschnitten werden.“
Sein Zusatz „schnell und geheim“ betonte den gewollten Rechtsbruch, denn der öffentliche Vollzug demonstrierte die königliche Gewalt, und die Clans hatten sich ohnehin seit jeher die Köpfe eingeschlagen, (und das gilt wirklich wörtlich). Geplanten Völkermord jedoch, die vollständige Vernichtung eines Stammesgruppe mit dem ausschließlichen Kriterium der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe, hatte es bis dato in Schottland nie gegeben: Hilfe für die Kranken, Alten und Hungernden auch der feindlichen Clans war in den Highlands genauso heilig wie den Christen die Taufe. Noch heute stehen die Bothies, die Jagdhütten, offen, und jeder ist verpflichtet, Nahrung und Holz zu hinterlassen – in sturmgepeitschter Natur oftmals eine Sache von Leben und Tod.
Die Campbells wussten das nur zu gut, aber sie saßen jetzt an den Hebeln der Macht aus London. Um Missverständnisse auszuschließen, lautete der Befehl an James Hamilton‚ „die Regierung nicht mit Gefangenen zu belasten.“ Der Offizier stellte die Glenynon Campbells als Vollstrecker ein, verriet deren Clanchef, einem spielsüchtigen Alkoholiker, nur, dass sie Stellung beziehen sollten. John Hill unterschrieb das Todesurteil – gegen seinen Willen.
Die ungebetenen Gäste marschierten nach Glencoe und forderten Unterkunft. Der Campbell-Führer gab sein Ehrenwort, in Frieden zu kommen. John MacDonald hatte keine Wahl und achtete das Gebot der Gastfreundschaft. Beide blieben wachsam und benahmen sich vorbildlich; die Campbells ignorierten die ihnen gestohlenen Rinder in den Dörfern, und die MacDonalds schwiegen zu den Übergriffen der Nachbarn. Am Tag spielten sie Highland Games, bei Nacht tranken und sangen sie gemeinsam.
Alasdair MacIain und Robert Campbell spielten in der Nacht des 12.1. Karten, da las der Gast den Geheimbefehl. Er bedankte sich für die Gastfreundschaft und ging zu seinen Männern. Am Morgen schoss ein Soldat Alasdair in den Kopf, als der Alte sich sein Hemd anzog.
Die Campbells töteten, wen sie fanden, von achtzigjährigen Greisen bis zu Kleinkindern, trieben die Kühe und Schafe in die Wildnis und legten Feuer an die Häuser – mitsamt Bewohnern. Der Schnee fiel auf 38 Tote im Tal herab und auf Überlebende, die in die Berge flohen; denn barmherzige Soldaten hatten einige der Mac Donalds gewarnt.
Im August 1692 schleppte sich John Mac Iain mit einem zerlumpten Haufen nach Fort William und schwor den Eid. Zwei Jahre später ordnete der König eine Untersuchung des Massakers an; keiner der Verantwortlichen wurde jedoch bestraft.
Die Campbell-Soldaten versuchten einen Völkermord. Für das Selbstverständnis der Highländer taten sie jedoch noch weit Schlimmeres: Sie schändeten das Sakrament der Gastfreundschaft. Das Massaker markiert den Sieg des modernen Empires über das alte Schottland. Die Campbells profitierten, erhielten aber einen neuen Namen: „Klan of Kain“. Politisch setzte sich London durch; das kollektive Unbewusste von Schotten und Engländern vergiftete das Massaker, und die Campbells tragen das Kainsmal – bis heute.
Clanmänner töteten Clan Members. Engländer besetzten dabei lediglich Schlüsselstellen. Diese ‚indirect rule’ führte nicht zuletzt auch die britische Kolonialpolitik zum Erfolg. Eine Handvoll Briten sollte über 500 Fürstentümer in Indien herrschen; das ‚dirty work’ dabei erledigten Einheimische.
Schottland Rundreisen mit dem Schottlandtaxi können eindrucksvoll auch an solche Schauplätze führen.
Lasst uns alle Briten sein?
Das Glencoe Massaker beendete die Clangesellschaft des Mittelalters. ‚The institutions of the law of Scotland’ von James Dalrymphe ordnete das Recht nach römischen Gesetzen, und England riss den Nachbarn in die Moderne hinein. 1705 sagte der Earl von Cromarty: „Lasst uns alle Briten sein“, 1707 gründete sich Great Britain als Staat. Kaufleute profitierten vom Freihandel, doch für die kleinen Leute bedeutete die Einheit unerträgliche Steuern. Schottland blieb Peripherie – 1700 lebten in Edinburgh gerade einmal 60.000 Menschen – doch Neugründungen wie das Royal College of Physicians erreichten europäisches Niveau.
Die einfachen Leute beeindruckten die religiösen Konflikte kaum. Selbst unter den Covenanters riefen nur wenige: „No King but Christ.“ Der politische Widerspruch forcierte den religiösen: Der Großteil des Grundbesitzes gehörte der Kirche; die Covenanters klagten die Bill of Rights ein, das allgemeine Bürgerrecht – insbesondere auf Land. Die Episcopalen stützten die Monarchie, für sie kam alle Obrigkeit von Gott; die Radikalen unter den Covenanters schüchterte militärische Macht nicht ein, Unterlegenheit stärkte ihre Moral: Für die Freiheit und Gott würden sie als Märtyrer sterben; durch ihren Tod für den Glauben kämen sie in das Himmelreich.
Die Radikalen waren eine kleine Minderheit. Doch die Verfolgung der Hugenotten in Frankreich verunsicherte auch die Protestanten in Schottland. King James II. von England, James VII. von Schottland, stellte sich im Exil hinter die katholische Kirche und verlor damit den Rückhalt. Jetzt erst griff die Idee der Covenanters, nur Gott zu dienen. Die Schotten hatten keine Ahnung von bürgerlicher Demokratie, aber die Angst, das Schicksal der Hugenotten zu teilen, trieb sie in die Volksversammlung.
Krone ohne Königreich
1714 wollten die Gegner der Stuart-Könige den Kurfürsten Hannovers zum Herrn des Vereinten Königreichs krönen. Sie trugen den Namen ‚Whigs’, ursprünglich eine Beleidigung, denn ‚Whiggamores’ bedeutete Viehtreiber. Als Country Party standen sie gegen die Hofpartei, die Tories; die liberalen Whigs vertraten den Freihandel wie das politische Mandat der Bürger gegen die Konservativen und brachten Georg I. auf den Thron.
Die Jakobiten (so genannt als Anhänger von Stuartkönig Jakob), nicht aber Tories oder Whigs revoltierten unter dem Earl of Mar und sammelten sich zu Zehntausenden in den Highlands. Sie einte weniger die Loyalität zu den Stuarts, sondern ihre Abhängigkeit: Noch waren die Clanmen dem Clanoberhaupt auf Leib und Leben verpflichtet. Der Earl of Mar wartete auf französische Verstärkung. Die Whigs unter dem Earl of Argyll schufen währenddessen Wirklichkeit, schlugen einen Jakobitenaufruhr nieder und blockierten den Marsch der Stuarttreuen nach Edinburgh. Die ‚Jacobites’ verschanzten sich daraufhin in Perth und krönten den eingereisten James VII. Argylls Whigs griffen an, gestützt von mehreren tausend Highländern, der Haufen der Aufständischen fiel zusammen, und der frisch Gekrönte floh mit seinem Earl über das Meer nach Frankreich.
Die Jakobiten schadeten sich sehr mit der lächerlichen Inszenierung. Sie standen aber sowieso von Anfang an auf verlorenem Posten, denn die französische Regierung plante ein Bündnis mit England und ohne die Unterstützung vom Kontinent hatte ein Stuart keine Chance. Die Schotten teilten sich in Protestanten und Katholiken. Der Kandidat der Jakobiten blieb nur eine Figur im Spiel der Mächtigen: Spanien, Russland, Schweden und Preußen setzten die Stuarts in ihren Intrigen ein.
Des Königs neues Kleid
Prince Charles Edward Louis John Casimir Sylvester Severino Maria Stuart, genannt ‚Bonnie Prince Charlie’, reiste 1745 nach Schottland ein und wollte König werden. Sein Name beeindruckte dabei noch mehr als seine Persönlichkeit. Er putzte bei den Clanführern die Klinken, um sie zur Revolte aufzustacheln, erntete allerdings nur Kopfschütteln. Selbst gestandene Jakobiten wie die Mac Donalds und Boisdales forderten ihn auf, lieber nach Hause zu gehen – und damit meinten sie Frankreich. Warum sollten sie sich nach der Katastrophe von 1715 auf eine Rebellion einlassen? Für sie machte das keinen Sinn, denn politische Ziele, außer König zu werden, hatte Charlie nicht anzubieten. Die Clansmen litten zwar unter Schulden bei den Landlords und mussten Steuern nach dem Recht des Vereinten Königreichs aufbringen, vielen hatte die Union insgesamt aber ein besseres Leben gebracht. Warum sollten sie gegen die Hannoveraner kämpfen, die ihnen ermöglichten, ihr Vieh auf den Großmärkten zu verkaufen und ihre Söhne in London studieren zu lassen? Die Highlands waren nicht mehr die gleichen wie noch zur Zeit des Genozids von Glencoe. Clansmen kämpften als reguläre Soldaten der britischen Armee, und neu errichtete Straßen führten die Truppen in die Berge, falls sich Widerstand regte. Doch nach 1715 hatten viele ihre Kriegswaffen abgegeben. Die meisten Clans arrangierten sich mit Great Britain. Einige der mächtigen Familien standen Prince Charles sogar in Feindschaft gegenüber: die Mackays, Munros, Macphersons, Grants, McLeods und MacNeills.
Mit einer Lüge scharte Charles Stuart 1300 Verzweifelte um sich: Er behauptete einfach, eine französische Invasion stehe unmittelbar bevor. Lochiel, der Führer der Camerons, schloss sich Charles an und zog Highländer in seinen Sog, die das Versprechen vergangener Größe lockte. Am 19. August wehte die Standarte über Glennfinnan, und Charles ließ sich zu König James III. und James VIII. ausrufen. Was aussah wie ein Highland-Game mit Kasperletheater wurde durch General George Murray Realität. Er verwandelte die Schar zur effektiven Einheit; die Jakobiten stürmten Perth; dann nahmen sie Edinburgh ein; sie überrannten bei Prestonpans eine englische Truppe und machten sie nieder. Andere Unzufriedene schlossen sich daraufhin den Siegreichen an. Im Dezember marschierte Charles mit fast 5000 Mann in Derby ein. Idealismus gab dabei jedoch kaum den Ausschlag, dem Stuart zu folgen. Ein Soldat sagte auf die Frage, ob er die Hannoveraner entthronen wolle: „Na Sir! I ne ´er thocht aboot it. I just ay thocht hoo pleasant it wad to see Donald riflin´ London.“
Die Jakobiten hätten gesiegt, wären sie in London eingefallen, vermuten Historiker heute.
In England angekommen, platzte jedoch die Lügenblase, denn keine der angekündigten Franzosen kamen vom Meer. Viele Highländer brachen mit dem schottischen Münchhausen und liefen nach Hause. Der Rest zog nach Norden, nach Dumfries, dann nach Glasgow. Die Soldaten zwangen Kaufleute, für sie Kleidung bereitzustellen. Einheimische, die die Jakobiten beim Marsch nach England bejubelt hatten, verfluchten jetzt die Soldateska, die ihnen ihre Wintervorräte stahl und die Speisekammern plünderte.
Vom Meer kam keine französische Unterstützung, sondern eine Armee der Union aus Flandern kriegserprobt zurück. Der Duke of Cumberland, der Lieblingssohn von George II., führte die Kriegsleute. Schriftsteller Horace Walpole schwärmte von dem Jüngling: „Die Soldaten vertrauten ihm zu Recht; er hatte die Courage eines Löwen und ein großartiges militärisches Genie.“ Die Streitmacht war nicht nur besser bewaffnet und ausgebildet als die der Jakobiten, sie war auch doppelt so groß. Im Drummossie Moor, östlich von Inverness, wurden die Hungernden, Übernächtigten und Erschöpften in Sturm und Regen zu einer leichten Beute. Duncan Forbes eilte zum Schlachtfeld. Der Laird of Culloden verteidigte seinen Ruf als Friedensstifter und versuchte, Cumberland von dem abzuhalten, was kam.
Die Unionisten wüteten. Sie töteten auch die Jakobiten, die um Gnade flehten. Cumberland befahl, alle zu töten, auch die Verwundeten. Gefangene wurden nur gemacht, um sie zur Abschreckung öffentlich hinzurichten. Er brannte die Clanhäuser nieder, beschlagnahmte tausende von Rindern, seine Soldaten exekutierten die Familien der Jakobiten. Forbes nannte er „that old woman who spoke to me of humanity.“ Cumberland heißt heute in Ross-Shire ‚The Slaughterer’.
Prince Charlie floh. Geleistet hatte er zuvor wenig; die Siege waren Murray zu verdanken. Aber Tausende hatten für Charles Machtbesessenheit den Tod gefunden. Unsterblich machte ihn nicht zuletzt seine Flucht: 30.000 Pfund waren auf seinen Kopf ausgesetzt; doch Flora MacDonald vergaß, dass ihre Vorfahren für Stuarts ermordet worden waren, steckte Charles in ein Frauenkleid und ruderte mit ‚Bonnie Betty Burke’ zur Isle of Skye. Im September 1746 fuhr er nach Frankreich zurück und überließ die Jakobiten ihrem Schicksal.
Das Tal von Glencoe ist heute noch immer eine Reise wert, die Szenerie wird in Reiseführern oftmals als „atemberaubend“ charakterisiert. Das Besucherzentrum in Ballachulish informiert heute über Geschichte und Gegenwart der Region. Mutige können bei einer Bergtour die Aussicht von oben genießen. Im gleichnamigen Dorf hingegen gibt das Folk Museum Einblick ins historische Alltagsleben.
Auch das Schlachtfeld von Culloden lässt sich noch heute besichtigen. Das Visitor’s Centre an dem geschichtsträchtigen Ort erfreut sich reger Beliebtheit und wird seit seiner Erbauung regelmäßig erweitert.
Verschwörung im Moor
Der Mord von Appin
Westliches Hochland,1752: Die Erschießung von Sir Colin Campbell of Glenure, dem so genannten „Red Fox“, liefert den Grund für den Schauprozeß gegen James Stewart of the Glens. Die genauen Umstände des Todes von Sir Colin Campbell sind bis heute nicht geklärt. Fest steht, dass er nach dem Konfiszieren der Güter früherer Jakobiten die Ländereien von Cameron of Lochiel und Stewart of Appin in königlichem Auftrag verwaltete und sich viele Feinde machte. Nach der Schlacht von Culloden soll er seinen finsteren Charakter gezeigt haben, als die Gefangenen untersucht wurden. Dabei waren auch der Laird of Kinlochmoidart und der Bruder des Chiefs MacDonell of Keppoch. Beide hatten sich unter die anderen Gefangenen gemischt und alle Rangabzeichen entfernt, in der Hoffnung, unerkannt zu bleiben. Verschiedene Offiziere der Regierungstruppen identifizierten dennoch beide, sagten aber nichts. Sir Colin Campbell aber benannte beide und lieferte sie damit dem Henker aus. Soweit jedenfalls die jakobitisch geprägte Clanüberlieferung der MacLeans.
Andere -glaubhaftere- Quellen sprechen allerdings davon, dass Sir Colin ein recht besonnener und gemäßigter Regierungsvertreter war, der keinesfalls mit übergroßer Härte gegen Jakobiten vorging. Als Repräsentant der Krone und als Mitglied des Clans Campbell war er dennoch den radikalen Jakobiten ein Gräuel.
So drohte ein betrunkener James Stewart of the Glens, dem Colin Campbell den Viehbestand beschlagnahmt hatte, ihn zu töten. Einige Leute aus den Clans Cameron und Stewart beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Was sich weiter abspielte, ist nicht erwiesen; die folgende Version ist historisch nicht gesichert: Verschiedene Verschwörer trafen sich und beschlossen, den Red Fox zu erschießen. Man forschte in ganz Appin nach Gewehren und trieb schließlich drei auf (nach dem Ende des Aufstands 1746 waren alle Waffen verboten und beschlagnahmt worden). In einem Wettschießen ermittelte man die beste Waffe und den besten Schützen: Donald Stewart sollte bei Lettermore auf Colin Campbell (dessen Reiseroute man ausgekundschaftet hatte) warten und ihn erschießen. Zur Sicherheit sollte ihn der Laird of Fasnacloich mit seinem Gewehr begleiten. Es wurden außerdem zwei weitere Hinterhalte gelegt- nichts sollte dem Zufall überlassen bleiben. Am 14. Mai 1752 wurde der verhasste Campbell erst im letzten Hinterhalt bei Lettermore erschossen- es hatte eine Warnung gegeben. Ein Mitglied des Clans MacKinnon hatte sich Sir Colin und seinen Begleitern (dem Diener John Mackenzie, Sir Colins Neffen Mungo Campbell und dem Gerichtsdiener aus Inveraray, Donald Kennedy) in den Weg gestellt und sie gebeten, die Reise auf dem Wasserweg per Boot fortzusetzen. Sir Colin aber schlug den guten Rat in den Wind – angeblich wurde er von zwei Schüssen in den Rücken getroffen.
Sofort machte man sich behördlicherseits auf die Suche nach den Tätern und kam bald auch auf den Laird of Fasnacloich. Vor Gericht befragte der Sheriff als Zeugen Donald Ben Macintyre, einen Verwandten des berühmten Dichters Duncan Ben Macintyre. Auf die Frage, ob er den Laird mit Waffen habe ins Moor gehen sehen, antwortete er wahrheitsgetreu mit „Nein“ (denn tatsächlich hatte er ihn ja nur mit einer Waffe ins Moor gehen sehen). Da die Nachforschungen weitergingen, „überredeten“ die Verschwörer den Abenteurer Allan Breck Stewart dazu, mit der Tat zu prahlen. Dieser war Ziehsohn von James Steward of the Glens und hatte in der britischen Armee gedient. In der Schlacht von Prestonpans war er gefangen genommen worden und dann zu den Jakobiten übergelaufen; nun war er in den Highlands unterwegs, um Geld für die exilierten Jakobiten und ihre Umtriebe zu beschaffen.
Allan Breck spielte noch eine Weile Katz und Maus mit den Suchtrupps und entkam nach Frankreich, von wo aus er einen Brief an die Behörden schickte, in dem er sich der alleinigen Täterschaft bezichtigte. Es war aber zu spät, um James of the Glens zu retten. Am 8. November 1752 wurde er gehängt. Der Leichnam des Gehenkten blieb bis zum Jahre 1761 in Ketten am Galgen hängen, dann bat Iain Stewart of Ballachulish (der Onkel des mutmaßlichen Schützen Donald Stewart) den neuen Duke of Argyll, den Leichnam abnehmen zu dürfen. Dem war das nur recht, denn er war ein Gentleman von edler Gesinnung, der den Schauprozess mit Abscheu betrachtet hatte. John Campbell of Mamore, Duke of Argyll, war erleichtert, als er erfuhr, dass man die Überreste des unglücklichen James of the Glens in der Kirche von Keil begraben hatte.
Die Bewaffnung der Schotten im 17. Jahrhundert
Wie im übrigen Europa, so bildeten auch in den schottischen Heeren des 17. Jahrhunderts die lange Pike und die Luntenschlossmuskete die Hauptwaffen. Ergänzt wurde diese Bewaffnung durch typisch schottische Waffen wie dirk, claymor oder claybeg, targe, lochaberaxe, longbow und dag, die aber nur von Highlandern geführt wurden. Lowlander unterschieden sich in der Bewaffnung nicht wesentlich von den Truppen im übrigen Europa, führten also Linkhanddolche und Infanterieschwerter als Beiwaffen, die Offiziere führten Partisanen, Degen und Radschlosspistolen.
Die Pike
Die lange Pike („pike“) war ein Eschenholzschaft von 5 m Länge, an dessen Ende eine eiserne Spitze mit etwa 50 cm langen Eisenbändern, den so genannten „Federn“, befestigt war. Schon die „schiltrons“ der Schotten im Befreiungskampf gegen die Engländer im 13./ 14. Jahrhundert verwendeten lange Spieße (hier stimmt „Braveheart“ mal ausnahmsweise…) Die Pike diente zur Abwehr von angreifender Reiterei und feindlichem Fußvolk. Die Pikeniere („pikemen“)schützten durch das Vorhalten dieses langen Spießes die eigenen Musketiere während des ziemlich umständlichen und komplizierten Ladevorgangs.
Die Muskete
Die Luntenschlossmuskete war ein glattläufiges Gewehr, bei dem die Pulverladung mittels einer glimmenden Lunte zur Zündung gebracht wurde. Dazu wurde die Lunte in einen Hahn eingeklemmt, der bei Betätigung des Abzuges die Lunte auf die Pulverpfanne niederdrückte, wo dann die Initialzündung erfolgte. Die Musketiere feuerten in Salven. Ihre Aufgabe war es, auf Ferndistanz möglichst viele Gegner zu eliminieren, bevor die Heere in das Handgemenge gerieten.
Die schottischen Waffen
Typisch schottisch war das so genannte „basket hilted broadsword“ oder „claymore“ (gäl. großes Schwert) bzw. claybeg. Dabei handelt es sich um ein zum Hieb und Stich geeignetes, relativ wuchtiges Schwert mit einem Korbgefäß, welches die Schwerthand fast völlig umschloss. Die Klingen wurden häufig aus verkürzten claymors gewonnen oder waren deutscher bzw. niederländischer Herkunft. Die Körbe waren reich verziert; es entwickelten sich sogar unterschiedliche Korbstile in Schottland. Auf den Köler- Drucken trägt kein einziger Highlander das typische broadsword. Nur wohlhabende Männer führten diese sehr kostbare Waffe, die somit auch ein Statussymbol war. Der einfache „ghillie“ hatte seinen langen dirk als Seitenwaffe.
Der dirk oder biodag war ein relativ langer, einschneidiger Dolch mit breiter Klinge, der keine Parierstange aufwies. Sein Vorläufer dürfte wohl der mittelalterliche Nieren- oder Scheibendolch bzw. der sgian- Dolch der Iren gewesen sein.
Die Griffe waren oft aus Sumpfeiche und reich mit Messingnägeln beschlagen und geschnitzt oder aber aus Messing gegossen.
Der claidheamh da laimh war ein Zweihandschwert von etwa 130-150 Zentimeter Länge, das nur von ausgebildeten Spezialisten gehandhabt werden konnte. Im Handgemenge ist ein trainierter claidheam-Kämpfer sehr durchsetzungsfähig. Die Schwerter hatten eine zur Klinge hin gebogene Parierstange mit einem Vierpass am Ende, die Griffe bestanden meist aus Holz oder Horn. Claidheamh da laimhs waren bereits zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges schon etwas antiquiert, wurden im waffenarmen Schottland aber noch lange geführt.
Die targe war ein ca. 50 cm großer Rundschild, der mit Leder bespannt war und mit Messingnägeln und Messingverzierungen benagelt war und einen Schildbuckel in der Mitte besaß. Manchmal war in der Mitte des Schildbuckels ein langer Dorn (spike) angebracht, der zum offensiven Kämpfen mit der targe verwendet wurde.
Die Schildbuckel waren bei manchen Modellen zum Abschrauben gestaltet und konnten so als Trinkgefäß verwendet werden, wenn man das Loch für den spike mit einem Finger zuhielt.
Die lochaberaxe war eine Art Hellebarde, ein Axtblatt an einem langen Eschenholzstab befestigt. Oben lief die Axtschneide meist in eine Spitze aus, so dass mit der Waffe auch gestochen werden konnte. Zusätzlich war manchmal noch ein gebogener Haken an der Waffe befestigt, um Reiter aus dem Sattel zu reißen oder dem Gegner die Beine im Kampf wegzuziehen.
Hochländer führten auch die kurze Pike oder halfpike von ca. 2,50m Länge. Diese ließ sich gegenüber der langen Pike in der Regel besser handhaben.
Obwohl im übrigen Westeuropa der Bogen als Waffe schon längst aufgegeben war, führten Hochländer noch im Dreißigjährigen Krieg Langbögen als Waffe. Die Bögen waren meist aus Eiben- oder Eschenholz gefertigt und hatten eine enorme Zugkraft. Auf den Stichen von Köler sieht man mehrere Bogenschützen, einer davon führt sogar Luntenschlossmuskete und Bogen als Waffen.
Eine „dag(g)“ ist eine schottische Ganzmetallpistole mit Steinschloss oder Schnapphahnschloss. Die Waffen wurden ganz aus Metall gefertigt, es wurde sowohl Stahl als auch Messing als Material verwendet. Die Pistolen wiesen keinen Abzugsbügel auf und hatten auf der linken Seite einen Haken, mit dem sie in den Gürtel eingehängt werden konnten. Während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges war in Schottland das Schnapphahnschloss bei Pistolen sehr beliebt, während man im übrigen Europa auf das teurere und anfälligere Radschloss bei der Pistole vertraute.
Rob Roy
Der rote Robin Hood der Highlands
Raibert Ruadh MacGregor (1671-1734), gälisch der rote Robert, ging als Sozialrebell Rob Roy in die Geschichte ein. Raibert kommt in Gelngyle zur Welt als Sohn des Donald MacGregor und Margaret Campbell. Der Rothaarige handelt mit Rindern, raubt Kühe und schützt Rinderhalter vor anderen Viehdieben – ein klassischer Highländer und ein Clansman, der es zu Wohlstand bringt. Die Zentralgewalt schiebt der Clantradition von Handel und Raub einen Riegel vor. Raibert bekommt eine Anzeige wegen Betrugs, bleibt aber auf freiem Fuß.
1715 führt Raibert seinen Clan für King James II. in die Schlacht von Sheriffmuir, hält sich aber im Hintergrund. Nach der Niederlage taucht er in der Wildnis der Highlands unter. Als Vogelfreier gesucht, ist Geld auf seinen Kopf ausgesetzt wegen Raub und Aufwiegelei. Nachdem James II. geflohen ist, herrscht allerdings Milde gegenüber seinen glücklosen Anhängern, und MacGregors Passivität bei Sheriffmuir rettet ihm den Kopf.
Der Duke von Montrose, James Graham, pfändet Ruadhs Besitz, um seine Schulden einzutreiben. Rob Roy kämpft mit seinem Clan gegen den Herzog. Bereits zu Lebzeiten umweht ihn deshalb die Aura des Sozialrebellen, denn viele Schotten waren bei adligen Ausbeutern verschuldet. Der Schriftsteller Daniel Defoe schrieb dazu das Räuberepos ‚The Highland Rogue’, und der Schriftsteller Walter Scott widmete dem Highländer 1817 den Roman ‚Rob Roy’.
1722 ergibt sich der rote Robert und kommt in den Kerker. Der König begnadigt ihn 1726, und 1734 stirbt er in Balquider Glen.
Raibert MacGregor steht wie William Wallace als ein Symbol der Clans gegen die englische Übermacht – David Rob Roy gegen Goliath Graham. Wie Robin Hood ist auch der Sozialbandit Rob Roy eng mit bäuerlichen Gemeinschaften verbunden. Im Übergang vom Clanrecht zu einer modernen Gesellschaft finden sich eben auch Sozialbanditen. Wie wichtig eine solche Figur ist, zeigt sich daran, dass man Kriminelle immer wieder zu Sozialbanditen stilisiert. Scheitern gehört dabei zum Mythos, und die Legende dichtet dem Räuber den Klassenkampf an.
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Bonnie Prince Charly
Schottlands Nationalheld
Die Geschichte kennt keine historische Tatsache, die so aus einem Roman stammen könnte, die so unglaublich scheint wie die des unglücklichen Stuartprinzen Charles Edward und der Schlacht bei Culloden im Jahr 1746.
Charles Edward Louis Philip Casimir Stuart wurde am 31. Dezember 1720 als Sohn von James Francis Edward Stuart (1688-1766) in Rom geboren. Dieser James Francis Edward wurde seit 1701 nach dem Tod seines im französischen Exil lebenden Vaters James II. (1633-1701), des englischen Ex-Königs, von Frankreich und anderen katholischen Ländern als James III. von England Schottland und Irland anerkannt. Als der so genannte „Ältere Prätendent“ (the old-pretender) ging er in die Geschichte ein.
Charles Edward Stuart, der „Jüngere Prätendent“, hatte keinen sonderlich hohen Grad an Bildung, besaß aber den Zauber einer kraftvollen Jungmännlichkeit und galt als überdurchschnittlich schöner junger Mann. Der Herzog von Liria schwärmte von der außergewöhnlichen Schönheit des Stuartprinzen, der von den Schotten liebevoll „Bonnie“ (hübsch) genannt wurde. Bonnie Prince Charlie besaß fröhliche braune Augen, hellbraunes Haar, eine Größe von sechs Fuß und einen abgehärteten Körper, der ihm später auf seiner Flucht durchs schottische Hochland sehr dienlich sein sollte.
Im Jahre 1744 nun machte sich eben dieser Charles Edward Stuart, der immer davon überzeugt war, er sei geboren worden, um den englischen Thron für die Stuarts zurückzuerobern, auf, um die neuen Herren der britischen Insel von dieser zu vertreiben. Nach dem Tod der letzten protestantischen Königin aus dem Hause Stuart, Anne, im Jahre 1714, erbte ihr entfernter Verwandter, der Kurfürst von Hannover Georg Ludwig (1660-1727), den englischen Thron – ein Mann, der kein Wort Englisch sprach.
Von Rom aus ritt nun unser Held nach Paris, wo er zunächst den französischen König Ludwig XV. für eine Invasion Englands gewinnen wollte. Diese Hürde konnte er relativ leicht nehmen, da Ludwig XV. selbstverständlich daran interessiert war, einen katholischen Herrscher unter französischem Einfluss in England zu haben. Leider wurde ein Großteil der bereitgestellten Flotte in Dünkirchen unter dem Befehl des Marschalls von Sachsen bei einem Sturm stark beschädigt, wodurch das Unternehmen abgesagt wurde. Jeder andere hätte jetzt wahrscheinlich aufgegeben, nicht aber Bonnie Prince Charlie. Kurzerhand verkaufte er seinen privaten Familienschmuck und erwarb mit dem Erlös davon zwei Schiffe.
Am 25. Juli 1745 landete seine kleine Armee an der schottischen Küste am Loch nan Uamh in der Nähe von Arisaig. Charles Edward befand sich auf dem Territorium des Clans der MacDonald von Clanranald, dessen Häuptling er am nächsten Tag empfing, um ihn für seine Sache gewinnen zu können. Dieser aber schätzte die Lage des Prinzen richtig ein und gab ihm den nüchternen Rat, wieder nach Hause zu gehen. Charles Edward aber antwortete ihm selbstbewusst: „Sir, ich bin gerade nach Hause gekommen!“ Am 19. August 1745 um 11 Uhr vormittags schließlich konnte der Stuart-Spross seine Standarte am Loch Shiel hissen und proklamierte gleichzeitig seinen Vater als James VIII. zum schottischen König und sich selbst zum Regenten.
Mit diesem Heer nun, das immer noch täglichen Zulauf bekam, marschierte der Prinz los. Zunächst gen Osten über den Corrieyairackpass nach Badenoch. Am 17. September 1745 konnte die Armee den ersten großen Erfolg verzeichnen. An diesem Tag nahm sie – mit Ausnahme der Burg – die Hauptstadt Edingburgh ein und passierte in einem wahren Triumphzug die berühmte Prachtstraße „Royal Mile“, an dessen Ende der Prinz dann im Hollyroodhouse-Palace sein Quartier aufschlug. Der Prinz konnte zufrieden sein. Nach knapp einem Monat schon war er im Besitz der schottischen Hauptstadt und damit eigentlich auch bereits im Besitz des ganzen Landes. Die Begeisterung der „Jakobiten“, wie die Anhänger des Stuarts genannt wurden (von lat. Jakobus für James III.), kannte nun keine Grenzen mehr. Durch diesen Erfolg bestärkt, marschierte die Hochlandarmee weiter gen Süden. Der englische König Georg II. schickte seinen Feldmarschall Cope mit einer Armee den Jakobiten entgegen, die aber am 21. September in der Schlacht von Prestonpans vernichtend geschlagen wurde.
Der Weg nach Süden war somit erst einmal frei. Am 1. November 1745 marschierte die jakobitische Armee weiter nach Kondon. Am 16. November ergab sich die Stadt Carlisle, am 28. November erreichte das Heer Manchaster und am 4. Dezember schließlich Derby. In London brach bereits Panik aus. Die Banken mussten alle Spargelder auszahlen, Geschäfte schlossen, und selbst König Georg II. traf bereits alle Vorkehrungen für eine mögliche schnelle Flucht nach Hannover.
Hier allerdings stockte der Vormarsch Bonnie Prince Charlies. Hierfür gab es mehrere Gründe. Einmal fühlten sich viele Schotten nicht wohl so fern von ihrer Hochland-Heimat und wollten wieder zurück zu ihren Familien. Zahlreiche Männer desertierten. Hinzu kam ein Streit zwischen Prinz Charles Edward und seinem General Lord George Murray. Charles Edward wollte weiter in Richtung London marschieren. Die englische Hauptstadt war nur noch 203 km entfernt und somit in greifbarer Nähe. So kurz vor dem Ziel solle man nicht aufgeben, war seine durchaus berechtigte Meinung. Noch dazu standen aufgrund der Erfolge der Jakobiten in Frankreich Schiffe mit 11.000 Soldaten und Goldtruhen bereit, die Ludwig XV. nun doch wieder für die Sache der katholischen Stuarts bereitstellte. Lord Murray aber, ein fähiger und erfahrener Feldherr, war dennoch dagegen. Er fürchtete, dass die jakobitische Armee, abgeschlossen vom Nachschub, marschiere sie weiter gegen London, von den Truppen des englischen Königs eingekreist werden würde. Zudem blieben die von Ludwig XV. versprochenen Hilfstruppen aus, auf die viele gehofft hatten.
Mittlerweile war der zweitälteste Sohn Georgs II. und mit Bonnie Prince Charlie ungefähr gleichaltrige Wilhelm August, Herzog von Cumberland (1721-1765), von seinem flandrischen Kriegsschauplatz zurückbeordert worden, um die schottische Rebellion zu beenden. Dieser Lieblingssohn des englischen Königs war ein kleiner und extrem fetter junger Mann, der aber sehr gefährlich und äußerst kaltblütig in seinen Methoden sein konnte, und der zu dieser Zeit trotz seines Alters bereits ein erfahrener, wenn auch nicht siegreicher General gewesen war. Der Herzog von Cumberland nun marschierte von Lichfield aus auf Derby zu und General Wade mit einer Armee vom Norden aus, von Wetherby ebenfalls auf Derby.
Da viele Schotten geflohen waren und die Unterstützung der englischen Jakobiten ausblieb, beschloss man am so genannten „black friday“, dem „schwarzen Freitag“, es war der 6. Dezember, den Rückmarsch. Zu Hause in Schottland, auf eigenem Boden wollte man nun diesen Krieg mit einer Entscheidungsschlacht gewinnen. Und die sollte auch kommen.
Im Winter, bei Regen, Schneefall und enormer Kälte marschierte das stark dezimierte Heer des Stuartprinzen über schneebedeckte Berge in die schottische Heimat zurück. Bei Culluoden-Moor, in der Nähe von Inverness, sollte es dann letztlich am 16. April 1746 zur Entscheidungsschlacht kommen, in Folge derer die Hochlandarmee von Cumberlands Truppen fast völlig aufgerieben wurde. Die Sache der Stuarts schien verloren. Der in Tränen aufgelöste Prinz wurde auf seinem Pferd sitzend vom Schlachtfeld geführt.
Prince Charlie trat nach diesem Desaster seine abenteuerliche Flucht durch die Highlands an, die letztlich bis September 1746 dauern sollte. Auf den Kopf von Bonnie Prince Charlie setzte der englische König 30.000 Pfund aus, eine für damalige Verhältnisse unglaublich hohe Summe. Und doch fand sich während der gesamten Zeit seiner Flucht kein Schotte, der sich diese „30 Silberlinge“ verdienen wollte.
Am Nachmittag des 18. April floh der Stuart-Prinz zunächst auf die Insel South-Uist und von selbiger nach Benbecula. Zu dieser Zeit gewöhnte er sich das Trinken an, sehr zum Leidwesen seiner Begleiter. Ein Zeitzeuge berichtet, dass der Prinz zu diesem Zeitpunkt bereits aus Gewohnheit seinen Magen nach dem Aufstehen mit einem Glas Brandy wärmte. Bis am Abend hatte er zumeist, sofern er nicht stundenlang marschieren musste, bereits eine ganze Flasche Whisky oder Brandy ausgetrunken.
Auf der Insel North-Uist, im Nordwesten Schottlands gelegen, lernte er Ende Juni 1746 auch jene Frau kennen, die für seine weitere Flucht eine wichtige Rolle spielen sollte. Flora MacDonald (vom Clan der MacDonalds) hieß die Frau, die ihn bald nach seiner Ankunft vor der sicheren Verhaftung retten sollte, indem sie ihn als Frau verkleidet in einem Boot vor dem Zugriff eines kontrollierenden englischen Schiffes auf die Insel Skye brachte. Als die flüchtige Gruppe die Stadt Portree auf der Insel Skye erreicht hatte, verabschiedete sich Charles von Flora. Kurz vor dem endgültigen Abschied gab er ihr das Geld zurück, das sie ihm geborgt hatte, und sprach die zur Legende gewordenen optimistischen Worte:
„For all that has happened, I hope Madame, we shall meet us at St. Jame’s (damals der königliche Palast in London) yet and I will reward you there for what you have done.”
Von Portree floh er zunächst auf die Nachbarinsel Raasay, und von dort wiederum nach Mallaig, aufs schottische Festland. Von dort flüchtete Charles Edward weiter durch die schottischen Highlands, bis er schließlich am 20. September 1746 bei Glenfinnan, dort, wo er 14 Monate zuvor gelandet war und seinen heldenmütigen Kampf begonnen hatte, Schottland in Richtung Frankreich verließ.
Charlie hoffte in Frankreich immer noch auf eine bewaffnete Unterstützung für einen neuerlichen Kampf gegen das hannoverische Königshaus in England. Fürs Erste war die französische Regierung auch bemüht, ihn zumindest hinzuhalten. Als Frankreich allerdings im Jahr 1748 im Frieden von Aachen die britische Thronfolge des Hauses Hannover anerkannte, war an eine militärische Unterstützung nicht mehr zu denken. Der Prinz wurde Frankreich lästig, und man versuchte, ihn in die Schweiz abzuschieben, was dieser jedoch nicht annehmen wollte. Schließlich wurde er sogar wegen seiner Weigerung, Frankreich zu verlassen, verhaftet und ins Staatsgefängnis von Vincennes geschleppt und eingesperrt. Erst er als sich fügte und versprach, Frankreich zu verlassen, durfte er in die päpstliche Domäne Avignon freigelassen werden.
Nach weiteren abenteuerlichen Wanderungen quer durch Europa landete er schließlich 1766, als er das Erbe seine verstorbenen Vaters antreten musste, in Rom, wo er am 31. Januar 1788 an den Folgen eines Schlaganfalls starb.
Was blieb?
Der Aufstand der Jakobiter und seine Folgen
Der Aufstand von 1745 trieb einen Keil zwischen Engländer und Schotten, die gerade dabei gewesen waren, sich zu verbinden. Die Regierung der Union griff hart durch, härter noch als 1715: 120 Jakobiten wurden hingerichtet, über 1000 in Verbannung geschickt, weitere 700 starben in schimmligen Gefängniszellen.
Die Regierung beschlagnahmte den Familienbesitz aller beteiligten Clanchefs. Jede Waffe wurde konfisziert. Die Krone verbot den Dudelsack und Tartans. Noch langfristiger griff das Verbot des Clanrechts. Die Oberhäupter der Familien verloren ihr Richteramt in Zivil- und Strafrechtsprozessen. Great Britain verbot die Kultur der Highlands. Die Highländer, eben auf dem Weg zu gleichberechtigten Bürgern der Union, wurden zu einer entrechteten Minderheit. Schottland als eigene Nation existierte nicht mehr. Britische Soldaten und englische Justiz herrschten über ein besetztes Land.
Die Jakobiten verklärten Prince Charlie: nicht, weil sie die Stuarts liebten, sondern, weil sie die Engländer hassten. Geehrt wird der glücklose Held heute nur auf Keksdosen: ‚Bonnie Prince Charlie Short Bread’ erfreut sich großer Beliebtheit.
Duncan MacDonald (Glen Coe)
Der schottische Indianer
Im Jahr 1692 entkamen nur wenige Menschen dem Massaker von Glencoe, darunter der zwölf Jahre alte John MacDonald, seine Mutter und sein Bruder. 150 Jahre später wanderte sein direkter Nachkomme Angus MacDonald nach Amerika aus und betätigte sich als Fellhändler für die Hudson´s Bay Company. Dort traf Angus Catherine, deren Eltern ein Indianer vom Stamm der Nez Perce sowie eine Mohikanerin waren, und heiratete sie im Jahr 1842. Angus und Catherine hatten 12 Kinder, darunter einen Sohn namens Duncan.
Duncan MacDonald wuchs als Nez Perce Indianer auf – mütterlicherseits war er eng mit dem Häuptling der Nez Perce verwandt. 1876 hatte eine Gruppe anderer Indianer, die Sioux, unter ihrem Häuptling Sitting Bull die amerikanische Kavallerie unter General Custer in der Schlacht am Little Bighorn besiegt. Vor dem Hintergrund des derart gespannten Verhältnisses zwischen Amerikanern und Indianer zogen die meisten Nez Perce nach Montana, wo auch Duncan MacDonald lebte, um möglichst weit entfernt von dem bisherigen Kriegsgebiet zu sein. Doch auch hier blieben sie nicht lange sicher. Am Morgen des 9. August 1877 griff die US Armee die schlafenden Nez Perce in ihrem Camp am Big Hole an und tötete fast alle Männer, Frauen und Kinder. Duncan MacDonald überlebte und veröffentlichte in Folge ein vielbeachtetes Buch, in dem er den Konflikt aus der Sicht der Indianer schilderte. Dabei war es vor allem die Parallele zwischen dem Massaker an den Nez Perce und dem Massaker von Glencoe, das Duncans Vorfahr überlebt hatte, die dem Buch zusätzliche Publicity verschaffte.
HIGHLAND CLEARANCES
Vertreibung der Einwohner aus den Highlands
Das Ende der Clans – Arbeiter, Auswanderer und die Highland-Clearances. Bis heute sind die Highland Clearances ein Faktor, der sich tief in die schottische Seele gebrannt hat. Habsucht, Gier und Dekadenz spielten die Hauptrollen – zumindest, wenn man einen Bewohner der Highlands fragt. Doch das ist nur die Oberfläche. Taucht man ein wenig tiefer in die Geschichte ein, so bietet sie sich vielfältiger dar, als es zunächst den Anschein hat. Was genau geschah in dieser Zeit? Fakten, Gründe und Auswirkungen verdienen eine nähere Betrachtung.Die Ursachen
Im 19. Jahrhundert wurden viele angestammte Familien aus den Highlands vertrieben. Zu dieser Zeit, das wissen wir aus dem Geschichtsunterricht in der Schule, ereignete sich in den wirtschaftlich führenden Nationen ein Phänomen, das später Industrialisierung genannt werden sollte. Die technische Entwicklung machte Massenproduktion, wie wir sie heute kennen, erstmals möglich; Dampfschiffe und Eisenbahn verbanden einstmals weit entfernte Gebiete in kurzer Zeit.
Vorreiter der Industrialisierung war bekanntermaßen England, und so wundert es nicht, dass die neuen Entwicklungen auch schnell in Schottland Fuß fassen konnten.
Gerade in den Lowlands war es seit den 1820er Jahren oft lukrativer, in einer der Fabriken zu arbeiten, als selbst sein Obst und Gemüse anzubauen. Auch in Schottland wurden Bauern zu Arbeitern. Mit den neuen technischen Entwicklungen einher ging auch eine Zunahme der Bevölkerung. Aus Dörfern und Orten wurden binnen weniger Jahre boomende Industriestädte, die mittels schnell errichteter Kanäle und Eisenbahnlinien mit dem Rest der Insel verbunden waren. Glasgow ist eine jener Städte, die in dieser Zeit einen phänomenalen Aufstieg feiern konnten.
Der Aufbruch in eine neue Zeit brachte jedoch auch gewaltige Umbrüche mit sich: Die immer weiter expandierende Armee von neuen Stadtbewohnern und Arbeitern hatte einen hohen Nahrungsmittel- und Kleidungsbedarf. Das Schaf konnte sowohl den Rohstoff für Kleidung und Wolle liefern als auch Milch und Fleisch für die Nahrung – eine lohnende Investition, wie viele der Großgrundbesitzer Schottlands erkannten. Es mussten also große Flächen für die Zucht her, und die gab es praktischerweise in den Highlands. Schafe zu halten war für sie viel lukrativer als die geringe Pacht derer, die das Land zuvor von ihnen gepachtet hatten. Es handelte sich dabei um landlose Bauern, Crofter genannt. Ihre Tiere machten alte und neue Besitzer der Highlands zu reichen Menschen.
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Recht und Unrecht
Die Clearances („Räumungen“) sorgten dafür, dass die dortige Bevölkerung hingegen ihre angestammten Orte zugunsten der Schafzucht räumen musste. Das geschah teilweise freiwillig, weil sich die Menschen ohnehin in den Städten die Chance auf ein besseres Leben erhofften; stellenweise mussten die Landbesitzer allerdings auch Gewalt anwenden, um die dort ansässigen Bauern aus den Highlands umzusiedeln. Doch sie schafften es, innerhalb von recht kurzer Zeit die Bewohner aus ihren angestammten Gebieten zu bewegen. Wie so oft traf auch hier das Schicksal die Armen am meisten: Ansässige, aber landlose Kleinbauern, die oftmals bereits seit Generationen in den Highlands gelebt hatten, wurden vertrieben. So wurden zahlreiche dörfliche Gemeinschaften auseinandergerissen und Nachbarn entfremdet. Die Geschichtsschreibung weiß von Fällen, bei denen die Bauern gegen ihren Willen auf Auswandererschiffe gebracht wurden und so in den USA oder Australien landeten.
Was uns heute so friedlich anmutet, wenn wir in den Highlands grasende Schafe beobachten können, ist so friedlich also nicht – im Gegenteil, mancher spricht noch heute von der „Geißel Schottlands“, wenn er die Schafzucht meint.
Wer sein Land nicht räumen ließ, hatte nicht nur den Anschluss an einen boomenden Wirtschaftszweig verpasst, sondern stand oft selbst vor dem Bankrott, denn die Lehnsherren waren verpflichtet, bei Hungernöten ihre Pächter mitzuversorgen. Nicht wenige trieb diese Regelung in den Ruin.
Dazu traten sie meist nicht mal selbst in Erscheinung; sie beauftragten so genannte Verwalter mit der Durchführung dieser Aufgabe. Anschließend fiel das Land an Schafzüchter aus England oder den Lowlands.
Rechtlich war den Gutsherren natürlich nichts entgegenzusetzen – es war ihr Land, und daher konnten sie darauf machen,was sie wollten. Dennoch wurde das Vorgehen bereits von Zeitgenossen als unmenschlich kritisiert. Es war noch nicht so lange her, dass in Schottland das Landrecht von einem Feudal- in ein Privatrecht umgewandelt worden war. Allerdings gab es kaum Gegenwehr von den Vertriebenen selbst.
Nicht nur Negatives
Auch wenn die Clearances in den meisten Köpfen als Unrecht verankert sind, darf man sich nicht allein auf ein solches Schwarz-Weiß-Denken verlassen. In der Tat gibt es Beispiele, bei denen zwar Zwang ausgeübt, die Lebensbedingungen der Bevölkerung jedoch schlussendlich verbessert wurden. Eine bekannte Figur ist hier Col. David Balfour. Er besaß Ländereien auf den Orkney-Inseln, aber auch auf dem schottischen Festland. Auch er siedelte zwecks „Optimierung“ seiner Weideflächen dutzende Familien um. Anstatt diese jedoch ihrem Schicksal zu überlassen, gründete er einen neuen Ort – den er in aller Bescheidenheit nach sich selbst benannte – und ließ sie dort wohnen. Nicht nur das: Balfour sorgte dafür, dass jeder Haushalt über ein Mindestmaß an Beleuchtung, sanitäre Einrichtungen und einen Gasanschluss verfügte. Auch ließ er eine Schule bauen und veranlasste eine ärztliche Grundversorgung. Diese Dinge waren alles andere als selbstverständlich für die damalige Landbevölkerung.
Zwang als Auslaufmodell
Doch wohin sollten sich die Vertriebenen wenden? Natürlich gingen viele von ihnen ebenfalls in die Städte, um dort in einer der Fabriken Arbeit zu finden. Doch auch die Highland Clearances fanden schließlich ein Ende: Der Crofters‘ Holdings Act 1886 verbot die bisher praktizierten Räumungen. Ein riesiger Schaden im Sozialgefüge Schottlands war jedoch bereits angerichtet: Das Clanwesen war weitestgehend zerstört und die gälische Sprache größtenteils in Vergessenheit geraten. In manchen Gegenden lebt selbst heute nur mehr ein Bruchteil derer, die vor den Highland Clearances dort angesiedelt waren.
Mit dem Act erhielten die Pächter erstmals auch Rechte an dem Land, das sie bewirtschafteten; eine Umsiedlung war seither nicht mehr so einfach möglich. Auch heute noch gibt es solche Pächter in den Highlands, und ihre Rechte sind seither immer stärker geworden. Crofting gilt heute als eine der bevorzugten Methoden, um Gegenden mit schlechten Umweltbedingungen für Landwirtschaft überhaupt zu bewirtschaften – und als umwelt- und sozialverträglich. Gute Beispiele findet man auf der Insel Lewis, wo diese Art der Landpacht noch immer praktiziert wird.
Die Geschichte wiederholt sich
Die Highlander waren nicht die Einzigen, die auf der Suche nach Arbeit in die Städte ziehen mussten: Als in den 1940er Jahren eine Hungersnot Irland heimsuchte, wandten sich hunderttausende Iren an ihren östlichen Nachbarn. Sie kamen in der Hoffnung, im mittlerweile boomenden Wirtschaftsland Lohn und Brot zu finden. Doch die Schotten hatten selbst ein hohes Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, und die Fabriken konnten längst nicht jeden brauchen, der sich ihnen anbot. Elend in den Industriestädten war die Folge: Notdürftige Behausungen und ein Leben unter der Existenzgrenze wurden für viele Menschen zum Alltag. Gleich mehrfach kam es in den Elendsquartieren zu Epidemien; Thypus und Cholera waren gefürchtet und rissen viele Menschen in den Tod.
Trügerische Idylle
Vor dem Hintergrund der Industrialisierung erscheint das Sehnen nach ursprünglicher Natur verständlich. Schottland als wildromantisches Reiseland kam in Mode.
Wer in unseren Zeiten durch die Highlands streift und die menschenleere Gegend genießt, der sollte daran denken, dass diese Schönheit einst teuer erkauft worden ist. Ruinen ehemaliger Dörfer und Behausungen geben noch heute ein Zeugnis davon ab. Schafherden auf baumlosen Weiden stehen leider nicht für Ursprünglichkeit, sondern eben, so paradox das klingt, für die Auswirkungen der Industrialisierung.
Augenzeugenbericht
Donald Macleod, ein Steinmetz aus dem Ort Rosal in der Provinz Strathnaver, gehört zu den wichtigsten Zeitzeugen der sogenannten „Highland Clearances“, der systematischen Vertreibung der gälisch sprechenden Bevölkerung aus dem schottischen Hochland. Macleod erlebte die Vertreibungen sowie die damit einhergehende Brandrodung und die Zerstörung von Siedlungen im Jahr 1819. Diese Ereignisse verarbeitete er in dem Buch „Gloomy Memories“, mittlerweile ein Standardwerk bezüglich der Clearances:
„Das Elend kam sehr überraschend über die Bevölkerung. Schlagkräftige Verbände, aufgestellt für jeden Distrikt und ausgerüstet mit Fackeln und geschützt durch bewaffnete Männer, fielen in jedem Ort rasch über die Häuser der dort lebenden Familien her. Dabei wurden die Gebäude sofort in Brand gesetzt; dies alles geschah so schnell, dass innerhalb kürzester Zeit rund 300 Häuser in Flammen standen! Überall herrschte Bestürzung und Verwirrung, auch, weil so gut wie keine Zeit gegeben wurde, um den persönlichen Besitz aus den Häusern zu holen. Oftmals mussten erst noch die Alten und Kranken gerettet werden, bevor das Feuer sie in den Gebäuden einschloss; erst dann blieb Zeit für den Versuch, wenigstens die wertvollsten Besitztümer zu bergen. Das Weinen der Frauen und Kinder, das verzweifelte Röhren des Viehs, das von den Flammen und dem Rauch in Panik versetzt worden war und nun von den Hütehunden zusammengetrieben wurde, dies alles führte zu einer Szenerie, die jedweder Beschreibung spottete: Man musste sie gesehen haben, um sie sich vorstellen zu können:
Am Tag war das Land in eine Wolke aus dichtem Qualm gehüllt, die sich auch noch weit über das Meer hinaus erstreckte. Aber erst in der Nacht enthüllte sich der ganze Schrecken: Alle Häuser in einem Distrikt standen in Flammen! Ich selbst erreichte eine Anhöhe gegen elf Uhr abends und zählte 250 brennende Gebäude, davon viele, die meinen Freunden oder Mitgliedern meiner Familie gehört hatten. Zwar konnte ich ihre Heime erkennen, wie es aber um deren Besitzer stand, wusste ich nicht. Die Brände dauerten sechs Tage an, bis nahezu alle Häuser zu Asche oder rauchenden Ruinen verbrannt waren.
John Mackays Ehefrau Ravigill, welche in der Abwesenheit ihres Mannes noch versuchte, Baumaterial aus den Trümmern zu retten, brach durch das Dach ein. Als Folge bekam sie frühzeitige Wehen, in diesem erbärmlichen Zustand wurde sie ins Freie gebracht, wo sie bleiben musste und jeder sie sehen konnte. Donald Munro aus Garvott, der im Fieber daniederlag, wurde aus seinem Haus vertrieben und musste draußen ohne Schutz vor der Witterung bleiben.
Donald Macbeath, ein kranker und bettlägiger alter Mann, erlebte es, dass sein Dach über seinem Kopf abgerissen wurde. Er war Wind und Wetter ausgesetzt, bis der Tod seinem Leiden ein Ende setzte.
Ich selbst war anwesend, als das Haus von William Chisholm in Badinlkoskin niedergerissen und abgebrannt wurde. Seine fast hundertjährige Schwiegermutter konnte das Bett nicht mehr verlassen und war zu diesem Zeitpunkt ohne die Hilfe eines Familienmitglieds den Geschehnissen hilflos ausgeliefert. Ich informierte die Männer, die das Haus gerade in Brand setzen wollten, und bat sie zu warten, bis Mr. Sellar hinzugekommen sei. Bei seiner Ankunft erzählte ich ihm von der armen alten Frau, die auf Grund ihrer Krankheit nicht weggebracht werden konnte. Er erwiderte, sie solle verdammt sein. Die alte Hexe habe schon zu lange gelebt, also könne sie nun auch brennen.
Als Folge wurde das Haus umgehend in Brand gesetzt, und die Laken, auf denen die alte Frau ruhte, standen in Flammen, bevor sie gerettet werden konnte. Sie wurde in eine kleine Hütte gebracht, und wir hatten Mühe, die Männer davon abzuhalten, diese auch niederzubrennen. Ihre Tochter kam hinzu, während das Haus in Flammen stand, und konnte mit Hilfe der Nachbarn ihre Mutter noch aus dem Feuer retten. Dabei bot sich mir ein Bild des Horrors, das ich nie vergessen werde, aber auch nicht nur ansatzweise beschreiben kann. Innerhalb von fünf Tagen verstarb die alte Frau.“
EDINBURGH
Edinburgh im 18. und 19. Jahrhundert
Glanz und Elend im Schatten der Aufklärung. Der neue Glanz der Hauptstadt im „Scottish Enlightment“. Prägten im 16. und 17. Jahrhundert blutige Auseinandersetzungen zwischen gemäßigten und radikalen Protestanten einerseits und Protestanten und Katholiken andererseits, die nur vordergründig als simple dynastische Konflikte angesehen werden können, die Geschichte Schottlands, schufen der Act of Union, der 1707 das schottische und das englische Parlament vereinigte, und schließlich die Niederschlagung der Jacobite Risings Mitte des 18. Jahrhunderts erstmals stabile politische Verhältnisse in Schottland.
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So schlimm die Folgen der Aufstände auch für die Bevölkerung der Highlands waren, die sich per Gesetz ihrer Traditionen und später selbst ihrer Heimat beraubt sahen, so positiv wirkte sich der plötzliche innenpolitische Frieden auf die geistige Entwicklung des Landes aus. Fast schien es, als ob jene Energie, die die Schotten jahrhundertelang in den Kampf um Ehre und Tradition gesteckt hatten, nun in neue, intellektuelle Bahnen gelenkt würde – das Bild des kraftstrotzenden Highlanders wurde abgelöst durch das Bild des ideenstrotzenden Intellektuellen. „Edinburgh ist eine Brutstätte des Genies”, ließ der schottische Romancier Tobias Smollet seinen Helden Matthew Bramble 1771 feststellen.
Tatsächlich waren es gerade die räumlichen Verhältnisse der mittelalterlichen Old Town Edinburghs, denen die moderne wirtschaftliche und geistige Elite der Hauptstadt mit aller Kraft zu entrinnen versuchte, perfekter Nährboden für neue fortschrittliche Ideen. Begrenzt durch ihre geographische Lage zwischen vulkanischen Felsen im Süden und dem „Nor Loch“ im Norden sowie durch die im 16. Jahrhundert zum Schutz gebaute „Flodden Wall“ im Westen, war die Old Town längst zu klein für die stetig wachsende Einwohnerzahl geworden. 35.000 Menschen drängten sich auf dem wenige Quadratkilometer großen Gebiet. Möglich war dies nur durch eine zur damaligen Zeit einmalige vertikale Expansion: Bis zu 14 Stockwerke umfassten die „Lands“ genannten Wohnhäuser, die das Bild der Stadt seit dem 16. Jahrhundert prägten. Aufgrund des Platzmangels wohnten Reiche und Arme hier nicht nur eng beisammen – lediglich die Wahl des Stockwerks zeugte vom sozialen Stand der Bewohner – sie bevölkerten auch dieselben Gasthäuser und versorgten sich auf denselben Märkten. Das Fehlen sozialer Schranken und das freie geistige Klima, das die Erleichterung über das Ende der blutigen religiösen Auseinandersetzungen der jüngeren Vergangenheit geschaffen hatte, führten dazu, dass Edinburgh zu einem wahren „Melting Pot“ der Ideen wurde, dem Naturwissenschaftler wie der Geologe James Hutton, der Philosoph David Hume oder der Ökonom und Wirtschaftsphilosoph Adam Smith entstiegen und Edinburgh zu einer der bedeutendsten Städte des Wissens in Europa machten.
Vom leuchtenden Geist zur leuchtenden Stadt
Der Bau der New Town
Der Union Act von 1707 hatte jedoch nicht nur innenpolitische Stabilität zur Folge, er verlegte auch den Mittelpunkt von Verwaltung und Wirtschaft von Schottlands Hauptstadt Edinburgh in das ferne London – und der Adel und die wirtschaftliche Elite folgten der Machtverlagerung. Freudig waren sie den prekären Verhältnissen der engen und dreckigen Old Town Edinburghs entkommen. Getragen vom Wunsch, die Rolle Edinburghs als Brutstätte der Aufklärung auch nach außen darstellen zu können, und getrieben von der Notwendigkeit des Exodus´ schottischen Kapitals in den Süden der britischen Insel zu stoppen, kamen deshalb Mitte des 18. Jahrhunderts erstmals Stimmen auf, die den Bau einer neuen Stadt, einer „New Town“ jenseits der jahrhundertealten Grenzen der Old Town, propagierten.
1766 machte sich Lord Provost George Drummond schließlich zum Sprecher dieser Stimmen und rief einen Wettbewerb um die Gestaltung einer „New Town“ im Norden des „Nor Loch“ aus. Gewinner dieses Wettbewerbs war der erst 26jährige James Craig, dessen Entwurf sich in seiner diagonalen Straßenführung am „Union Jack“, der britischen Flagge, orientierte. Obwohl diese Idee später zugunsten einer einfacheren, rechtwinkligen Gestaltung verworfen wurde, blieb das Projekt zutiefst royalistisch geprägt: Die Namen der zentralen George Street und der Queen Street wurden mit Blick auf König George und seine Gemahlin gewählt, und auch der ursprüngliche Name der heutigen Princes Street, „St. Giles Street“, wurde zur Ehre der königlichen Prinzen wieder verworfen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Suche nach Investoren startete 1767 der schottische Finanzier John Young schließlich mit dem Bau von Thistle Court die Baumaßnahmen, die in mehreren Teilschritten bis 1820 in der heute weitestgehend erhaltenen New Town mündeten. Das größte Problem war damit aber noch nicht gelöst: Old und New Town trennte das stark verschmutzte Wasser des Nor Loch, der jahrhundertelang als städtische Klärgrube benutzt worden war. Eine erste Lösung brachte der Bau der North Bridge 1772; letztlich gelöst wurde das Problem jedoch erst durch die schrittweise Trockenlegung des Lochs und seiner Umwandlung in die heutigen Princes Street Gardens. Dabei konnten mit der Entsorgung des beim Bau der New Town anfallenden Abraums gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden – die Abraumhalde, der „Earthen Mound“, hat sich heute volksmündlich zu „The Mound“ verkürzt und bildet das Fundament der National Gallery of Scotland und einigen weiteren repräsentativen Gebäuden.
Die Kehrseite der Medaille
Edinburghs Old Town auf dem Weg zum Armenghetto
Ende des 18. Jahrhunderts war die ursprüngliche Old Town eingerahmt vom Glanz moderner Zeiten – während im Norden die New Town als steingewordene städtebauliche Utopie die oberen Zehntausend Schottlands aus England zurück in Heimat lockte, verkörperten die Universitätsgebäude im Süden der Stadt die intellektuelle Führungsrolle Schottlands in Europa. Nach dem Bau der North Bridge 1772 begann man daher im Jahr 1785 mit dem Bau einer weiteren Brücke, die die Old Town mit seinen Nachbarstadtteilen verbinden sollte – die South Bridge. Während für den Bau der North Bridge jedoch lediglich Teile des Nor Loch aufgeschüttet werden mussten, war die South Bridge mitten in besiedeltem Gebiet geplant.
Drei kleine Gassen – Marlin´s Wynd, Peebles Wynd und Niddry´s Wynd – mussten schließlich dem Bau der Brücke weichen – und mit ihnen die dort befindlichen Wohnhäuser. Da Wohnraum aber zu den knappesten Gütern der Stadt zählte, begann man bald parallel zu der Brücke, die 1798 eröffnet wurde, neue Wohnhäuser zu bauen, die bald 18 der ursprünglich 19 Bögen der steinernen Brücke verdeckten – lediglich der Bogen, der sich über die Cowgate spannt, blieb schließlich frei. Die nun abgeschlossenen Kammern, die durch die Bebauung links und rechts der Bögen entstanden waren, blieben dabei nicht ungenutzt und wurden schnell durch eingezogene Stockwerke und Trennwände zu Werkstätten und Lagerräumen der Handwerker und Kaufleute umfunktioniert, die ihre Läden auf der South Bridge hatten.
Leider war Geldmangel im 18. Jahrhundert eine übliche Begleiterscheinung fast aller schottischen Baumaßnahmen, und da an eine Nutzung der Bögen auch nie gedacht worden war, hatte man auf eine Abdichtung der Brückendecke gegen durchsickerndes Wasser verzichtet. In der Folge entwickelte sich im unbelüfteten und unbeleuchteten Inneren der Bögen ein stets feuchtes Schimmelklima, das eine Nutzung der Räume schließlich denen überließ, die keine andere Wahl hatten: den Ärmsten der Armen.
Und von denen gab es immer mehr. Zuletzt hatte das Bauende des 1822 vollendeten Union Canals eine große Zahl an Hilfsarbeitern als Treibgut in der Stadt zurückgelassen, die einst aus Irland oder den schottischen Highlands als billige Arbeitskräfte angeworben worden waren. Unter diesen Arbeitern waren auch zwei Männer, die es im Edinburgh des 19. Jahrhunderts noch zu einiger Prominenz bringen sollten: William Burke und William Hare – beide gebürtige Iren, die sich jedoch erst durch Zufall in Edinburgh kennenlernen sollten, hatten sie doch an den zwei entgegengesetzten Enden des Kanals gearbeitet.
Hort des Wissens
Das Royal College of Surgeons
Das Gebiet südlich der South Bridge war dagegen das Lebensumfeld eines Mannes, der im Laufe der Geschichte eine unrühmliche Allianz mit den beiden Iren eingehen sollte: Robert Knox. Knox war Vertreter einer schon damals allehrwürdigen Institution: des Royal College of Surgeons of Edinburgh. 1505 gegründet, ist das College of Surgeons nicht nur eine der ältesten Medizinhochschulen in Europa, sondern zudem die älteste Chirurgenvereinigung der Welt. Knox jedoch war Anfang des 18. Jahrhunderts eher ein Vertreter der Avantgarde als des Establishments. Als Hauptkonkurrent von Alexander Monro, dessen gleichnamiger Großvater und Vater bereits dem College vorgestanden hatten und der deshalb stolz den Zusatz „tertius“ („der Dritte“) im Namen führte, war Knox so etwas wie der Popstar unter den Anatomen seiner Zeit, dessen Vorlesungen bis zu 500 Studenten besuchten – selbst Studenten aus Russland reisten einzig nach Schottland, um in Knox´ Auditorium lernen zu dürfen.
Diese Popularität brachte ihm jedoch nicht nur die Feindschaft des nur mäßig begabten dritten Monro ein, sondern zudem ein kapitales Problem mit sich: Wo sollte man all die Leichen hernehmen, um eine solche Zahl an Studenten praktisch unterrichten zu können? Zwar war dem Royal College of Surgeons bereits bei seiner Gründung Anfang des 16. Jahrhunderts das außergewöhnliche Recht zugestanden worden, pro Jahr die Leiche eines Hingerichteten zu Lehrzwecken zu erhalten, aber selbst als dieses Recht in späteren Jahrhunderten auf die Körper aller Hingerichteten ausgeweitet wurde, war die Versorgung mit Leichen zur Dissektion nur äußerst unzureichend.
Burke and Hare
Die West Port Morde
So wird Robert Knox auch nicht lange überlegt haben, als eines Abends im Herbst des Jahres 1828 zwei Männer an seine Tür klopften und ihm die Leiche eines Frischverstorbenen für den Preis von 8 Pfund anboten. Aufgrund des Alters des Verstorbenen besaß Knox immerhin die Geistesgegenwart, den Preis noch auf 7,10 Pfund zu drücken, was aber immer noch einem heutigen Gegenwert von rund 900 Euro entspricht.
Tatsächlich war dieser Mann, dessen Körper William Burke und William Hare zu Dr. Robert Knox brachten, eines natürlichen Todes gestorben. Und auch bei dem nächsten Toten, der seinen Weg auf den Sektionstisch des Dr. Knox fand, hatten die beiden Iren, die es bald zu den Haus- und Hoflieferanten für den Vorlesungssaal des Robert Knox brachten, nur leicht nachhelfen müssen. Einmal auf den Geschmack gekommen, ließen Burke und Hare jedoch bald alle Hemmungen fallen und brachten im Laufe des folgenden Jahres insgesamt 16 Menschen um, deren Körper sie der Wissenschaft verkauften. Dabei befanden sich die beiden tatsächlich an der Spitze der sozialen Pyramide der Leichenlieferanten – ihren weniger begabten Konkurrenten blieb wenig anderes übrig, als bereits bestattete Verstorbene wieder auszugraben. Solche „Bodysnatcher“ waren Burke und Hare entgegen weit verbreiteter Meinung nie.
Das Verfahren, in dem William Burke später des 16fachen Mordes schuldig gesprochen und gehängt wurde, war das größte Kriminalverfahren, das Schottland bis heute gesehen hat. 25.000 Menschen verfolgten die öffentliche Hinrichtung – eine Summe, die noch immenser erscheint, wenn man weiß, dass die Gesamtbevölkerung Edinburghs zu jener Zeit gerade einmal rund 100.000 Einwohner umfasste.
Und auch rückblickend war das Verfahren mehr als ein spannender Kriminalfall, verbanden die Verbrechen der beiden Serienmörder doch so ziemlich alles, was für das Edinburgh des 19. Jahrhunderts bedeutsam war: die Slums der Old Town mit der akademischen Welt der Vertreter des Royal College of Surgeons südlich der Southbridge, überkommene religiöse Überzeugungen, die das Sezieren von Leichen beschränkten, mit dem zum Teil skrupellosen Streben nach Wissen und somit schließlich die hehren humanistischen Gedanken der Aufklärung mit den niedrigsten Instinkten von Menschen, die um ihr Überleben kämpfen.
Nicht von ungefähr fand sich auch Sir Walter Scott, eine der bedeutendsten Personen im Edinburgh des frühen 19. Jahrhunderts, unter den Zuschauern des Prozesses. Vielleicht hatte er bereits erkannt, welche ironische Bestätigung die These seines Zeitgenossen Adam Smith hier finden sollte, der postuliert hatte, Eigennutz würde stets Gesamtnutzen erzeugen – führten die Taten der beiden Serienmörder doch schließlich dazu, dass die Anatomiegesetze geändert wurden und den angehenden Chirurgen schließlich endlich eine ausreichende Anzahl von Studienobjekten zur Verfügung stand.
Sir Joseph Lister
1827 – 1912
Noch bis vor rund 200 Jahren standen Ärzten bei Operationen kaum wirksame Mittel im Kampf gegen die Infektion von Wunden zur Verfügung. Die schnelle Amputation der betroffenen Gliedmaßen war oft das einzige Mittel der Wahl. Erst Louis Pasteur erkannte den Grund dafür: Er stellte fest, dass die in der Luft enthaltenen Mikroorganismen maßgeblich „Gärung und Fäulnis“ verursachen. Doch nicht nur die Luft war Mitte des 19. Jahrhunderts verseucht von Erregern: Dreckig und voll von Bakterien waren neben den Instrumenten, mit denen operiert wurde, auch die Schürzen der Chirurgen – wurden diese doch nicht häufiger gewaschen als ihre Hände. Schließlich sollte man sehen, wer die größte Erfahrung im Operationssaal hatte – „viel Blut viel Ehr“ sozusagen.
Joseph Lister war seit 1869 Professor für Chirurgie an der Universität Edinburgh und Mitglied des Royal College of Surgeons. Als Anhänger Pasteurs zog er aus dessen Erkenntnissen den Schluss, dass die von diesem entdeckten Erreger auch für das schlechte Abheilen von Wunden verantwortlich sein müssten. Lister zog sich dafür jedoch erst einmal nur den Spott seiner Zunft zu: „Wo sind denn diese Bakterien? Ich kann sie nicht sehen“, war die Reaktion seines Kollegen John Hughes Bennett, der damit die vorherrschende Meinung der Edinburgher Ärzteschaft wiedergab.
Lister ließ sich jedoch nicht von seiner Überzeugung abbringen und suchte nach einem chemischen Weg, die für die Wundheilung bedrohlichen Mikroben zu vernichten. Nach mehreren Versuchen fand er in der Karbolsäure ein geeignetes Desinfektionsmittel, mit dem er fortan Verbandstoffe imprägnierte und sich vor jeder Operation die Hände wusch. Dies bedeutete einen Wendepunkt in der Geschichte der Wundbehandlung – als „größte Wendung in der Geschichte der Chirurgie“ wurde seine Entdeckung später bezeichnet. Noch heute ist die Antisepsis, das Verhindern des Eindringens von schädlichen Keimen in eine Wunde, das Maß aller Dinge bei der Wundbehandlung, wenn auch aufgrund starker Nebenwirkungen heute auf die Anwendung von Phenol – so der moderne Name der Karbolsäure – zugunsten anderer Wirkstoffe verzichtet wird.
Edinburgh kann auf Wunsch Ausgangspunkt sein, oder am Ende einer Schottland Rundreise mit dem Schottlandtaxi erlebt werden.
SIR WALTER SCOTT
Sir Walter Scott
1771 – 1832
Walter Scott ist der Hauptverantwortliche für unser modernes romantisches Schottland-Bild. Das war zu seinen Lebzeiten noch nicht so: 1771 geboren, lagen die Jakobitenaufstände Mitte des 18. Jahrhunderts erst wenige Jahrzehnte zurück. Als der Sohn eines gut situierten Edinburgher Rechtsanwalt als achtes von neun Kindern auf die Welt kam, war das meiste dessen, was wir heute mit Schottland verbinden, verboten: Der Kilt, Tartanmuster und das Spiel auf dem Dudelsack waren gesetzlich untersagt.
Der junge Walter fand die Erzählungen aus der jüngeren Geschichte seines Heimatlandes spannend, das Sammeln von Volkssagen blieb für ihn jedoch anfänglich ein Hobby. Wie sein Vater studierte er zuerst Jura an der Universität von Edinburgh und blieb auch während seiner späteren literarischen Karriere stets ein aktiver Prozessanwalt und Sheriff. Bereits im Alter von 25 Jahren jedoch entdeckte Scott sein literarisches Talent und beschäftigte sich zunächst mit der nachdichtenden Übersetzung deutscher Balladen – Goethe gehörte dabei zu seinen Lieblingsdichtern, sogar ein „Erl-King“ ist aus seiner Feder erhalten geblieben.
Während die Aufklärung, die als „Scottish Enlightment“ in seiner Heimatstadt ihren Mittelpunkt hatte, die geistigen Vorstellungen seiner Generation veränderte, änderte sich auch die Haltung seiner Mitmenschen zu den Geschehnissen der „Jacobite Risings“. Mit seinen ersten Prosaromanen, die ein wild-romantisches Highlandbild voller edler Clan-Chiefs und treuen und tapferen Gefolgsleuten im Kampf um alte Rechte und Traditionen zeichneten, trug Scott wesentlich zur Rehabilitation des schottischen Nationalgefühls bei. Romane wie „Waverley“ und „Rob Roy“ waren nicht nur zur damaligen Zeit einzigartige Bestseller, sondern begründeten quasi das Genre des modernen historischen Romans.
Den Höhepunkt erreichten Scotts Verdienste um das moderne Schottland-Bild mit dem Besuch des britischen Königs George IV. 1822 in Edinburgh – dem ersten Besuch eines englischen Monarchen in Schottland seit mehr als 170 Jahren. Walter Scott organisierte die Feierlichkeiten zu diesem Staatsbesuch mit ungeheurem Pomp und einer Fülle von folkloristischen Versatzstücken wie Kilt, Tartan und Dudelsack. Zuvor hatte er bereits 1818 die erfolgreiche Suche nach den seit Jahrzehnten fast vergessenen schottischen Kronjuwelen geleitet. 1826 schließlich griff Scott mit seinen „Letters of Malachi Malagrowther“ sogar direkt in das politische Tagesgeschehen ein und verhinderte die Abschaffung der schottischen Banknoten, woran noch heute alle Geldscheine der Bank of Scotland mit einem Portrait Scotts erinnern.
Heute erinnert u.a. auch ein Dampfschiff welches den Namen „Sir Walter Scott“ trägt an diesen außergwöhnlichen Poeten. Schottland Rundreisen mit dem Schottlandtaxi lassen Sie auf Wunsch auch das erleben.
KELTISCHE KUNST
Die Kunst der Kelten
Verschlungene Knoten, Labyrinthe und Tierornamente
Keltische Ornamente sind zeitlose Klassiker. Sie zieren Schmuck und Geschirr und verleihen Truhen, Regalen oder Vorhängen das gewisse Etwas. Ähnlich verwendeten die Kelten ihre verschlungenen Knotenmuster auf Alltagsgegenständen. Auch in Schottland zeugen Steinskulpturen und Fundstücke von der Kunstfertigkeit der Kelten. Den Höhepunkt erreichte die keltische Kunst Ende des 7. Jahrhunderts, als Illuminatoren in christlichen Klöstern ihre Schriften mit keltischen Ornamenten kunstvoll illustrierten.
Der Ursprung der keltischen Kunst liegt in der sogenannten La-Tène-Zeit, einer Epoche in der späten Eisenzeit. Allerdings lässt sich diese Kunstform nicht anhand eines bestimmten Erscheinungsbilds festlegen. Fundsachen mit keltischen Ornamenten und Steinskulpturen in Schottland und Irland belegen regionale und chronologische Unterschiede. Der Marburger Archäologe Paul Jacobsthal definierte 1944 in seiner Arbeit „Early Celtic Art“ vier verschiedene Stile der La-Tène-Kunst, die auch heute noch unter Archäologen gültig sind.
Von anderen Kulturen kopiert und keltisch weiterentwickelt
Dem „Frühen Stil“ der La-Tène-Kunst ging die Hallstatt-Kultur voraus. Zwischen 750 und 450 v. Chr. verzierten die Kelten ihre Kunstgegenstände mit geraden Linien und Rechtecken, was auf griechische oder etruskische Einflüsse hindeutet. Mit den zunehmenden Handelsbeziehungen der Kelten kamen orientalisierende Motive hinzu, insbesondere Tier- und Gesichtsdarstellungen sowie florale Motive.
Über die Bedeutung der Gesichter kann nur spekuliert werden. Götter oder Dämonen sind genauso denkbar wie einfache maskenhafte Abbilder von Männern oder Frauen. Meist sind sie auf religiösen Kultgegenständen zu finden. Auch die Tierdarstellungen stellen Forscher weiterhin vor Rätsel. Sicher ist, dass diese auf skythische Einflüsse zurückzuführen sind. Die keltischen Künstler entwickelten die Motive weiter und passten sie ihren Vorstellungen an. So entstand im 5. Jahrhundert v. Chr. eine erste eigenständige keltische Kunstform, die sich durch eine hochentwickelte Ornamentik mit deutlichen und abstrakten Mustern auszeichnete.
Der „Waldalgesheimer Stil“, auch Rankenstil genannt, weist erstmals diesen eigenen keltischen Kunststil auf. Komplexe Rankenmuster, kunstvoll miteinander verschlungene Spiralen und geometrisch geordnete florale Muster verschwimmen zu einem Gesamtbild, dass es schwierig ist, die einzelnen Elemente zu identifizieren. Besonders Schmuckgegenstände wie Arm- oder Halsreifen wurden mit diesen Ornamenten verziert.
Keltische Künstler entwickelten diesen Stil weiter. Jacobsthal spricht hier vom „Plastischen Stil“. Ornamente treten klarer hervor, Tier- und Gesichtsdarstellungen werden vermehrt eingearbeitet. Noch heute sind hervortretende Wirbelspiralen und Kreuzschraffuren auf Steinskulpturen in Schottland und Irland erhalten.
Der „Schwertstil“ hingegen lässt sich nur in Österreich, Ungarn und Böhmen nachweisen. Er stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Wie der Name schon verrät, charakterisiert dieser Stil Ornamente und verschlungene Muster auf Schwertscheiden. Meist handelte es sich hierbei um stilisierte Drachenpaare oder Rankenmuster.
Book of Kells: Höhepunkt der keltischen Kunst
Durch die guten Handelsbeziehungen erreichte diese keltische Kunstform auch die britischen Inseln, wo sich besonders in Schottland und Irland die La-Tène-Kunst weiterentwickeln konnte. Die Pikten, wohnhaft in Nord- und Ostschottland, meißelten ihre Symbole vor allem in Stein. Die gut erhaltenen „carved stones“ sind heute in ganz Schottland zu besichtigen.
Im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr. erreichte die keltische Kunst ihren Höhepunkt. Christliche Mönche begannen Bücher – vorwiegend Evangeliare – mit verschlungenen Knotenmustern und prachtvollen Initialen zu illustrieren. Seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. existierte bereits ein komplettes Alphabet keltischer Buchstaben, die sich von den griechischen Schriftzeichen ableiteten. Die Ähnlichkeiten sind deutlich beim Delta und dem keltischen „D“ sowie dem Omega und dem Buchstaben „O“. Das „T“ und das „G“ weisen hingegen die typische keltische Form auf, wie wir sie kennen.
Das Book of Kells ist das berühmteste und prachtvollste Beispiel für keltische Kunst und insulare Buchmalerei. Um 800 auf der schottischen Hebrideninsel Iona geschrieben, brachte man den Codex ins irische Kloster Kells, um ihn vor Wikingerüberfällen zu schützen. Das irische Kloster im County Meath gab dem Book of Kells schließlich seinen Namen. Insgesamt umfasst das Book of Kells 340 Folios, das entspricht 680 Seiten.
Bis auf zwei Seiten ist es vollständig illustriert: Kunstvolle Flechtmuster und stilisierte Menschen- und Tierfiguren im typischen keltischen Stil ergänzen sich mit Schmuckinitialen. Viele Muster sind winzig, aber dennoch bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Szenen aus dem Leben Jesu, der Jungfrau Maria und der vier Evangelisten werden zwischen keltischen Mustern in bunten Farben dargestellt und erinnern an die byzantinische Ikonenmalerei.
Die Mönche verwendeten nur natürliche Pigmente, um ihre Farben herzustellen; darunter zerstoßener Lapislazuli aus Afghanistan für das besonders kostbare Blau. Aus Kermes, Grünspan und Orpiment entstanden Karminrot, Grün und Gelb. Letzteres ersetzte das noch wertvollere Gold.
Knoten, Tiere und Spiralen: Typische keltische Muster
Zu den klassischen keltischen Mustern gehören Knoten, Spiralen, Labyrinthe sowie stilisierte Tier- und Menschendarstellungen. Sie finden sich außer als Buchillustrationen auf Schmuckgegenständen und Steinskulpturen in Schottland. Alle Symbole und Muster weisen geometrische und mathematische Regelmäßigkeiten auf, was darauf hindeutet, dass die Künstler sich mittels Zirkeln oder geometrischen Formen behalfen, um die Muster zu entwickeln.
Die Knotenmuster zählen zu den bekanntesten keltischen Ornamenten. Die irischen Mönche entwickelten ihre eigenen komplexen Techniken zum Zeichnen der Knoten. Vermutlich verwendeten sie dazu Gitternetze, um sich zu orientieren. So gelang es ihnen, die Linien regelmäßig ineinander zu verflechten, dass das die Bänder charakteristisch abwechselnd oben und unten verwebt sind.
Auch die Spiralen wurden von den irischen Mönchen weiterentwickelt. Als Grundlage dienten ihnen präzise gezeichnete Halbkreise, aus denen sie ausgeklügelte geometrische Schablonen hervorbrachten. Vermutlich besitzen die Spiralen religiöse und symbolische Bedeutung. Zum einen ähneln sie Schneckenhäusern und Blumen, die ihnen als Vorbild dienten, zum anderen symbolisieren sie Bewegung, wie die Künstler sie in Bächen, Flüssen oder dem Meer beobachteten. Spiralen verzieren Schmuckstücke und Metallgegenstände. In Schottland finden sich zahlreiche „carved stones“, die gut erhaltene Spiralen-Darstellungen zeigen.
Ein weiteres beliebtes keltisches Symbol ist das Labyrinth, das in jeder Kultur der Menschheit eine lange Tradition hat.
Oft werden Spiralen und Knoten mit anderen keltischen Symbolen kombiniert, wie das schottische Kildalton Cross oder das Dupplin Cross zeigen: Felder mit einfachen Knoten ergänzen sich mit den Labyrinthen oder Tier- und Menschendarstellungen. Letztere gab es nur in stilisierter Form, da eine naturgetreue Abbildung als Blasphemie betrachtet wurde. Die Darstellungen im Book of Kells und anderen Evangeliaren zeigen eine starke Ähnlichkeit zu den Tierskulpturen und -darstellungen der La-Tène-Kultur. Bevorzugt werden Pferde, Eber, Hunde, Vögel oder Raubtiere gezeichnet. Eine Verbindung zwischen Mensch und Tier gab es bei Pferden, die der keltischen Göttin Epona oder dem gehörnten Gott Cernonos, dem Herrn der Tiere. Krieger bevorzugten einen Keiler. Er stand für Wildheit und sollte Kriegern Kraft im Kampf schenken.
Ihr Schottlandtaxi weiß auch wo Sie bei Schottlandreisen auf keltisches Kunsthandwerk treffen.
MYTHEN UND SAGEN
Schottische Mythen, Sagen und Spukorte.
Seeungeheuer und Schlossgespenster gehören zu Schottland wie Kilt und Whisky. Herbststürme, Nebel und grüne Hügel prägen die Erzählkunst ebenso wie die blutige Geschichte, das Heulen der Seehunde wie das Spiel der Fischotter. Der Aberglaube würzt hier die Wirklichkeit. Bei Schottland Rundreisen mit dem Schottlandtaxi erleben Sie auf Wunsch auch diese Magie.
Nessie
Das Seeungeheuer von Loch Ness ist der Star der Yellow Press. Bereits 11 000 Menschen behaupten, ihm begegnet zu sein.
1933 sah Aldie Mackay etwas wie einen großen Fisch. Der Ranger Alex Campbell spekulierte, sie hätte ein Ungeheuer beobachtet – wie er selbst häufig. In seinem Artikel fiel das Wort Ungeheuer, und die Sichtungen explodierten. George Spicer und seine Frau glaubten danach, ebenfalls ein Tier zu sehen, das über die Straße kroch. Sie hielten es für einen Seehund, schätzten es aber auf zehn Meter Länge. 1936 meinten fünfzig Touristen gleichzeitig, das Seemonster sei aufgetaucht. Mythenforscher vermuteten überlebende Plesiosaurier.
Ein Foto von 1934 zeigt ein Wesen mit Schlangenhals, entpuppte sich aber als Fälschung. Wissenschaftlern gelang 1972 eine Aufnahme, die etwas wie eine Flosse zeigt. Ein Film von 1960 erwies sich als Irrtum: Nessie war ein Boot. Die Universität von Cambridge kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die Biomasse im Loch Ness nicht ausreicht, um eine Population großer Raubtiere zu ernähren. Das Project Deepscan entdeckte zwar viele Fische, aber kein einziges Tier in der Größe eines Meeressauriers. Geltungssucht und Fantasie erklären vieles. Auch die Größe täuscht zuweilen im ‚scotish weather’. Fischotter, Seehunde, Boote und Enten kommen als potentielle Sichtungen in Frage. Vielleicht lag ja auch Aldie Mackay mit ihrer ursprünglichen Version richtig: Der Loch ist mit dem Meer verbunden, und der Meeresaal entspricht ‚Nessies Hals’, denn er ist länger als ein Mann und fast genau so dick.
Monstersuche im Loch Ness
Um das Monster von Loch Ness ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden. Aber immer noch steht die Frage im Raum: Gibt es Nessie denn nun wirklich? Zwar existieren Fotos und Videos, diese sind aber von zu schlechter Qualität, um Fälschungen oder Fehlsichtungen auszuschließen. Um diese Frage zu beantworten, haben schon verschiedene Institutionen oder Privatpersonen Belohnungen für einen Nachweis in Aussicht gestellt.
Aber wie kommt man überhaupt zu der Idee, dass im Loch Ness ein Monster wohnen könnte? Erste Berichte reichen schon in die Zeit der Christianisierung zurück. Angeblich verjagte der Heilige Columban ein Ungeheuer, das einen Menschen am Ufer oder auf dem See – hier gehen die Gerüchte auseinander – angreifen wollte. Der Heilige nutzte dazu die Macht des Kreuzzeichens, eine Handlung, die das Monster nachhaltig beeindruckt haben muss, denn von der nächsten Sichtung berichten Quellen erst aus dem 15. Jahrhundert. Danach wird zwar immer wieder in die Geschichte eines Monsters aufgegriffen, das zum Teil auch für Todesfälle auf dem See oder an dessen Ufer verantwortlich gemacht wird, aber erst ab den 1930er Jahren beginnen Zeitungen von „Nessie“ zu berichten. Nach lokalen Medien greifen auch große internationale Zeitungen die Artikel auf, Beobachter und Korrespondenten werden zum Loch Ness entsandt, um auf ein Zeichen des Monsters zu lauern.
Und entsprechend schnell war auch die Idee einer Belohnung geboren. Während der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts dachte man dabei eher an eine Art Fangprämie, teilweise auch nach dem von Steckbriefen bekannten Motto „Tot oder lebendig“. Ziel war es, das Monster von Loch Ness im Anschluss der staunenden Öffentlichkeit zu präsentieren. Eine Vision, die aus Filmen wie „King Kong“ durchaus bekannt ist.
Heute setzt man erst einmal darauf, die Existenz Nessies überhaupt zu beweisen. Und hier fangen auch schon die Schwierigkeiten an, denn verschiedene Untersuchungen des Sees, früher mit Tauchern, in der jüngeren Vergangenheit mit Sonar und ähnlichen Hilfsmitteln, haben keine Spur von Nessie gefunden. Zahlreiche angebliche Videobeweise und Fotos haben sich entweder als Fälschungen entpuppt oder sind zu unscharf und dunkel, um eindeutig etwas erkennen zu lassen. Hinzu kommt ein logisches Problem: Denn selbst wenn man Sichtungen wie die Geschichte des Heiligen Columban außen vor lässt, würde Nessie mittlerweile mindestens 80 Jahre alt sein – ein Alter, das nur wenige Tiere überhaupt erreichen. Zudem stellt sich die Frage, wie das Monster überhaupt in den See gekommen sein soll.
Fans von Nessie hingegen verweisen auf die ungewöhnlichen Abmessungen des Loch Ness als Erklärung, warum sich Nessie seinen Jägern immer wieder entziehen konnte. Der immerhin zweitgrößte See Schottlands ist rund 37 km lang, aber nur 1,5 km breit. Die Tiefe liegt bei circa 230 Metern – eigentlich genug Platz für Nessie, um sich zu verstecken. Auch die Ernährung dürfte bei dem örtlichen Fischreichtum nicht schwerfallen. Und dieses Problem entfiele sogar, wäre Nessie Vegetarier. Und bezüglich der Frage des Alters haben die Verfechter von Nessies Existenz ebenfalls eine Antwort parat: Beobachter haben seit den 1930er Jahren nicht immer dasselbe Wesen gesehen, sondern verschiedene Vertreter einer unbekannten Spezies. Diese könnten als Einzelgänger oder als Familienverband zusammenleben, meist tief unten im See, und nur sehr sporadisch an die Oberfläche kommen.
Während Monsterjäger zahlreiche Augenzeugenberichte als Beweis von Nessies Existenz anführen, sehen Skeptiker in diesen Dokumenten eher einen Fall von Wunschdenken oder Selbsthypnose. Denn erwartet man ein Monster zu sehen, kann auch ein kurz unter der Wasseroberfläche schwimmender Baumstamm oder eine Luftspiegelung die ersehnte Sichtung sein. In früheren Zeiten dürften Berichte über Nessie hingegen einer gewissen Sensationslust entsprungen sein. Monster – genauso wie Dämonen oder Geister – machten eine Chronik oder Geschichte interessanter. Und hatte sich erst einmal herumgesprochen, dass in dem See ein Monster lebe, wurden Berichte über dessen Existenz deutlich seltener angezweifelt.
Aber egal, für welchen Standpunkt man sich entscheidet: Was man dann, sollte es das Monster wirklich geben, weiter unternimmt, ist offen. Derzeit bietet das britische Wettbüro William Hill einen sogenannten „Nessie Reward“ an und nimmt auch Wetten bezüglich der Existenz des Monsters an. Dabei werden allerdings verschiedene Bedingungen gesetzt, um die Existenz Nessies beweisen zu können und um somit die Prämie zu erhalten.
Einhergehend mit den Statuten des Natural History Museum (NHM) definiert man ein Monster dabei nicht über sogenannte „indirekte Beweise“. Dazu gehören geschriebene oder mündliche Berichte, Fotos, Sonarspuren oder Videoaufnahmen. Eine bessere Beweislage bilden Knochen oder sonstige organische Überreste. Diese werden, sofern man sie Nessie zuordnen könnte, als verbindlicher Beweis anerkannt. Allerdings ist diese Bestimmung mit Schwierigkeiten verbunden. Da niemand genau weiß, wie Nessie aussieht oder welche DNA das Monster hat, würden organische Rückstände im Zweifelsfall erst einmal als „nicht definierbar“ eingestuft. Damit wären sie aber als Beweis nicht zulässig. Der Verdacht bleibt, dass bei diesen strengen Bedingungen fast nur ein kompletter Kadaver Nessies die Forscher überzeugen könnte – was dann aber den DNA- und Knochenbeweis überflüssig machen würde.
Neben diesem streng wissenschaftlichen Beweis, der bisher noch nicht angetreten wurde, schreibt William Hill aber auch seit dem Jahr 1990 eine Belohnung für das „Sighting Of The Year“ aus. 2011 ging dieser Preis an Marcus Atkinson, einen Skipper, der ein Sonarbild eines großen länglichen Objekts in Loch Ness einreichte. Neben 1.000 Britischen Pfund in bar wurde auch ein Wettgutschein in Höhe von 500 Pfund für William Hill verschenkt. Vielleicht ein Anlass, auch etwas auf Nessie zu setzen. Denn bei der Wette, dass innerhalb eines Jahres ein wissenschaftlicher Beweis für die Existenz des Monsters von Loch Ness gefunden wird, bietet William Hill eine Quote von 100/1.
Dabei ist Nessie noch nicht einmal das einzige Monster in Schottlands Seen. So berichten unter anderem der Loch Lomond, der Loch Lochy oder der Loch Shiel über die Existenz von einheimischen Seemonstern. Je nach Alter der Berichte kommt man auf mehr als zehn Seen, die neben dem Loch Ness von ungewöhnlichen Wesen bevölkert sein sollen. Am bekanntesten ist und bleibt aber Nessie, das Monster von Loch Ness. Eine Tatsache, die nicht nur einer florierenden Tourismusindustrie nutzt, sondern auch einen Spaziergang rund um den See zu einem ganz eigenen Nervenkitzel macht.
Der Kelpie
Auch das sagenhafte Wasserpferd floss vielleicht in den Nessie-Mythos ein. Dieser Kelpie erscheint als Pferd. Wer sich auf dieses Pferd setzt, reitet mit ihm in den Sumpf und wird von ihm ertränkt. Aber auch in Form einer schönen Frau lockt der Kelpie Männer in den nassen Tod. Er entführt auch Kinder und erzieht sie in der Tiefe des Flusses zu Sklaven.
Die Baobhan-Seidh
Diese Todesfee (irisch Banshee oder Green Lady) erscheint Gerüchten zufolge im grünen Kleid, um ihre Hirschbeine zu verbergen. Sie tanzt mit Wanderern, bis diese zusammenbrechen, dann saugt sie ihnen das Blut aus. Die schwarze Annis streift durch die Berge auf der Suche nach Menschenfleisch und tapeziert ihre Höhle mit Kinderhäuten. Die Beinamen Seidh, Fee oder Elfe deuten auf die keltischen Ursprünge der Figur, ihre Tierform und grüne Farbe auf eine Naturgöttin. Eine Bardame in Tain vermutet hinter den ungeklärten Todesfällen der Highlands jedoch eher übermäßigen Whiskygenuss als das Wirken der Fee.
The Green Man
Gerald Gardner gründete im 20. Jahrhundert den Wicca-Kult. Wiccas und Neodruiden verehren seither einen gehörnten Gott. Die Kelten kannten Cernunnos, einen Hirschgott mit einer Widderschlange in der Hand. Dieser Tier- und Pflanzengott steht für die männliche Seite der Natur, Hirsch und der Stier symbolisieren die sexuelle Potenz des Mannes. Alle drei Sagengestalten, der Green Man, der Gehörnte und der wilde Mann enthalten Elemente von Cernunnos, aber auch vom Göttervater Odin, sie sind alle keltisch und skandinavisch.
Halloween
Samhain, der 1. November, war der keltische Winterbeginn. In dieser Schwellenzeit konnten einem alten Glauben zufolge die Totengeister und Dämonen in die Welt der Menschen eindringen. Samhain war auch der wichtigste Tag für die druidische Rechtsprechung. Die Christen konnten das Fest nicht verbieten und deuteten es in den Tag der Heiligen, ‚All Hallows Eve“ um. Das „Trick or treat“, also „Gib Süßes oder du bekommst Saures“, hat seinen Ursprung im Bestrafen derjenigen, die ihre Pflicht in der Gemeinschaft nicht erfüllten. Die Kelten stellten eine Kerze in eine ausgehöhlte weiße Rübe, um ein symbolisches Licht in der Dunkelheit zu besitzen. In Amerika nutzten die irischen und schottischen Einwanderer dafür den Kürbis. Heute ist dieser Brauch, der sich seither stetig geändert und gewandelt hat, wieder bei uns in Mode.
Der Mackenzie-Poltergeist
Die am besten dokumentierte schottische Geistererscheinung ist der Mackenzie-Poltergeist auf dem Greyfriar´s Graveyard in Edinburgh. An keinem Ort Schottlands spukt es mehr als auf diesem Friedhof. Hier schrieb Joanne Rowling an Harry Potter, hier wurde Bram Stoker zu Dracula inspiriert – das Schloss des Vampirgrafen hat sein Vorbild im Castle of Edinburgh – und die hiesigen Grave Diggers brachten Mary Shelley auf die Idee zu Frankenstein.
Der gruseligste Ort des Graveyards ist das Black Mausoleum. Mehrere hundert Menschen fühlten sich hier bereits von etwas Unsichtbarem an die Wand gedrückt, Ärzte diagnostizierten Nervenzusammenbrüche und Angstzustände. Die Universität von Edinburgh entdeckte starke Magnetfelder; die ‚kalte Hand’ sei eine Folge alter Bauten mit massiven Temperaturgefällen. Vergleichbar mit einem Traum setzt der Organismus diese Wahrnehmungen in Bilder um.
Das Black Mausoleum liegt dort, wo Lordadvokat ‚Bloody Mackenzie’ (1636-1691) 400 Covenanters verhungern ließ. Geistergläubige sind überzeugt, dass der Mackenzie Poltergeist hier umgeht. Kinder klopfen an die Tür und rufen: ‚Bluidy Mackenzie, come oot if ye daur, lift the sneck and draw the bat’.
Die Poltergeistmode kam erst seit 1850 in Mode, ausgelöst durch die amerikanischen Fox-Schwestern, die behaupteten, mit dem Geist Gegenstände bewegen zu können. Psychokinese und Poltergeister gehörten auch in den Clubs von Edinburgh zu jedem gepflegten spiritistischen Gespräch. Ein Obdachloser behauptete 1998, er habe sich in Mackenzies Grab gelegt und sei auf einem Haufen Leichen aufgewacht. Die ‚City of the Dead’ – Tour wurde seitdem zur erfolgreichsten Geisterführung über den Graveyard. An der Schnittstelle zwischen Realhistorie, Naturwissenschaft und Schauermärchen ist Schottland um einen Poltergeist reicher.
Greyfriars Bobby
Der Skye Terrier Bobby starb 1872 und gilt als treuester der treuen Hunde. William Brodie stellte nach dem Tod des Hundes eine Skulptur von Bobby auf, und ein Grabstein mahnt: „Let his loyalty and devotion be a lesson to us all.“ Seit sein Herrchen, John Graf, 1858 starb, soll Bobby auf dem Greyfriars Kirk ausgeharrt haben. Er kam täglich zur nahen Bäckerei, die ihn für seine Treue mit Essen versorgte.
Bobbys Geschichte erklärt sich unromantisch. Das Grab, auf dem Bobby ausharrte, gehört nicht John Gray, der liegt einige hundert Meter weiter. Den Platz, dem der Terrier treu war, überdacht eine Steinplatte. Vor Wind und Wetter geschützt und gefüttert, fand ein herrenloser Hund hier sein Refugium.
Die Ghule von Galloway
Welche Angst ist elementarer als die, gegessen zu werden? 1435 sprangen wilde Gestalten hinter Felsen in Galloway hervor, zogen eine Frau vom Pferd und fraßen ihr Fleisch. Eine Wildnis aus Felsen, Moor und Unterholz bot ein perfektes Versteck. Militärische Suchtrupps gelangten in einen Tunnel, die Hunde wurden immer aufgeregter, der Gestank unerträglich. Menschenwesen blickten verstört in den Lichtschein, von den Wänden hingen Arme, Beine und Torsos.
Der Räuber Sawney Beane hatte hier die Kannibalen gezeugt. Der Inzuchthaufen hatte sich auf über 40 Menschen vermehrt. Sie mordeten, um zu essen.
Möglich, dass ein Serienmörder Sawney Beane mit dieser Geschichte ins Mythische überhöht wurde. Auch Jack the Ripper gab es, und zugleich ist er eine narrative Figur. Frieda Gates schrieb mit „The Abduction of Elisabeth Cumming“ sogar einen historischen Roman über die Kannibalen. Die Band „The Real McKenzies“ singt auch über den Sawney Beane Clan, ebenso die Death Metal Band „Deeds of Flesh“. Der Regisseur Wes Craven setzte die Kannibalenstory in „The Hills have Eyes“ um. Das London Dungeon stellt die Menschenfresser als Wachsfiguren dar, das Edinburgh Dungeon gruselt seine Besucher mit einer Bootsfahrt in das Modell der Sawney Beane Höhle.
Kobolde
Das deutsche Wort ,Kobold‘ bedeutet Hauskerl. Solche Hausgeister waren ursprünglich die Geister der Ahnen: Der schottische Brownie ist kein Monster, sondern ein lieber Kerl. Seine Kleidung starrt vor Dreck, weil er den Bauern hilft. Der Hausgeist tut Kindern Gutes, wo er nur kann, nimmt kein Geld, freut sich aber über Süßigkeiten. Wer ihn beleidigt, dem vergisst ein Brownie das nie, zieht den Milchschemel weg oder zerbricht die Teller. Statt einer Nase hat der Geist zwei Löcher im behaarten Gesicht. Der Bodach lebt im Kamin, hält frechen Kindern die Nase zu und bringt ihnen Alpträume. Schlimmer noch ist Redcap. Er überfällt Wanderer in den Highlands, schneidet ihre Kehlen auf und taucht seine Mütze in das Blut.
Selkies
Die Selkies sind Robben, die Menschenform annehmen. Geschichten über sie enden meist tragisch. Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus) und der Seehund (Phoca vitulina) leben in Atlantik und Nordsee. Die Kegelrobben bevorzugen Felsküsten, während der Seehund Sandbänke liebt. Wer, wie der Autor in John´O Groats einmal persönlich Robben an der Atlantikküste erlebt, der kann den Ursprung des Glaubens an Selkies nachfühlen. Kegelrobben, die sich in der dunklen See abends um die Schlafplätze streiten, lassen sich von schwimmenden Menschen nur schwer unterscheiden. Die rundlichen Leiber werden untermalt von Lauten, die für uns wie der Klagesang verzweifelter Frauen klingt. Es scheint, als ob die Tiere dort ihren Pelz auszögen, um sodann als Menschen an Land zu gehen. Die Augen der Seehunde wirken traurig. Die Töne der Jungen zerreißen unwillkürlich das Herz, deshalb heißen sie in Deutschland ,Heuler‘.
DER KILT
Das traditionelle Kleidungsstück für den Herrn.
Hier kann Mann ganz ohne Probleme und schlechtes Gewissen Bein zeigen: Der Kilt war und ist ein Kleidungsstück rein für den Herrn, das Modell für die Dame heißt „kilted skirt“ und unterliegt nicht denselben strengen Regeln, wie sie für einen traditionellen Kilt gelten:
Der Kilt reicht knapp bis ans Knie und sein Saum darf nicht den Boden berühren, wenn der Träger sich hinkniet. Je nach Anlass wird der Kilt aus mind. 4 bis 8 Metern Wollstoff geschneidert. Nicht selten sogar 10 Meter. Ein Merkmal für die gute Qualität des Kleidungsstücks ist, dass die Faltung so exakt ist, dass das Karomuster nicht unterbrochen wird. Ein weiteres Merkmal für gute Qualität ist der Saum des Kilts. Guter Wollstoff wird nicht umgenäht, sondern abgeschnitten und franst auch nach langer Benutzung nicht aus. Sogar ein Felsen auf der Insel Skye wurde nach diesem Männerrock benannt: Kilt Rock (das Wort „Rock“ steht hier für Felsen). Die Faltenbildung dieses Felsens lässt Kilt Rock im Wind „singen“.
In Schottland wird der Kilt heute eher selten im Alltag getragen. Ein kompletter Highland Dress wird gerne als elegante Garderobe für den Abend und feierliche Anlässe wie Hochzeiten oder andere Familienfeste verwendet, alternativ kommt der Kilt aber auch als Stadiondress für Fußball- oder Rugbyspiele zum Einsatz.Der kleine Kilt, wie wir ihn heute kennen, soll 1725 vom englischen Fabrikbesitzer Thomas Rawlinson erfunden worden sein. Die großen voluminösen Plaids seiner Mitarbeiter aus dem Hochland schienen dem Fabrikbesitzer zu gefährlich für die Arbeit im Stahlwerk. Also ließ er den großen Kilt kürzen und die Falten, die zuvor durch die Raffungen und Wicklungen des Plaid hervorgerufen worden waren, gleich mit in das neue Kleidungsstück integrieren. Völlige Klarheit darüber, wann der kleine Kilt erfunden wurde, wird es aber wohl nie geben, denn ein Gemälde aus dem Jahr 1692 zeigt den Chief of the Skenes in einem kleinen Kilt – 33 Jahre vor der vermeintlichen Erfindung durch Rawlinson.
Auch wenn die Erfindung des Kilts wohl ein ungelöstes Geheimnis bleiben wird, ist doch zweifelsfrei sicher, dass der karierte Kilt das markanteste Kleidungsstück des Highland Dress ist, das je nach Anlass durch verschiedene Komponenten und eine ganze Reihe Accessoires ergänzt wird.
Grundsätzlich gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, was das Tragen eines Tartans betrifft, und so kann niemand davon abgehalten werden, dieses oder jenes Sett auf seinem Kilt oder Plaid zu tragen. Es wird aber überhaupt nicht gerne gesehen, wenn sich etwa ein Clanfremder ein Muster einfach ausborgt. Gleichwohl gibt es Konventionen, die das Tragen verschiedener Tartans zu ein und dem selben Dress regeln. Während es vertretbar ist, zwei verschiedene Tartans eines Clans zu tragen, ist es absolut undenkbar, die Setts von zwei Clans in einem Outfit zu vereinen.
Zu einem typischen Highland Dress gehören Strümpfe, die sogenannten Hose. Sie werden farblich passend zu Hemd und Jacke gewählt, reichen bis unter das Knie und werden oben umgeschlagen. Als passendes Schuhwerk werden zu formellen Anlässen Brouges getragen, ein zungenloser und am Rist offener Lederschuh der sich durch eine Lochverzierung am Schaft auszeichnen. Ein ebenfalls auffälliges Accessoire ist der Sporran, eine lederne Tasche, die gut sichtbar auf der Vorderseite des Kilts getragen wird. Ursprünglich waren es einfache Lederbeutel an dem sonst taschenlosen Kilt, heute werden zu formellen Anlässen kunstvoll verarbeitete Sporrans mit Pelz oder Silberbesatz getragen. Gehalten wird der Kilt von einem Gürtel, dessen Gürtelschnalle über dem Sporran zu sehen ist. Die Oberbekleidung besteht aus einem weißen Hemd mit Kragen und Krawatte, ergänzt durch Weste und ein Jackett, das verschiedene Formen haben kann, aber in jedem Fall farblich auf den Kilt abgestimmt sein musst. Der Highland Dress wird ergänzt durch ein kleines Plaid, ein Stück karierter Wollstoff, das über der linken Schulter getragen und mit einer Brosche am Jackett festgesteckt wird. Es existiert auch eine Variante, bei der ein langes Plaid zum Einsatz kommt. Sie wird in Schottland aber fast ausschließlich von Dudelsackspielern in Pipe Bands getragen.
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CLANS UND TARTANS
Der Tartan – überall auf der Welt wird er sofort als Symbol für Schottland, seine Kultur und Geschichte wahrgenommen. Die Rede ist von jenem oft farbenfroh karierten Stoff, der bei seinem Betrachter gleich eine ganze Reihe von Assoziationen weckt: das Wehen der Kilts im rauen Wind der Highlands, Dudelsackklänge und Schotten, die mit Stolz das Muster ihres Clans tragen. Das ist aber nur ein Teil der Geschichte, denn der Tartan hat wie kaum ein anderer Stoff ein wechselhaftes Schicksal hinter sich. Als Kleidung der Armen in Verruf geraten, die sich keine Hosen leisten können, als Zeichen der schottischen Rebellion gegen England verboten, feierte der Tartan schließlich ein triumphales Comeback. Heute wird er längst nicht mehr nur von Schotten getragen, neben Clans haben auch Sportmannschaften oder Tanzvereine auf der ganzen Welt ihren eigenen Tartan.
Die Entwicklung des Tartans, wie wir ihn heute kennen, reicht weit in die Geschichte Schottlands zurück. Um die Entstehung des karierten Stoffes ranken sich verschiedene Mythen und Theorien. Der Beginn der Tradition in Schottland wird den Kelten zugeschrieben, die schon in zeitgenössischen römischen Quellen als geschickte Weber und Färber beschrieben wurden. Karierte Stoffe gibt es seit prähistorischen Zeiten in vielen Kulturen der Erde. Das älteste in Schottland entdeckte Fragment stammt aus dem 3. Jahrhundert nach Christus und wurde in der Nähe von Falkirk im Süden Schottlands gefunden, versteckt in einem Tontopf mit einem Hort Silbermünzen. Das gefundene Fragment, das auch Falkirk Sett genannt wird, war nicht gefärbt, sondern aus heller und dunkler Wolle gewebt. Als Sett wird auch heute noch das spezifische Muster eines Tartans bezeichnet, das häufig an einer farblich abgesetzten Mittellinie, dem Pivot, gespiegelt und dann beliebig oft wiederholt wird. Während heute zahlreiche Setts mit unterschiedlichsten Musterungen und Farbzusammensetzungen registriert sind, sind einfache Karomuster nach Art des Falkirk Sett schon seit Langem in ganz Schottland verbreitet.
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Neben Wissenschaftlern, die den Namen Tartan von den zentralasiatischen Tartaren ableiten, gibt es auch die Forschungsmeinung, dass das Wort „Tartan“ von den gälischen Wörtern ‚tuar‘ für Farbe und ‚tan‘ für Gebiet herstammt. Diese Theorie gibt auch schon den Hinweis darauf, dass in vergangenen Zeiten für den Träger die Herkunftsregion für sein Tartanmuster wesentlich entscheidender war als die Zugehörigkeit zu einem Clan.
Neben dem Tartan ist das Clanwesen, das frühere Sozialsystem der schottischen Highlander, sicher eines der weltweit bekanntesten Merkmale schottischer Geschichte und Kultur. Die Ursprünge des Clanwesens liegen im Dunkeln, aber grundsätzlich basiert die Idee des ganzen Systems auf der Legende, dass alle Mitglieder eines Clans von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammen, meist einer schillernden Figur der keltischen Geschichte, die den Clan gegründet und ihm seinen Namen gegeben haben soll. So bedeutet der gälische Begriff „Clan“ auch so viel wie Familie, Kinder, Abkömmlinge oder Stamm. Tatsächlich war es aber so, dass nur ein Teil des Clans auch tatsächlich Blutsverwandte waren. Was schottische Clans von Stämmen in Amerika, Afrika oder Australien unterschied, war eine feudale Komponente. An der Spitze eines Clans stand der Clan Chief, der ‚ceann cineil‘. Er war Vasall des Königs, dem er vor allem militärische Gefolgschaft schuldig war, und hatte die Lehensrechte für das Land seines Clans inne.
Dieses Lehen gab er gegen eine Reihe von Bedingungen, darunter Frondienste, Abgaben, Gefolgschaft im Krieg und die absolute Anerkennung seiner Autorität, an seine Clanskinder, die sogenannten Clansmen, weiter. Im Gegenzug übernahm er eine Art väterliche Verantwortung, schlichtete Streit, stiftete Ehen, ersetzte durch Raub oder Unwetter entstandene Schäden und stellte landwirtschaftliches Gerät zur Verfügung. Nachfolger war häufig, aber nicht zwangsweise, der älteste Sohn des Clanchiefs; Frauen durften ein solches Amt jedoch grundsätzlich nicht ausüben. Bei großen Clans mit mehreren Familienzweigen übernahmen die sogenannten Chieftains die Funktion des Clanchiefs im Kleinen, waren diesem direkt untergeben und in ihren Funktionen fast gleichwertig. Die nächste Stufe in der Hierarchie eines Clans bildeten die Tacksmen, wobei Tack so viel wie Pacht bedeutet. Sie waren oft nah mit den Clanchiefs verwandt und erhielten von ihm sogenannte Topunships, Lehen, die sie an die Clansmen weitergaben. In Friedenszeiten waren sie eine Art mittelalterlicher Manager, in Kriegszeiten fungierten sie als militärisches Führungspersonal. In der Clanhierarchie standen sie auf derselben Stufe wie die Druiden, Priester und Barden. Den Hauptteil eines Clans machten die Clansmen aus. Sie waren auf die Vergabe der Lehen und das Gutdünken der Tacksmen angewiesen und verfügten sonst über keine wirtschaftliche Sicherheit. Erst wenn einer Familie von Clansmen über drei Generationen hinweg dasselbe Lehen zugeteilt worden war, konnten sie für sich das ‚Duthchas‘ beanspruchen, ein unverletzliches Gewohnheitsrecht, das dafür sorgte, dass das Land in die Erbfolge der jeweiligen Familie überging. Unter den Clansmen standen die Cottars oder Crofters, eine Art Tagelöhner, die ein kleines Stück Land zum Bewirtschaften erhielten und dafür den Lehensgebern Frondienste zu leisten hatten.Am Ende der Hierarchie standen die so genannten Broken Men, diejenigen, die kein Land erhalten hatten und deshalb gezwungen waren, ihren Lebensunterhalt auf kriminelle Art wie Raub oder Entführung zu bestreiten. Um 1600 gab es rund 185 Gruppen von Gesetzlosen, die regelmäßig in Dörfern oder Höfen einfielen, um sich dann mit ihrer Beute wieder in die unzugänglichen Täler der Highlands zurückzuziehen. Egal, auf welcher Stufe ein Clanmitglied stand, unauflösbare Bande und die absolute Treue zum Clanchief schweißten sie zusammen. So wundert es nicht, dass mit dem Tartan ein Symbol der Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit geschaffen wurde. Bis es allerdings so weit war, machte der karierte und für Schottland so charakteristische Stoff noch eine jahrhundertelange Entwicklung durch.
Erstmals taucht die spezielle Kleidung der Highlander in der Sage von Magnus Barefeet (1093) auf. Der norwegische König soll mit seinem Gefolge zu einer Expedition nach Schottland aufgebrochen sein und dort die Lebensgewohnheiten der Einheimischen kennen und schätzen gelernt haben. Von dieser Reise brachten die Norweger neue Kleidungsgewohnheiten mit: eine kurze Tunika und ein nicht näher beschriebenes Obergewand, bei dem es sich um ein großes wollenes Tuch gehandelt haben soll. Zumindest was die Kleidung der Schotten angeht, handelt es sich wohl um mehr als eine Legende, denn mehr als 400 Jahre später beschrieb der Historiker John Major die Kleidung der Schotten auf gleiche Art und Weise. Ein Bericht aus dem 16. Jahrhundert schildert die Vorliebe der Hochlandbewohner für farbenfrohe Kleidung. Andererseits, notierte George Buchanan 1582, würden bei den wollenen Überwürfen häufig gedeckte Brauntöne zum Einsatz, in denen sich die Highlander perfekt an ihre Umgebung anpassten. Doch nicht nur in den unzugänglichen Bergregionen Schottlands wurde Tartan getragen. Eine Rechnung aus dem Jahre 1538 zeigt, dass der schottische König James V. als erstes Mitglied der königlichen Familie Kleidung aus dem karierten Stoff bestellte, bestehend aus eng anliegenden Hosen und einem kurz geschnittenen Jackett.
Das ganze Mittelalter hindurch war die Tracht aus langem Hemd und wollenem Überwurf in Schottland gebräuchlich, bis dann im 16. Jahrhundert das Tragen des Belted Plaids oder Big Kilt in Mode kam, einem großen karierten Tuch, das mit einem Gürtel getragen wurde und als direkter Vorläufer des heute gebräuchlichen Small Kilt gilt. Das Anziehen eines solchen Kleidungsstücks, das auch unter dem Namen ‚feileadh mor‘ oder ‚feileadh breacan’ bekannt ist, war nicht eben eine komfortable Angelegenheit: Der Träger legte sich rücklings auf das untere Ende des Plaid, schlug die seitlichen Enden um den Unterkörper und befestigte das Ganze mit einem Gürtel. Dieser untere Teil des Highland Dress hatte gewisse Ähnlichkeiten mit dem heutigen Small Kilt, der aber erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden wurde. Im Stehen konnte dann der Rest des Wollstoffes je nach Wetter oder Anlass auf verschiedene Arten drapiert und getragen werden. Am Ende des Tages konnte der Gürtel gelöst und das Plaid gleich als wärmende Wolldecke für die Nacht weiterbenutzt werden. Der Big Kilt war zwar ein eindrucksvolles Kleidungsstück, engte die Bewegungsfreiheit seines Trägers aber deutlich ein. Ein Beispiel dafür ist ‚The battle of the shirts‘, die sogenannte Schlacht der Hemden zwischen den Clans der Donalds und Frasers 1544 am Loch Lochy. Der Legende nach behinderten die Big Kilts ihre Träger dermaßen in der Schlacht, dass die gegnerischen Parteien ihre Plaids ablegten und sich nur noch mit Hemden bekleidet eine Schlacht auf Leben und Tod lieferten.
Zu dieser Zeit und wohl auch noch lange danach spielte die Clanzugehörigkeit keine Rolle für das Muster der Plaids, auch wenn das in der Forschung keineswegs eine unumstrittene Frage ist. Hinweise darauf geben etwa Porträts von Clanchefs aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Muster der dargestellten Tartans unterscheiden sich sehr von den heutigen Mustern der Clans, oft wurden auch mehrere Setts gleichzeitig getragen. Diese Beobachtung lässt sich auch auf dem berühmten Gemälde „Episode from the Scottish Rebellion“ von David Morier machen, der 1746 einen Ausschnitt der Schlacht von Culloden malte. Jeder der dargestellten Highlander, die unter der Führung von Bonnie Prinz Charlie für eine Vertreibung der protestantischen Hannoveraner vom englischen Thron und die Wiedereinsetzung der katholischen Stuarts kämpften, trägt mehr als ein Sett und in keinem Fall konnte eines der dargestellten Muster einem heutigen Clanmuster zugeordnet werden. Von den dargestellten Highlandern, die für das Gemälde Modell gestanden hatten, heißt es, sie seien jakobitische Gefangene gewesen, die auf Schloss Carlisle inhaftiert waren. Ob sich der Maler hier künstlerische Freiheiten erlaubt hat oder die Gefangenen untereinander Kleider getauscht hatten ändert nichts daran, dass die erhaltenen Quellen alle darauf hindeuten, dass es zu dieser Zeit keine Identifikation zu einem Clan über einen Tartan gab, wie es heute der Fall ist. Im Kampf, wie er auf dem Gemälde dargestellt wird, erkannten sich Freund und Feind an einem Erkennungszeichen, das an der Kopfbedeckung angebracht war. In der Schlacht von Culloden trugen beispielsweise die Jakobiten eine weiße Schleife an ihrem Bonett, während die Regierungstruppen an der schwarzen Schleife oder einer roten, gekreuzten Schleife zu erkennen waren.
Das Gemälde ist nicht nur ein Puzzlestück zur Rekonstruierung der Geschichte des Tartans. Die dargestellte Schlacht von Culloden selbst war ein tief greifender Einschnitt in der schottischen Geschichte und der althergebrachten Tradition seiner Einwohner. Nach der Schlacht befahl der Herzog von Cumberland, Befehlshaber der letztlich siegreichen Regierungstruppen, ein ausgesprochen brutales Vorgehen gegen die unterlegene Armee und die schottische Bevölkerung, was ihm den Beinamen ‚der Schlächter’ einbrachte. Viele der überlebenden Krieger ließ er noch auf dem Schlachtfeld töten oder zusammentreiben und bei lebendigem Leib verbrennen, höherrangige Feinde wurden auf Schloss Carlisle gefangen gesetzt und größtenteils zum Tod durch den Strang verurteilt. In den Highlands gingen Cumberlands Truppen mit brutaler Härte gegen die Bevölkerung vor, die er der Unterstützung der Aufstände und des flüchtigen Bonnie Prince Charlie bezichtigte. Mit Waffengewalt und repressiven Gesetzen wurden die Clans in den Monaten nach der Schlacht entwaffnet und ehemals stolze Clanburgen gebrandschatzt, aber auch damit ließen es die Sieger nicht bewenden. Mit dem Disarming Act von 1746, wie der Überbegriff für eine ganze Reihe an Gesetzen lautet, die in dieser Zeit von den Siegern erlassen wurden, sollte beispielsweise das traditionelle Clanwesen zerstört werden. Auch das Tragen von Plaids, Kilts oder anderen Bestandteilen der Hochlandtracht wurde mit empfindlichen Strafen belegt. Wer mit dem karierten Tartan als sichtbarer Bekleidung erwischt wurde, musste mit bis zu einem halben Jahr Gefängnis rechnen, im Wiederholungsfall drohte dem Träger gar die Deportation in eine der englischen Kolonien für die Dauer von sieben Jahren. Teilweise sind mit diesem Gesetz auch Mythen verbunden wie dem Verbot des Dudelsackspielens oder der gälischen Sprache. Diese Punkte haben auch Eingang in die Fachliteratur gefunden, wenn auch das ursprüngliche Gesetz, das erst 1782 wieder aufgehoben wurde, diese Punkte überhaupt nicht aufführte. Wie zum Trotz ließen sich gerade während dieser Zeit einflussreiche Schotten in vollem Highland Dress porträtieren, das Verbot ließ den Tartan immer mehr zum Symbol des Stolzes und der Verbundenheit zu Schottland werden.
Dass der Tartan trotz dieses Verbots nicht nur überlebte, sondern sogar zum Objekt der Identifikation mit einem Clan, einer Fußballmannschaft oder einem Regiment werden konnte, verdankt er dem Militär. Als 1725 die letzten sechs Hochlandregimente in Dienst gestellt wurden, gab es erste Bestrebungen, alle Soldaten in einem einheitlichen Tartan einzukleiden; dies gelang spätesten 1739 mit der Aufstellung der sogenannten ‚Black Watch‘, einem Infanterieregiment, das seinen Namen aufgrund des schwarz, grün und blau gemusterten Setts trägt, das bis heute unverändert im Einsatz ist. Von hier war der Weg zum Clantartan nicht mehr weit. Andere Regimente übernahmen die Idee des einheitlichen Tartans und auch die Clans der Campbells, Grants und Munroes übernahmen das Tartanmuster der Black Watch als Muster für die Plaids ihrer Clans , welches auch als ‚Government‘ oder ‚42nd‘ bekannt ist. Die Campbells bevorzugen heutzutage allerdings etwas hellere Farben. Nach der Niederlage in der Schlacht von Culloden und dem Verbot der traditionellen Highlandbekleidung waren die Regimente der einzige Ort, in denen straffrei das Tartanmuster getragen werden durfte, bis es 1782 dem Marquess von Graham und der Highland Society von London gelang, ein Ende des Banns zu erreichen. Hatte ursprünglich das Militär die Alltagskleidung der Hochlandschotten an ihre Bedürfnisse angepasst, fand nach dem Ende des Verbots wiederum die militärische Variante Eingang in den zivilen schottischen Kleiderschrank und wurde entsprechend angepasst. Von dieser gegenseitigen Beeinflussung der Kleidungsgewohnheiten zeugen noch heute beispielsweise die Schulterklappen der Jacketts oder die Metallknöpfe an den Jackenärmeln.
Paradoxerweise begann um diese Zeit die Romantisierung der Kelten und Highlander, die bis heute einen erheblichen Einfluss auf das Bild Schottlands hat. Einen nicht unwichtigen Anteil daran hatten Literaten wie James Macpherson oder Sir Walter Scott. Macpherson wurde bekannt durch die vermeintlichen Gesänge Ossians, Geschichten aus der mythischen Vorzeit Schottlands, die als das große Nationalepos Furore machten, letztendlich aber der Tatsache zu verdanken sind, dass Macpherson zwar den Auftrag erhalten hatte, alte gälische Gesänge der Heimat zu sammeln, aber nicht wusste, woher er sie nehmen sollte, und sie daher kurzerhand selbst erfand. Sir Walter Scott setzte mit Waverly (1814) oder Rob Roy (1817) nicht nur seiner schottischen Heimat ein literarisches Denkmal, er war es auch, der 1822 den Besuch des englischen Königs Georg IV. in Edinburgh mit großem Pomp inszenierte und dem Tragen des Tartans quasi über Nacht zum ganz großen Durchbruch verhalf. Der Besuch des ersten englischen Monarchen seit über einem Jahrhundert und der erste Besuch eines Herrschers des Hauses Hannover in Schottland überhaupt war begleitet von Dudelsackklängen, Clanchiefs in vollem Hochlanddress und einer Aufführung von Scotts Waverly, also alles in allem einer Demonstration schottischer Geschichte und Tradition, die sogar die größten Kritiker der Veranstaltung beeindruckte. Der Monarch verstand und antwortete in entsprechender Art und Weise: Sein Auftreten in einem Kilt wurde ihm von den Schotten hoch angerechnet, auch wenn der Dandy, als der Georg IV. bekannt war, nicht die nackten Beine zeigte, sondern eng anliegende, fleischfarbene Hosen trug.
So hatte sich das Bild Schottlands innerhalb eines Jahrhunderts grundlegend geändert. In diesem Zeitraum entstand auch die bis heute prägende Idee, dass es sich bei der damals aufkommenden Mode der Clan Tartans nicht um einen neuen, aus der Romantisierung der eigenen Vergangenheit resultierenden Trend handelt, sondern lediglich um die Wiederbelebung einer bereits jahrhundertealten Tradition. Die regelrechte Verrücktheit nach dem karierten Stoff unterstützten die Hersteller der Tartans nur zu gerne. Zahlreiche neue Muster, die ursprünglich nur mit Nummern versehen waren, wurden von den Fabrikanten mit glamourösen Namen der schottischen und keltischen Vergangenheit geschmückt und lockten die händeringend nach geeigneten Mustern suchenden Oberhäuptern der Clans. So wurde das Muster No. 250 der damals erfolgreichsten Firma Wilson of Bannockburn zuerst unter dem Namen Argyle bekannt und erhielt schließlich den klingenden Namen der Campbells of Cawdor.
Diese Suche nach der eigenen Vergangenheit brachte zum Teil auch recht zweifelhafte Resultate zu Tage. Besondere Bekanntheit erreichte das Vestiarium Scoticum, das wohl zweifelhafteste Kostümbuch, das jemals veröffentlicht wurde. Die Verfasser des 1842 erschienenen Werks sind zwei Brüder, die nach mehreren Namenswechseln unter dem Namen Sobieski Stuart bekannt wurden und sich selbst als Enkel von Prinz Charles Edward Stuart, genannt Bonnie Prince Charlie, bezeichneten. Sie gaben an, ein altes Manuskript aus dem 16. Jahrhundert zu besitzen, in dem in altertümlicher Sprache nicht weniger als 75 frühe Clan Tartans beschrieben wären – samt Illustration, versteht sich. In einer Situation, in der viele Clans noch auf der Suche nach einer vermeintlich verlorenen Tradition waren, kam das Buch, dessen angebliches Originalmanuskript nie jemandem zu Gesicht bekommen hatte, gerade recht. Auch wenn heute klar ist, dass das vermeintlich alte Manuskript aus dem Scots College in Douai dem Erfindungsreichtum zweier Männer zu verdanken ist, hatte es doch Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Tartans. Clanchiefs wie die der MacPherson oder McLeod waren nach der Lektüre froh, mit ihrer Suche endlich am Ende angekommen zu sein und ihren wahren und authentischen Tartan gefunden zu haben, wie Sir Thomas Dick Lauder in einem Brief an den berühmten schottischen Schriftsteller Sir Walter Scott schrieb.
Was im 18. Und 19. Jahrhundert mit der Suche nach den eigenen Wurzeln begann, weitete sich schnell aus. Heutzutage gibt es rund 100 Clanchiefs, aber weltweit mehr als 7000 bekannte Tartan Setts. Egal, ob Privatperson, Firma oder einfach als Erinnerung an einen speziellen Anlass: Jeder kann bei der Scottish Tartans Society einen Tartan registrieren lassen und ihn für sich beanspruchen, wenn das Muster nicht schon durch einen anderen Träger registriert ist. Es kann auch sein, dass einzelne Clans zusätzlich zu ihrem normalen Tartan noch zusätzliche ‚Hunting‘ oder ‚Dress‘ Setts haben. Die Hunting- oder Jagd- Setts sind meist in ihren Farbtönen gedämpfter, um bei der Jagd in den Hügeln besser getarnt zu sein. Das Dress Sett ist dagegen ganz darauf ausgelegt, Aufmerksamkeit zu erregen, und ist beispielsweise bei professionellen Highland Dancern beliebt. Manche Clans haben darüber hinaus noch ein Sett speziell für die Umhänge oder Tücher ihrer weiblichen Mitglieder, denn eines hat sich über die Jahrhunderte nicht geändert: Das Tragen des Highland Dress mit Kilt und allen dazugehörigen Accessoires ist nach wie vor Männersache.Neben den Setts von Clans oder Militäreinheiten existieren auch über Schottland zahlreiche District Tartans, die sich nicht auf einen Clan, eine Sportmannschaft oder einen anderen Verein beziehen, sondern örtlich begrenzt getragen werden. Dies ist beispielsweise in den schottischen Lowlands der Fall, wo seit der Renaissance des Tartans im 19. Jahrhundert der karierte Stoff ebenfalls Teil der kulturellen Identität ist, aber auch Cornwall oder die Isle of Man haben ebenso einen District Tartan wie die spanische Region Galizien.
Der typische Highland Dress, wie wir ihn heute von Schottlandreisen, Filmen oder von Bildern kennen, ist also vor allem eine Erfindung des 19. und 20. Jahrhunderts und enthält zahlreiche militärische Elemente. Der Stoff jedoch, aus dem die Träume von mutigen Highländern, Dudelsackklängen und nebelverhangenen Hochlandgipfeln geschneidert ist, kann auf eine viele Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken.
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Top Ten der wichtigsten schottischen Clans
1 MacDonald
Sie waren der mächtigste Clan Schottlands und kontrollierten große Teile der westlichen Küste bzw. der vorgelagerten Inseln. Ihr Name ist in der Geschichte der Highlands allgegenwärtig.
2 Campbell
Ein sehr großer und einflussreicher Clan. Während einer langen Fehde zwischen den Campbells und dem Clan der MacDonalds ereignete sich 1692 das berüchtigte Massaker von Glencoe. Dabei wurden viele Männer, aber auch Frauen und Kinder der MacDonalds ermordet.
3 Gordon
1599 erhielten die Gordons die Würde eines Marquess´ of Huntly, 1684 die eines Dukes of Gordon zuerkannt. 1794 hob der damalige Chief des Clans das 92. Regiment, die Gordon Highlanders, aus.
4 Wallace
Der bekannteste Angehörige dieses Clans ist der schottische Freiheitskämpfer William Wallace. Er kämpfte im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert an der Seite von Robert the Bruce gegen die Engländer. Kurz regierte er Schottland, bis er verraten wurde.
5 Mackay
Der Clan hatte ständig mit mächtigen Nachbarn zu kämpfen, darunter die MacDonalds und die Herzöge von Sutherland, und musste seinen angestammten Sitz Strathnaver im Jahr 1642 wegen des anhaltenden Druckes verkaufen.
6 Macleod
Ein Clan,der ursprünglich von den Äußeren Hebriden stammt und dessen Mitglieder auch auf der Isle of Skye und an einigen Küstengebieten der Highlands angesiedelt sind. Aus den beiden Söhnen des Stammvaters, Tormod und Torquil, gingen zwei Unterzweige hervor, die gewöhnlich Clan Tormod und Clan Torquil genannt werden und die auf vielfache Weise in die schottische Geschichte eingegangen sind.
7 Armstrong
Bei ihnen handelt es sich um einen der stärksten und einflussreichsten Clans im Grenzgebiet zwischen England und Schottland. Der Clan brachte bedeutende Persönlichkeiten in Politik und Klerus hervor. Aber auch berüchtigte Raubritter stammen von ihm ab, die mit ihrem Gefolge teilweise bis tief in englischem Gebiet Plünderungen durchführten.
8 Fraser
Der erste verbürgte Fraser war Sir Andrew, der durch Heirat die Ländereien um Lovat erwarb. Später bekam der Clan einen opportunistischen Ruf – Montrose wurde bekämpft, Bonnie Dundee unterstützt, obwohl sie beide die gleiche Sache vertraten.
9 MacGregor
Bekannt wurde der Clan, als er zunächst nach einem Machtkampf seine Ländereien an die Campbells verlor und 1603 nach einem Viehraub bei den Colquhouns und einer darauf folgenden Schlacht, in der 200 Colquhouns und nur zwei MacGregors fielen, von König James VI. teilweise gewaltsam aufgelöst wurde.
10 MacDougall
Die MacDougalls stellten sich Robert the Bruce entgegen, als dieser die Königswürde Schottlands für sich beanspruchte. Sie unternahmen einen Mordversuch, bei dem drei Angehörige des Clans ums Leben kamen. Die Rivalität mit den Bruces ging weiter, bis Ewan, der 5. Chief der MacDougalls, eine der Enkelinnen von Bruce heiratete.
SCHOTTISCHE SCHLACHTEN
Schottische Schlachten in der Geschichte
Der kampf um Schottland
Konflikte mit den Nachbarn im Süden ziehen sich wie ein roter Faden durch die schottische Geschichte. Die Unabhängigkeit Schottlands – immer wieder Gegenstand einer inzwischen hoffentlich unblutigen Entscheidung – war ein Gut, das teuer erkauft werden und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder blutig verteidigt werden musste. Doch auch in Zeiten vermeintlichen Friedens war Schottland Schauplatz erbitterter Kriege, waren die Clans untereinander doch auch nicht immer einer Meinung. So ist das relativ kleine Land voll von unzähligen Schlachtfeldern aus über 1.600 Jahren. Die wichtigsten zehn haben wir hier in eine chronologische Reihenfolge gebracht.
84 Mons Graupius
Nach der Eroberung der Britischen Inseln durch die Römer waren die Regionen ganz im Norden der einzige Teil der Insel, der noch nicht unter römischer Kontrolle war. Dies lag weniger an der Kampfkraft der caledonischen Stämme, die den römischen Truppen zwar zahlenmäßig weit überlegen, dafür aber deutlich schlechter ausgebildet waren, sondern viel mehr an einer Guerilla-Taktik, die schottische Truppen sich noch Jahrhunderte später zunutze machen sollten: Den Römern gelang es einfach nicht, die Caledonier zu einer offenen Feldschlacht zu zwingen. Erst ein Angriff auf die schottischen Kornspeicher, kurz nachdem diese nach der Ernte gefüllt worden waren, machte eine direkte Konfrontation schließlich auch für die Schotten unabwendbar.
20.000 Römer standen 30.000 Caledoniern gegenüber, glaubt man dem römischen Chronisten Tacitus, der seinen Schwiegervater Agricola auf dessem Feldzug begleitete. Dabei scheinen die römischen Legionäre selbst nicht einmal zum Einsatz gekommen sein – das tatsächliche Schlachtgeschehen scheinen sie Hilfstruppen aus dem Süden überlassen zu haben. Der Sieg der Römer war jedenfalls schnell und vernichtend: Tacitus berichtet von 10.000 gefallenen Caledoniern und nur 360 Toten auf römischer Seite.
Der Ort der Schlacht ist nicht genau bekannt, aufgrund der etymologischen Bestimmung des Wortes „Graupius“ (von dem piktischen Wort für „Kamm“) geht man aber heute davon aus, dass die Schlacht nahe des Ortes Bennachie in Aberdeenshire stattgefunden haben könnte. Interessanterweise geht jedoch auch der Name der „Grampian Region“ auf die Schlacht am Mons Graupius zurück – allerdings auf einen neuzeitlichen Schreib- oder Lesefehler.
685 Dunnichen
Während der Sieg der Römer am Mons Graupius wenig am Fortgang der schottischen Geschichte änderte – was hauptsächlich der Tatsache zu verdanken war, dass Agricola nach seinem Sieg zurück nach Rom beordert worden war – war die Schlacht von Dunnichen entscheidend für die Zukunft des Landes als eigenständige Nation. Hätte Ecgfrith, der König der Northumbrier, mit seiner Invasion Erfolg gehabt, hätte sich Schottland in der Folge wohl ganz anders entwickelt.
Nach mehreren Siegen – u.a. hatte er die keltischen Stämme der Lowlands unterworfen – war Ecgfrith bereits bis an den Fluss Forth vorgedrungen, bevor er von einem vereinigten Heer der Pikten und der Kelten von Dalriada unter Führung des piktischen Königs Bruide gestellt und besiegt wurde.
Der Ort der Schlacht wurde lange im heutigen Dunnichen vermutet, vor allem da der berühmte piktische Bildstein von Aberlemno sich in unmittelbarer Nähe befindet und eindeutig erkennbar eine Schlacht zwischen Pikten und Northumbriern wiedergibt. In jüngster Zeit vermutet man den genauen Schauplatz jedoch weiter im Norden nahe des Ortes Dunachton, der sich mit Dunnichen denselben etymologischen Ursprung – „Dhùn Neachdain“ – teilt.
1263 Largs
Anderen potentiellen Eroberern sahen sich die Schotten im 13. Jahrhundert – inzwischen als vereintes Königreich – gegenüber: den Wikingern. Mitte des 13. Jahrhunderts regierte der norwegische König Hakon nicht nur über große Teile Skandinaviens, sondern zudem über Island, die Isle of Man und die westlichen Inseln Schottlands. Den schottischen Königen Alexander II. und später seinem Nachfolger Alexander III. waren die norwegischen Gebiete Schottlands ein Dorn im Auge, sah man sich noch mit den Norwegern im Westen und den Engländern im Süden gleich zwei potentiellen Feinden gegenüber, die der Formung eines schottischen Königreichs im Wege standen. Zuerst versuchten die schottischen Könige daher, den Norwegern die von ihnen besetzten Gebiete abzukaufen. Als dies nicht gelang, griff man zu militärischen Mitteln, was Hakon von Norwegen 1263 dazu zwang, die größte Wikingerflotte zusammenzustellen, die Britischen Inseln jemals sehen sollten, und die Schotten an der Westküste anzugreifen.
Am 30. September zwang ein Sturm die norwegischen Schiffe an die Küste von Ayrshire nahe der heutigen Stadt Largs, wo einige von ihnen Schiffbruch erlitten. Die Norweger verließen ihre Schiffe, um diese am Strand zu sichern und zu reparieren. Um den Großteil ihrer Truppen, die sich am Strand befanden, zu sichern, wurde eine kleine Einheit auf den Gipfel der Klippen entsandt, von wo sie mögliche Angreifer frühzeitig erkennen und bekämpfen sollten. Als dann jedoch die schottische Streitmacht anrückte, sahen sich die Norweger auf der Klippe dermaßen in der Unterzahl, dass sie den Entschluss fassten, sich mit dem Hauptteil ihrer Truppen am Strand zu vereinigen. Diese jedoch missverstanden die Bewegung der Vorhut als Flucht nach einem Sieg der Schotten und flohen ihrerseits, was es den nachrückenden Schotten leicht machte – die Wikinger wurden niedergemacht, der Rest der norwegischen Truppen floh auf die noch seetüchtigen Schiffe und segelte zurück nach Norwegen. Heute wird der schottische Sieg über die Wikinger mit einem jährlichen Festival inklusive eines Wikingermarktes und eines Reenactments der Schlacht gefeiert.
1297 Stirling Bridge
Die Schlacht von Stirling Bridge war der große Erfolg des schottischen Nationalhelden William Wallace, der bereits einige Jahre lang einen Guerillakrieg gegen die englischen Besatzer in Schottland geführt hatte. Nachdem die Engländer 1296 in der Schlacht von Dunbar die Schotten vernichtend geschlagen hatten, erwartete der englische Oberbefehlshaber John de Warenne nur noch vereinzelte Scharmützel. Wallace jedoch war es gelungen, die schottischen Truppen zu vereinigen, so dass den Engländern am 11. September 1297 bei Stirling auf dem Nordufer des Flusses Forth eine motivierte, wenn auch zahlenmäßig unterlegene schottische Armee gegenüberstand. Sir Richard Lundie, ein schottischer Ritter, der die Seiten gewechselt hatte, schlug vor, mit einer größeren Kavallerieeinheit die nur wenige Kilometer entfernte Furt zu nutzen, mit deren Hilfe 60 Reiter zur gleichen Zeit den Fluss überqueren konnten, und die Schotten von der Flanke anzugreifen. Hugh Cressingham, der Schatzmeister des englischen Königs, befürchtete jedoch unnötige Kosten und überredete de Warenne zu einem direkten Angriff über die Brücke.
Dies sollte den Engländern zum Verhängnis werden, konnten doch nur wenige Männer gleichzeitig die Brücke überqueren. Wallace ließ seine Männer warten, bis gerade so viele englische Soldaten auf der Nordseite des Flusses angekommen waren, wie die Schotten gefahrlos besiegen konnten, und griff dann an. De Warenne blieb nichts anderes übrig, als vom Südufer des Flusses aus zu beobachten, wie seine Vorhut vernichtet wurde. Dermaßen erschreckt, befahl der den Rückzug seiner restlichen Truppen und ließ die Brücke vernichten, um einen Vorstoß der Schotten nach Süden zu verhindern.
Der genaue Standort der zerstörten Stirling Bridge ist heute unbekannt, man hat jedoch ganz in der Nähe der aus dem 15. Jahrhundert datierenden „neuen“ Brücke mehrere steinerne Brückenfundamente im Flussbett gefunden, die die Vermutung nahelegen, dass hier der Schauplatz einer der wichtigsten Schlachten in der schottischen Geschichte gewesen sein dürfte.
1314 Bannockburn
So wichtig der Sieg bei Stirling Bridge für die schottische Moral gewesen sein dürfte – kriegsentscheidend war er leider nicht. Bereits 1298 hatte sich das Blatt gewendet, und Wallace musste – im Stich gelassen von den wankelmütigen schottischen Adligen – in der Schlacht von Falkirk eine schwere Niederlage hinnehmen. Er setzte den Guerillakrieg gegen die Engländer noch mehrere Jahre fort, wurde aber schließlich gefangen genommen und in London hingerichtet.
Der entscheidende Sieg gelang erst Robert the Bruce 1314 in der Schlacht von Bannockburn. Nachdem sich der englische König Edward II. seit dem Sieg in Falkirk vor allem mit innenpolitischen Problemen in England herumgeschlagen hatte, hatte Robert Bruce die Zeit genutzt und die schottischen Adligen unter seiner Führung als König vereint. Die stärkste Bastion der Engländer war Stirling Castle, das von Robert Bruce´ Bruder Edward im Jahre 1314 bereits schon einige Zeit belagert worden war. Zwar konnte die Burg nicht eingenommen werden; der Kommandant Sir Philip Mowbray sah sich angesichts fehlenden Nachschubs an Lebensmitteln aber schließlich gezwungen, mit Bruce die Bedingungen einer Übergabe zu verhandeln. Man kam überein, dass Mowbray Stirling Castle friedlich übergeben würde, sollte bis zum 24. Juni keine Verstärkung aus England eingetroffen sein. Dies setzte Edward II. unter Druck, die Streitigkeiten mit seinen Baronen schnell beizulegen und rechtzeitig mit einer großen Streitmacht in Schottland zu sein.
Am 22. Juni 1314 erreichte Edwards gewaltiges Heer schließlich den Fluss Bannockburn nahe des Tor Wood südlich von Stirling, in dem die schottischen Truppen campierten. Ähnlich wie 17 Jahre zuvor war es dann auch in Bannockburn vor allem die Geländebeschaffenheit, die der schottischen Armee zur Hilfe kam. Das Flüsschen ließ sich nur über eine enge Furt überqueren, so dass die Engländer die Stärke ihrer gewaltigen Armee nicht nutzen konnten. Zwei Tage dauerte die Schlacht, aus der die Schotten jedoch als klare Sieger hervorgingen. Robert the Bruce wurde zum Volkshelden, von dem eine Legende berichtet, dass er während der Schlacht – nur mit einer Streitaxt bewaffnet auf einem zu kleinen Pferd sitzend – den englischen Kavellerieangriff ruhig abgewartet hätte, bis der angreifende englische Ritter Henry de Bohun nah genug herangekommen war, nur, um diesem dann mit einem einzigen Axthieb den Schädel zu spalten.
1388 Otterburn
Rund 75 Jahre hatte die Situation sich gedreht – nun waren es die Schotten, die in England einfielen. Im August 1388 war es James, der zweite Earl Douglas, der bis nach Durham in den Süden vordrang und dort von einer englischen Armee unter Henry Percy, auch bekannt unter seinem Beinamen „Hotspur“, aufgehalten wurde.
Den Schotten gelang es, die Schlacht bis in die Nacht hinein auszudehnen, da die englischen Bogenschützen, die den größten Vorteil auf der englischen Seite ausmachten, im Dunkeln nicht effektiv eingesetzt werden konnten. Die Schotten gewannen die Schlacht, und es gelang ihnen, Henry „Hotspur“ gefangen zu nehmen – wenn auch unter größeren eigenen Verlusten, zu denen auch James Douglas selbst zählte.
1411 Harlaw
Wer nun meint, in der kurzen Periode des relativen Friedens zwischen England und Schottland und der Abwesenheit anderer Invasoren wäre Schottland ohne größeres Blutvergießen davongekommen, kennt die Schotten leider schlecht. Waren es keine Feinde von außen, blieben ja immer noch die internen Konflikte, die es auszutragen galt. Ein solcher war der Anlass für die Schlacht von Harlaw. Donald, Lord of the Isles, hatte rund 10.000 Männer versammelt und in dem Bestreben, sein Herrschaftsgebiet nach Osten auszudehnen, erst Inverness eingenommen und sich nun Aberdeen als nächstes Ziel gesetzt.
Nahe des Ortes Inverurie stellte sich eine hastig zusammengestellte Streitmacht des Earls of Mar Donalds Truppen entgegen. Obwohl keine der beiden Seiten wirklich in der Lage war, den Sieg für sich zu entscheiden, endete die Schlacht mit einem Rückzug Donalds und der erfolgreichen Verteidigung Aberdeens. Die Verluste jedoch waren auf beiden Seiten so groß, dass die Schlacht als „Reid Harlaw“ („das rote bzw. das blutige Harlaw“) in die Geschichte einging.
1513 Flodden
1513 war es dann auch mit dem Frieden zwischen England und Schottland wieder vorbei – auch wenn diesmal eher die schottische Seite den Konflikt begonnen hatte. Zwar hatte Henry VIII. die Schotten dadurch verärgert, dass er öffentlich seine Oberhoheit über Schottland betont hatte, er war jedoch viel zu sehr mit einem Krieg auf dem Kontinent beschäftigt. Ironischerweise – kennt man Henrys weiteren Lebenslauf – war England Teil der „katholischen Liga“, die Italien und den Papst gegen Angriffe Frankreichs verteidigte. Diesen Konflikt nahm der schottische König James IV. zum Anlass, sich auf die „Auld Alliance“ mit Frankreich zu besinnen und Grund genug zu sehen, um in den Norden Englands einzufallen.
Flodden war jedoch nicht nur eine Schlacht zwischen zwei Nationen, es war vielmehr eine Schlacht zwischen zwei Zeitaltern. James, ganz den ritterlichen Idealen des Mittelalters verpflichtet, hatte sich gezwungen gesehen, den englischen König im Vorfeld von der bevorstehenden Invasion zu unterrichten, was den Engländern Zeit genug ließ, eine ausreichend große Armee aufzustellen, um dem Angriff entgegenzutreten.
Als es am 9. September 1513 zur Schlacht kam, hatte James bereits zudem Norham Castle in Northumbria eingenommen – der Meinung einiger seiner Befehlshaber nach eigentlich genug, um der moralischen Verpflichtung Schottlands gegenüber Frankreich Genüge getan zu haben. In der Folge teilte sich die schottische Armee noch vor der Schlacht, und Teile der Truppen James´ IV. kehrten noch vor dem Zusammenstoß nach Schottland zurück. Den Rest ließ James in mittelalterlichen Tradition antreten: die adligen Befehlshaber in vorderster Reihe. Die englischen Truppen dagegen entsprachen schon dem Bild einer typischen Renaissance-Armee, in der die Befehlshaber das Geschehen von den hinteren Reihen aus lenkten. Nur so ist es zu erklären, dass die Schlacht von Flodden nicht nur als verlustreichste Schlacht mit schottischer Beteiligung in die Geschichte eingehen sollte, sondern zudem fast der gesamte schottische Adel getötet wurde. James IV. selbst sicherte sich dabei einen besonderen Eintrag in die Geschichtsbücher: als letzter europäische Monarch, der in einer Schlacht fiel.
1689 Killiecrankie
170 Jahre später sollte sein Nachfahr James VII., Sohn des schottischen Königs James VI. (James I. von England), einen Konflikt auslösen, der Schottland beinahe mehr Blut gekostet hätte als die gesamten Unabhängigkeitskriege und die englische Vorherrschaft über Schottland für Jahrhunderte zementierte. Als katholischer König war James VII. bzw. James II. beim protestantischen englischen Parlament so unbeliebt, dass dieses Wilhelm von Orange, der über seine Frau Mary ebenfalls einen dynastischen Anspruch auf den englischen Thron hatte, als König von England präferierten. Am 23. Dezember 1688 floh James VII. aus England aus Angst um sein Leben auf den Kontinent, was das Parlament als Abdankung wertete und William und Mary einlud, den britischen Thron zu besteigen.
Die schottische Regierung – selbst mehrheitlich protestantisch – erkannte William ebenfalls als König von England und Schottland an und spaltete mit dieser Entscheidung sogleich das eigene Land. Vor allem die Clans der schottischen Highlands fühlten sich nämlich – selbst katholisch – dem Stuart-Monarchen mehr verpflichtet als einer Regierung aus protestantischen Lowlandern. Von nun an als Jakobiter bekannt (von „Jacobus“, der lateinischen Form für James), zogen sie ihrerseits Truppen an der Grenze zwischen den Highlands und den Lowlands zusammen, um die Rückkehr des in ihren Augen rechtmäßigen Königs James vorzubereiten.
Am 27. Juli standen sich die Truppen der Jakobiter und die Regierungsarmee schließlich auf der Kuppe eines Bergpasses in der Nähe von Blair Atholl gegenüber. Während die protestantischen Truppen sogleich begannen, die Jakobiter unter Beschuss zu nehmen, warteten diese ab – die Sonne blendete sie so sehr, dass an einen Angriff nicht zu denken war. Erst als die Sonne langsam unterging, gab der jakobitische Anführer John Graham of Claverhouse, Viscount Dundee, das Zeichen zum Angriff. Die Jakobiter verfeuerten die Ladung ihrer Musketen und gingen sofort zum Frontalangriff über. Dies überraschte die Regierungssoldaten so sehr, dass sie keine Zeit mehr fanden, die Bayonette auf ihre Musketen zu pflanzen, und so sich fast unbewaffnet im plötzlichen Nahkampf wiederfanden.
Killicrankie war ein furioser Sieg für die Jakobiter – aber ein Pyrrhus-Sieg. So heftig war der Angriff nämlich gewesen, dass sämtliche Anführer der Jakobiter, darunter auch Dundee, dabei ums Leben kamen. Dermaßen führungslos war der erste Jakobiteraufstand daraufhin zum Scheitern verdammt.
1746 Culloden
Das Gedächtnis der Highlander ist lang, und die Lebensbedingungen, die die ferne Regierung in London und die protestantische Verwaltung in Edinburgh den immer noch mehrheitlich katholischen Bewohnern der Highlands aufbürdeten, taten ein Übriges, um den jakobitischen Thronanspruch nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Nachdem der Sohn James´ VII. keinen ernsthaften Versuch gemacht hatte, vom französischen Exil aus den Thron seiner schottischen Heimat zurückzuerobern, schien dessen Sohn, Charles Edward Stewart, aus anderem Holz geschnitzt zu sein. Erste Erfolge gaben Bonnie Prince Charlie, wie er von seinen Anhängern genannt wurde, recht: Nachdem er am 19. August 1745, unterstützt von französischen Geldmitteln, die Fahne der Stuarts in Glennfinnan gehisst hatte, marschierten die Highlander in Richtung Süden, nahmen am 4. September Perth ein und am 17. September schließlich Edinburgh. Am 21. September schlugen sie die Regierungstruppen vernichtend in der Schlacht von Prestonpans, und Charles richtete sich in Edinburgh ein, um auf die versprochene französische Invasion in England zu warten. In Erwartung dieser marschierten die Jakobiter schließlich am 3. November in England ein und drangen bis nach Carlisle vor. Entgegen Charles´ Überzeugung, die sinnvollste Taktik wäre, bis nach London vorzurücken, bevorzugten seine Generäle einen Rückzug nach Schottland – zu gefährlich klangen die Gerüchte über eine riesige Regierungsarmee, die in Richtung Schottland in Marsch gesetzt worden wäre.
Charles ließ sich überreden, seine Position in England aufzugeben, und marschierte mit seinen Truppen nach Schottland zurück. Trotz weiterer Unterstützung sowohl durch frische Highlander-Truppen als auch weiteren Nachschub an Geld und Waffen aus Frankreich fand sich Charles´ Armee schließlich am 15. April 1746 im Moor Culloden nahe Inverness nur wenige Kilometer entfernt von einer großen Regierungsarmee wieder. Um den Vorteil eines Überraschungsangriffs nutzen zu können, ließ Charles entgegen besseren Rat seine Männer in der Nacht in Richtung des gegnerischen Camps marschieren, wurde jedoch durch das unwegsame Gelände und dichten Nebel daran gehindert, tatsächlich angreifen zu können. Mitten im Moor in der strategisch ungünstigeren Position, orderte Charles seine Truppen deshalb schließlich wieder zu ihrem ursprünglichen Lagerort zurück. Dermaßen durch den doppelten Nachtmarsch erschöpft, boten die Jakobiter am folgenden Morgen leichte Beute für die ausgeruhte Regierungsarmee. Nur eine Stunde dauerte die Schlacht, die eine der blutigsten auf der Britischen Insel war und die Sache der Jakobiter endgültig zum Scheitern verurteilte.
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